Traunstein: Lehrer-Kundgebung gegen Mehrarbeit und verfehlte Bildungspolitik
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Vor rund 300 Pädagogen aus Grund-, Mittel- und Förderschulen im Landkreis wies Vorsitzender Alexander Fietz beim BLLV-Aktionstag in Traunstein auf die Konsequenzen aus der verfehlten Personalpolitik des Kultusministeriums hin. (Foto: Effner)

Lehrer-Kundgebung in Traunstein gegen Mehrarbeit und verfehlte Bildungspolitik

Traunstein – Den im Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverband (BLLV) organisierten Pädagogen an den Grund-, Mittelund Förderschulen im Landkreis Traunstein reicht’s. Mit Transparenten, Schildern und einer Postkartenaktion machten mehr als 300 Teilnehmer im Rahmen eines bayernweiten Aktionstags ihrem Unmut bei einer Kundgebung auf dem Traunsteiner Stadtplatz Luft.


Der Protest richtet sich gegen die Anfang Januar vom Kultusministerium geplanten »Maßnahmen zur Sicherung der Unterrichtsversorgung«. Allein an den Grundschulen fehlen demnach 1400 Lehrkräfte.

»Die Grenzen der Belastbarkeit sind angesichts einer ständig wachsenden Aufgabenfülle erreicht«, formulierte Alexander Fietz, Vorsitzender der rund 850 BLLV-Mitglieder im Landkreis Traunstein, in seiner Rede. Demnach seien die von Kultusminister Professor Dr. Michael Piazolo geplanten massiven Eingriffe »völlig inakzeptabel« und Ausdruck einer über Jahre verfehlten Personalpolitik. Mit dem Aktionstag wolle man zeigen, »dass wir nicht alles hinnehmen, was uns aufgebürdet wird«. 

Begleitet von lautem Klatschen und Unterstützungsrufen machte Fietz deutlich, dass ein derart massiver Lehrermangel trotz deutlicher Hinweise des BLLV bisher dementiert worden sei. Durch vielfältige neue Aufgaben würden die Arbeitsbedingungen und Belastungen aber immer vielschichtiger. Dies führe zu einer hohen Arbeitsbelastung über den Unterricht hinaus. 

Mit der von Kultusminister Piazolo genannten einen Stunde zusätzlichem Unterricht pro Woche sei es nicht getan, sagte Fietz. So würden Förderlehrer als leichtverfügbare »Lehrerreserve und Feuerwehr« in vielen Schulen personelle Lücken erkrankter oder fehlender Lehrer füllen, die mindestens drei Gehaltsstufen über ihnen liegen. 1320 Pädagogen der Förderschulen erbringen seinen Angaben zufolge derzeit über 10.500 Lehrerstunden. 

Einblick in die konkreten Herausforderungen des Schulalltags gaben zahlreiche Lehrer im Gasthof Schnitzlbaumer. An ihm nahmen auch stellvertretender Landrat Sepp Konhäuser und die GrünenLandtagsabgeordnete Gisela Sengl teil. Hans Steinmaßl, Schulleiter aus Petting, berichtete, dass er nur an zweieinhalb Tagen eine Sekretärin habe. So müsse er neben dem Unterricht Telefondienste, Hausmeisterarbeiten, Beratungsgespräche für Eltern, die Organisation von Schulveranstaltungen, Weiterbildung und Planungsarbeiten für die Sanierung von Schule und Turnhalle unter einen Hut bringen. 

»Als Schulleiterin mit hoher Verantwortung in Engelsberg habe ich effektiv 100 Euro netto mehr verdient als jetzt«, begründete Christine Reich ihren Rückzug von der langjährigen Leistungsfunktion. Andrea Höck, die in Bergen und Vachendorf unterrichtet, erläuterte die Herausforderung, als Fachlehrer an drei bis vier kleinen Schulen parallel im Einsatz zu sein. 

Andere Lehrer berichteten von der hohen Lärmbelastung und der notwendigen Vermittlung einfachster Alltagskompetenzen wie Schnürsenkelbinden und Tischmanieren. Rodrigo Fernandez, der Referendare ausbildet, verwies auf die steigende Anforderung der Vermittlung von Deutschkenntnissen im Unterricht mit Schülern aus anderen Ländern. eff 

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