Bildtext einblenden
Auf einstimmigen Beschluss der Versammlung wurde der langjährige Vorsitzende des Verkehrs- und Kulturvereins Ruhpolding, Helmut Müller (rechts), zum Ehrenmitglied ernannt. Die Urkunde überreichte ihm der jetzige Vorsitzende Martin Haßlberger. (Foto: Giesen)

Ein »äußerst erfolgreiches Tourismusjahr«

Ruhpolding – Von einem »äußerst erfolgreichen Tourismusjahr 2015/2016« sprach Tourismusdirektor Markus Stuckmann bei der Jahreshauptversammlung des Verkehrs- und Kulturvereins im Hotel zur Post. Die Zahl der Gäste stieg im Vergleich zum Vorjahr um 15 529 auf 123 100. Das sind knapp 14,5 Prozent mehr. Damit wurde der bisherige Gästerekord aus dem Jahr 1991 mit 121 693 Gästeankünften deutlich übertroffen, freute sich Stuckmann. Auch die Zahl der Übernachtungen stieg deutlich um 7,54 Prozent auf jetzt 636 801. Die Aufenthaltsdauer liegt bei durchschnittlich 5,2 Tagen.


Die zweite erfreuliche Entwicklung sei, dass der Bettenschwund erstmals seit etwa 15 Jahren gestoppt wurde. »Es scheinen wieder mehr Gastgeber eine Perspektive im Tourismus vor Ort zu sehen«, so Stuckmann. Bestätigt werde das durch Signale der örtlichen Banken, dass mehr Vermieter in die Modernisierung und Qualität ihres Angebots investieren. Die meisten der deutschen Gäste kommen aus Bayern, Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg, und Hessen, berichtete der Tourismusdirektor. Im Ausland liegen die Niederländer vorne, gefolgt von den Tschechen, bei denen bei den Übernachtungen ein Zuwachs von über 40 Prozent im Vergleich zum Vorjahr zu verzeichnen war. Rückgänge um knapp 11 Prozent gab es lediglich bei den Briten.

Der Vorsitzende des Verkehrs- und Kulturvereins, Martin Haßlberger, berichtete über den angedachten Zusammenschluss der Tourismusvereinigungen, Verkehrs- und Kulturverein, Wirtschaftsverband, Interessengemeinschaft Tourismus Ruhpolding (ITR) und Vereinigung der Ruhpoldinger Gastgeber (VdRG). ITR und VdGR wollten aus verständlichen Gründen ihre Eigenständigkeit behalten, so Haßlberger, aber mit dem Wirtschaftsverband sei man sich grundsätzlich einig. Dafür müsse aber noch die Schuldenlast des Verkehrsvereins wegfallen. Wichtig sei es, beim Verkehrsverein eine andere Struktur und eine neue Beziehung zu den Mitgliedern zu suchen. Er schlug vor, künftig mit bestimmten Gruppen von Vermietern, Gastronomen und Geschäftsleuten Themen anzusprechen und Ergebnisse daraus gebündelt an Politiker und Verantwortliche im Tourismus weiterzugeben.

Unbefriedigende Finanzlage

Zur finanziellen Situation des Verkehrsvereins berichtete der Vorsitzende, dass man im letzten Jahr noch zuversichtlich gewesen sei, die Schulden für das Jugendheim Josefshaus, das der Verein vom Wohnbauwerk der Gemeinde gepachtet hat, bis 2017 abbauen zu können. Im Gegensatz zu 2014 sei aber 2015 der Betrieb wieder defizitär gewesen und auch 2016 habe man keine Gewinne erzielen können. Finanziell könne der Verein daher das Risiko nicht weiter eingehen und werde deshalb den Pachtvertrag voraussichtlich 2018 kündigen. Der Kassenbericht von Schatzmeister Wolfgang Heigenhauser belegte im Detail die unbefriedigende Finanzlage des Vereins, die aber in früheren Jahren schon viel schwieriger gewesen sei, so der Kassier. Der Verkehrs- und Kulturverein hat rund 300 Mitglieder, wobei aber die nicht Beitrag zahlenden Ehepartner mitgerechnet sind.

Auf Antrag der Vorstandschaft beschloss die Versammlung einstimmig, Helmut Müller, für sein außergewöhnliches Engagement für den Tourismus und kulturelle Belange im Ort zum Ehrenmitglied zu ernennen. Helmut Müller war unter anderem 20 Jahre lang Erster Vorsitzender des Verkehrs- und Kulturvereins.

Umstrittene neue Chiemgau-Card

Bei der Aussprache ergab sich eine längere Diskussion um die neue Chiemgau-Card, die nach der Fusion mit Inzell ab 1. Mai 2017 die bisherige Ruhpoldinger Xtra-Card ablösen wird. Die Chiemgau-Card beinhaltet insgesamt 35 Angebote, 20 mehr als vorher, zum Beispiel die Hochfelln-Bergbahn, die Rossfeld-Panoramastraße, den Westernberg-Skilift oder das Naturkunde- und Mammut-Museum in Siegsdorf. Allerdings beteiligt sich der Freizeitpark Ruhpolding nicht mehr, und das Wellenhallenbad kann mit der neuen Karte nur noch einmal, nicht mehr unbegrenzt besucht werden. In seinem Bericht sagte der Erste Vorsitzende, dass die Entscheidung über die neue Chiemgau-Karte eines der schwierigsten Themen in diesem Jahr gewesen sei. Ein Großteil des Tourismusbeirats und der Vorstandschaft des Verkehrsvereins sei für eine Fusion mit Inzell gewesen, aber das jetzt vorliegende Ergebnis überzeuge viele Gastgeber nicht. Der Verkehrsverein werde nicht zu einem Boykott aufrufen, aber jeder Vermieter müsse nun selbst entscheiden, ob das neue Angebot für seinen Betrieb attraktiv sei.

Pongratz Haßlberger verstand die Kritik an der neuen Karte nicht, sie sei auf jeden Fall gut für den Tourismus. Dem widersprach Alfons Pichler energisch. Die Einführung der Chiemgau-Card sei vom Gemeinderat entschieden worden und die Vermieter wurden vor vollendete Tatsachen gestellt. Als »Katastrophe« bezeichnete er es, dass der Märchenpark nicht mehr in der Karte enthalten sei und das Hallenbad nur noch einmal. Ruhpolding komme auf diese Weise in einen Weg hinein, der nicht gut sei. Auch Sepp Hohlweger kritisierte die Vorgehensweise und eine mangelnde Gesprächskultur. Früher habe man mehr miteinander geredet und sei nicht erst informiert worden, wenn alles schon fertig gewesen sei.

Markus Stuckmann und Herbert Ringsgwandl verteidigten die neue Karte, da Ruhpolding sowohl von den zusätzlichen Gästen als auch den angebotenen Leistungen profitieren werde. Selbstverständlich hätten auch Kompromisse gemacht werden müssen. Auch Ludwig Böddecker hielt die Chiemgau-Card für eine gute Sache, weil durch den Zusammenschluss mit Inzell viele neue Gäste die Ruhpoldinger Einrichtungen nutzen würden. Lange habe man geglaubt, das Wellenhallenbad nicht mehr halten zu können, das aber durch die zusätzlichen Besucher eine gute neue Chance erhalte.

Ludwig Aigner, Betreiber des Märchenparks, sagte, dass ihm die Entscheidung sehr schwer gefallen sei, sich nicht bei der Chiemgau-Card zu beteiligen. Grund sei, dass er sich auf Ruhpolding begrenzen müsse, weil nicht alle eine Ermäßigung bekommen könnten. Wegen vieler Sondervereinbarungen seien das ohnehin schon sehr viele. Wolfgang Heigermoser plädierte dafür, dass künftig möglichst mehr Touristiker als bisher im Gemeinderat vertreten sein sollten. Bürgermeister Claus Pichler erinnerte, dass es auch bei der Einführung der Xtra-Card viele Schwierigkeiten gegeben habe und vieles geändert worden sei. Die Chiemgau-Card sei nun eine neue Herausforderung, die eine große Chance biete. Er bat um konstruktive Kritik und vor allem um »volle Kraft voraus, machen wir das Beste draus!« gi

Mehr aus der Stadt Traunstein