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Nach einem Bürgerantrag der Bürgerinitiative »Lebenswertes Traunstein – ohne 5G« erläuterten zwei Experten im Stadtrat, welchen Handlungsspielraum Kommunen haben. Foto: dpa

Stadtratsitzung zum Thema 5G: »Stadt kann Einfluss auf Standort nehmen«

Traunstein – Welchen Handlungsspielraum haben Kommunen beim Ausbau der Mobilfunknetze? Welche Aussagen können bezüglich deren Auswirkung auf die Gesundheit getroffen werden? Und welchen Einfluss hat die Standortwahl von Mobilfunkanlagen auf die Strahlung? Diese und weitere Fragen wurden in der Stadtratssitzung am Donnerstagabend von zwei Experten erläutert. Hintergrund war ein Bürgerantrag der Bürgerinitiative »Lebenswertes Traunstein – ohne 5G« – wobei es in Traunstein diesen Mobilfunkstandard bereits gibt.


Frank Sommer ist Fachanwalt für Verwaltungsrecht. Er war der ersten Hybridsitzung des Traunsteiner Stadtrats aus München zugeschaltet. Zunächst ging er auf das »Problem der Risikobewertung« ein. Es gebe zahlreiche wissenschaftliche Studien, die auf gesundheitliche Risiken durch den Mobilfunk hinweisen würden. Unstrittig in der Wissenschaft sei dabei, dass die Absorption von Energie aus elektromagnetischen Feldern mit den Frequenzen des Mobilfunks zu einer Erwärmung des Körpers führe. Zum Schutz vor diesen thermischen Auswirkungen gebe es Grenzwerte, sagte Sommer.

Eine Einordnung der Studien ist nicht möglich

»Strittig dagegen sind potenziell schädliche, nicht thermische Auswirkungen auf Menschen, Tiere und Pflanzen bei Belastungen unterhalb der Grenzwerte.« Für eine Kommune sei es nicht möglich, bei der Vielzahl der Studien weltweit, eine Einordnung und Bewertung der wissenschaftlichen Erkenntnisse vorzunehmen, ist sich der Rechtsanwalt der Kanzlei Meidert & Kollegen sicher. »Doch wo liegen dann die Handlungsspielräume einer Kommune?« fragte er und gab die Antworten: Eine Kommune könne weder Grenzwerte festlegen, noch den Mobilfunkstandard bestimmen – also 3G, 4G oder etwa 5G. Doch eine Gemeinde oder Stadt könne Einfluss auf den Standort nehmen – wobei es hier stets um einen Kompromiss zwischen Vorsorgeinteressen (Gesundheit) und Versorgungsinteressen (Mobilfunkabdeckung) gehe.

Standort der Masten ist ganz entscheidend

Darauf ging unter anderem auch Diplom-Ingenieur Hans Ulrich aus München ein. Er beschäftigt sich seit 40 Jahren mit Funktechnik und der Ausbreitung von Funkwellen. Anhand eines Beispiels zeigte er an einer fiktiven Gemeinde, wie extrem sich der Standort der Mobilfunkmasten auf die Stärke der Strahlenbelastung auswirken kann – bei einem Masten, der nur um einige Hundert Meter verrückt wird. Dabei war die Versorgung, also die Abdeckung mit einem Mobilfunknetz, bei geringerer Belastung sogar besser. Es gehe immer darum, die elektromagnetischen Felder im Rahmen der technisch und wirtschaftlich sinnvollen Möglichkeiten zu minimieren. Das empfehle auch die Strahlenschutzkommission, wie Ulrich betonte. 5G sei dabei keine grundsätzlich neue Technologie, sondern die fließende Weiterentwicklung seit der Nutzung von Gleichwellennetzen ab 3G (UMTS) im Jahr 2000. Gemäß den aktuellen Lizenzen arbeite 5G in denselben Frequenzbereichen wie bisher der Mobilfunk, sagte Ulrich. Aufgrund des zunehmenden Datenverkehrs beim Mobilfunk (in den letzten zehn Jahren um den Faktor 80) brauche es neue Mobilfunk-Standorte. Für diese sollte laut Hans Ulrich aber ein fallbezogenes Vorsorgekonzept mit vergleichender Standortbetrachtung umgesetzt werden – mit dem Ziel: »Immissionsminimierung und effiziente Versorgung«, wie der Experte aus München betonte.

Die Bürgerinitiative »Lebenswertes Traunstein – ohne 5G« hat am 21. Januar einen Bürgerantrag an die Stadt übergeben. Der Inhalt: »Der Stadtrat von Traunstein möge ein gesundheitsverträgliches Mobilfunkkonzept in Auftrag geben, bei dem der Vorsorgegedanke an erster Stelle steht.« Und weiter: »Die Stadt soll alle gesetzlichen und planerischen Möglichkeiten ausschöpfen, um den Vorrang des Gesundheitsschutzes gegenüber den Betreibern durchzusetzen.«

Besser geeignete Stellen finden

Dr. Patrick Nepper (Grüne) fragte, ob die Stadt im Rahmen der Bauleitplanung verhindern könne, dass ein Mobilfunkmasten etwa in die Nähe eines sensiblen Bereichs komme – wie etwa einen Kindergarten. »Nicht ganz«, sagte dazu Frank Sommer. Aber man könne durchaus seine Spielräume nutzen und durch eine geschickte Standortsuche vielleicht besser geeignete Stellen finden.

Sein Fraktionskollege Wilfried Schott sagte, dass es in der Stadt bereits »viel 5G« gebe. »Da können wir nicht mehr zurück. Was da ist, ist da.« Doch für die Zukunft sollte die Stadt schauen, »dass wir die Vorsorge möglichst gut machen«.

Nils Bödeker (SPD/Die Linke) begrüßte die Vorträge der beiden Experten. »Das war eine gute Einweisung. Jetzt wissen wir, welche Möglichkeiten wir haben und auch, was wir nicht machen können.«

Susanne Deckert (Initiative Traunstein) sprach die Grenzwerte an, die in vielen Ländern unterschiedlich sind. Sie wollte wissen, ob man definitiv sagen könne, ab welchem Wert es gesundheitsgefährdend werde. Das verneinte Hans Ulrich. »Da gibt es keine klare Grenze.«

Simon Steiner (Traunsteiner Liste) fragte nach, wieso die Stadt kein Moratorium gegen 5G erlassen könne. Es gebe ja zahlreiche Beispiele, bei denen ein Moratorium beschlossen worden sei. Ganz konkret sprach er die Gemeinde Tutzing an.

Frank Sommer betonte, dass ein solches selbstverständlich beschlossen werden könnte. »Aber es hat keine Wirkung.« Auch Tutzing habe 5G, denn die Telekom habe sich nicht an das Moratorium gehalten.

Diese Beschlüsse seien nichts anderes als »Augenwischerei«, wie Oberbürgermeister Dr. Christian Hümmer betonte. Da werde suggeriert, dass man etwas beeinflussen könne. »Aber man kann es nicht.«

Einhellig stimmte der Traunsteiner Stadtrat dafür, dass künftig bei einer Ausweisung von Flächen größer als zehn Hektar bereits im Rahmen des Bebauungsplanverfahrens geprüft wird, ob die Erstellung eines Mobilfunkkonzepts sinnvoll ist und gegebenenfalls ein solches erstellt wird. In bereits mit Mobilfunk versorgten Gebieten soll am bereits praktizierten Dialogverfahren festgehalten werden. Heißt konkret: Im Dialog mit den Mobilfunkanbietern sollen optimale Standorte gefunden werden. KR

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