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Unter anderem wurde die »Mauer der Vorurteile« zu Fall gebracht. Aussagen wie »Das schaffst du nie«, oder »Du kriegst sowieso alles geschenkt« wollten Betroffene bei der Mitmachaktion endgültig begraben. (Foto: Grimm)

Gemeinsam »Mauer der Vorurteile« zum Einsturz gebracht

Traunreut – »Streng dich halt an! Du bildest dir die Krankheit nur ein! Du bist nichts wert!« war auf Pappziegeln zu lesen. »Es sind Aussagen und Vorurteile, mit denen Betroffene tagtäglich konfrontiert werden und die wir in den vergangenen Wochen gemeinsam gesammelt haben«, erzählte Andrea Vetter von der Tagesstätte der Arbeiterwohlfahrt beim Aktionstag »Seelische Gesundheit und Arbeit« bei den Chiemgau-Lebenshilfe-Werkstätten (CLW) in Traunreut.


Dieser Aktionstag, zum vierten Mal von Ärztin und Psychiaterin Christiane Ulbricht initiiert, fand im Zuge der Woche der Seelischen Gesundheit der »Gesundheitsregionplus« des Landkreises statt.

Die »Ziegel« waren zu einer Mauer sorgfältig aufeinander gestapelt und bereit, endlich zerschlagen zu werden. »Wir reißen die Mauer der Vorurteile zusammen ein«, forderte Vetter die Anwesenden auf, die unter großem Jubel die Mauer innerhalb von Sekunden zum Einsturz brachten.

»Jeder Vierte in Deutschland ist in seinem Leben schon einmal an einer Depression erkrankt. Psychische Krankheiten im Arbeitsalltag sind so gängig wie Schnupfen im Kindergarten«, so Vetter. Diese Krankheiten seien aber immer noch sehr schambehaftet und stigmatisiert. Die Betroffenen stünden Tag für Tag vor einer Mauer, die sie allein schlichtweg nicht überwinden könnten. Es gelte aber auch, die Mauer in den Köpfen vieler Menschen da draußen zu zerreißen, meinte die AWO-Mitarbeiterin. Dafür müsse man zusammenarbeiten und miteinander wirken.

Die »Mauer der Vorurteile« war aber nur eine der angebotenen Mitmachaktionen. Den Besuchern wurde ein buntes Potpourri an Angeboten rund um das Thema »Hand in Hand für seelische Gesundheit am Arbeitsplatz« geboten. »Gerade solche Mitmachaktionen wirken auf die Menschen anziehend, da können sie selbst einfach etwas tun und sich aktiv beteiligen«, freute sich Initiatorin Ulbricht. In der Fachwerkstatt der CLW waren Infostände aufgebaut, an denen sich die Besucher über den Tag hinweg nützliche Informationen besorgen und mit anderen ins Gespräch kommen konnten. Unter anderem informierte Karin Lorenz-Hallé über den Verein »Pferde helfen Menschen«. Der Förderverein hat es sich zum Ziel gesetzt, möglichst vielen Menschen mit einer Beeinträchtigung eine sanfte Form der Therapie mit Tieren zu ermöglichen. »Wir wollen hauptsächlich die gesunden Anteile der Menschen unterstützen, auf die sollten wir eigentlich den Schwerpunkt legen.«, so die Vorsitzende des Vereins. Hallés Ansicht nach, müsse sich auf die einzelnen Fähigkeiten konzentriert werden, um so jeden bestmöglich unter die Arme zu greifen. »Aktionen wie diese zeigen endlich mal auf, was es hier bei uns in der Region alles an Angeboten für Betroffene gibt. Denn schlussendlich wissen einfach viele nicht, an wen sie sich wenden können.« Das große Ziel, so Hallé, sei es, dass die Menschen die Inklusion richtig leben können und sich in einem strukturierten und lebenswerten Alltag wiederfinden. chg

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