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Sie hat auch schon große Pläne für die Zeit nach ihrer Karriere als Skilangläuferin: Nadine Herrmann. (Foto: NordicFocus)

Von der Langläuferin zur Landärztin?

Die Entscheidung ist gefallen: Skilangläuferin Nadine Herrmann (Bockauer SV) vom Stützpunkt Ruhpolding beendet ihre Karriere im Leistungssport. Eines stellt die 26-Jährige dabei gleich klar: »Ich bin glücklich mit der Entscheidung. Es geht mir jetzt richtig gut damit.«


Das war zunächst nicht immer so, denn in der Phase, als sie hin- und hergerissen war, ob sie nun zurücktreten solle oder nicht, »war es schon auch einige Wochen zwischendurch mal traurig und düster.« Doch nun freut sie sich auf neue Herausforderungen. Voraussichtlich beginnt sie ein Medizinstudium – und könnte sich gut vorstellen, eines Tages als »eine Art Landärztin« zu arbeiten.

Ihr großes sportliches Ziel, die Teilnahmen an den Olympischen Winterspielen in Peking, hatte sie nicht erreicht. Doch das »war nicht das alles Entscheidende allein. Selbst wenn es phänomenal gelaufen wäre, hätte ich abwägen müssen, wann ich meine berufliche Laufbahn beginnen will.« Denn: »Ich will ja auch mal eine Familie haben und selbst Geld verdienen, daher ist dieser Plan schon in den vergangenen Jahren gewachsen.«

Im Rückblick bedauert es Herrmann, »dass ich mich vor zwei bis drei Jahren zu sehr auf den Sprint konzentriert habe. Denn da gibt es insgesamt zu wenige Wettkämpfe, die einen in Form bringen.« Zwar hatte sie zuletzt gute Fortschritte in den Distanzrennen verbucht, doch »es hat eben nicht ganz gereicht. Ich habe alles gegeben, aber manchmal war eben auch das Glück nicht da und ich nicht zur rechten Zeit am rechten Ort« – zumal es ja auch coronabedingt viele Wettkampfabsagen gegeben hatte.

Das war auch in diesem Winter so, in dem sich die 26-Jährige durch gute Ergebnisse sogar zeitweise einen Startplatz im Weltcup erarbeitet hatte. Doch auch hier hatte sie Pech: Bei ihrem Heim-Weltcup in Dresden verfehlte sie als 31. des Prologs um zwei Hundertstelsekunden den Einzug in die Finalläufe der besten 30. Gerade die direkten Duelle in Viertel- oder Halbfinale hätten ihr gut gelegen – doch das war somit nicht möglich. »Trotzdem habe ich die Hoffnung und die Motivation hochgehalten«, blickt sie zurück. Weitere Rennabsagen, Rückschläge durch Kniebeschwerden und eine Gürtelrose warfen sie zurück, ihr großes Ziel geriet außer Reichweite.

Sie fuhr zunächst einmal nach Hause ins Erzgebirge, um sich auszukurieren. Herrmann kam zur Ruhe, und »das tat mir gut.« Die Olympischen Spiele verfolgte die 26-Jährige im Fernsehen, »und es war schon schön, die Erfolge meiner Schwester Denise im Biathlon und des Langlauf-Teams zu sehen.« Wegen des eigenen »Scheiterns« sei diese Zeit dennoch manchmal ein »Hin und Her der Gefühle« gewesen.

Bedauerlich aus ihrer Sicht war es, dass sich Damen-Disziplintrainer Erik Schneider ab Silvester »gut zwei Monate überhaupt nicht bei mir gemeldet hat. Dieser fehlende menschliche Umgang hat mich schon beschäftigt.« Umso mehr freut sie sich darüber, dass »bei uns im Chiemgau immer alles super abgesprochen ist. Außerdem haben mir die Mädels eine Postkarte aus Peking geschickt, das hat mich sehr gefreut.«

Inzwischen werden die Nachwehen ihrer Entscheidung immer geringer. »Der Druck ist abgefallen. Ich muss nicht mehr von mir erwarten, dass ich aus dem Tag das Optimale mache. Deshalb kann ich jetzt motiviert in etwas Neues reinstarten«, freut sie sich auf die Zukunft.

Für das Studium muss sie im Mai einen Eignungstest machen, »der ist fast noch wichtiger als der Abiturschnitt. Da bereite ich mich neben dem normalen Training darauf vor.« Denn für Herrmann – die als Sportsoldatin von der Bundeswehr während der aktiven Karriere gefördert wurde und auch als Studentin noch unterstützt wird – gilt es ja auch, noch »abzutrainieren«.

Außerdem »fühle ich mich nach wie vor als Teil der Mannschaft hier am Stützpunkt. Ich bin sehr dankbar, dass meine Heimtrainer und meine Trainingsgruppe mich in den vergangenen Jahren immer unterstützt haben. Zumindest bis Herbst werde ich ein Teil der Gruppe bleiben – und dabei bestimmt auch ab und zu mal als Trainerin aushelfen sowie den Sommer hier genießen und Zeit mit Freunden verbringen.«

Als Medizinerin strebt Nadine Herrmann am ehesten »etwas in der Allgemeinmedizin an, so eine Art Landärztin. Da ist auch unser Hausarzt in Ruhpolding für mich eine Inspiration, denn da geht es wirklich um den Menschen selbst«, betont Herrmann, die gerne soziale Kontakte hat. »Es geht ja darum, nicht nur Tabletten zu verschreiben, sondern empathisch zu sein. Das ist meine Stärke, die würde ich gerne einbringen.« Zumal sie »als Sportlerin gemerkt habe, wie wichtig es ist, dass sich jemand um einen kümmert. Das war am Stützpunkt immer der Fall.«

Als Studienort zieht es sie aber dann doch eher in die Nähe ihre Heimat in Richtung Mitteldeutschland: »Ich habe viele Freunde aus der Schule in Oberwiesenthal. Da waren wir von der 7. bis zur 13. Klasse zusammen, da hat man einfach noch viel Kontakt.« Klar sei aber auch: »Der Stützpunkt hier in Ruhpolding wird immer wie eine 'zweite Familie' für mich bleiben.«

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