Statische Berechnungen nötig
Wieviel Arbeit alleine in dieser einen Kreation steckt, lässt sich nur erahnen, wenn Susanne Hausschmid erzählt: davon, wieviel sie berechnen musste, bevor sie das Kleid statisch verwirklichen konnte; davon, dass für die Präsentation eine Hebebühne und ein Sicherheitsgurt nötig sein werden; davon, dass sie – um das nötige Falten des Papieres zu beschleunigen – eine Faltmaschine ausgetüftelt hat. Doch es hätte Monate gedauert, die Maschine zu bauen. Zeit, die ihr letztlich nicht mehr blieb. Schließlich musste bis heute alles fertig sein, pünktlich zu den Feierlichkeiten zum 100-jährigen Jubiläum der Trostberger Papierfabrik »Hamburger Rieger«. Das Unternehmen hat die Pallingerin mit der papierenen Modekollektion beauftragt.
Freilich ist das »vielleicht größte Papierkleid der Welt« der Glanzpunkt der Präsentation. Doch auch die anderen Kreationen, die sich Susanne Hausschmid einfallen hat lassen, sind echte Hingucker mit ausgefallenen Details: Da ziert ein gefalteter Papierschmetterling einen papierenen Rock, Papierknödel einen papierenen Ärmel, Papierblumen einen papierenen Strauß; aus Papierkringeln erwächst ein papierenes Oberteil, aus Papierstreifen ein papierener Rock. »Gut 500 Meter habe ich verarbeitet«, erklärt die gelernte Modistin. Gerade die »gewisse Schwere« des Materials habe sie vor eine Herausforderung gestellt: »Schließlich müssen die Kleider auch Bewegungen mitmachen.«
Viele helfende Hände
Ohne viele helfende Hände wäre das alles nicht möglich gewesen. »Die meiste Arbeit hat das Faltenlegen gemacht«, erzählt Susanne Hausschmid, die auch als Moderatorin, Dolmetscherin und Englischlehrerin sowie als Produzentin von Imagefilmen arbeitet. Unterstützung beim Falten bekam die Designerin vor allem von ihrer Mutter und zwei ihrer Freundinnen. Und der 80-jährige Nachbar schmiedete zum Beispiel das Gestell für das Rekordkleid. Wie viele Stunden sie selber investiert hat, das weiß sie gar nicht: »Ich habe irgendwann aufgehört zu zählen.« Trotzdem möchte die 39-Jährige die Zeit nicht missen: »Es hat mir so viel Spaß gemacht und mich erfüllt«, sagt sie.
Die »heiße Phase« hat vorigen Woche begonnen, das Lampenfieber kam in den vergangenen Tagen: »Ich bin ganz schön nervös. In dieser Größenordnung habe ich auch noch nie etwas gemacht«, gesteht Susanne Hausschmid. Zwar hatte sie schon Modenschauen in der BR-Jugendsendung »on3-Südwild« und im Maisfeld-Labyrinth in Baumburg, doch da war alles eine Nummer kleiner.
Nur ein Probedurchlauf
Ihre Papierkollektion führt die Pallingerin heute erstmals in Trostberg vor, allerdings nur vor geladenen Gästen. Einem großen Kreis zeigt sie ihre Kreationen bei zwei öffentlichen Modeschauen am morgigen Samstag, um 12 und 14.30 Uhr, beim »Tag der offenen Tür« in der Papierfabrik Hamburger Rieger in Trostberg.
Größere Proben waren im Vorfeld übrigens nicht möglich: »Mit jedem Mal anfassen kommen Falten in die Kleider«, erklärt Susanne Hausschmid. Darum ließ sie ihre »Models« – sie sind allesamt aus dem Chiemgau und zwischen sechs und 56 Jahre alt – vorab nur ein einziges Mal in die Kreationen schlüpfen. san