Dafür muss man sich allerdings qualifizieren – und diese Hürde nahm der gebürtige Göttinger jetzt beim Qualifikationsturnier in der Türkei mit Bravour. »Dieses Ziel habe ich mir schon vor fünf, sechs Jahren gesetzt«, erzählt Günther, der mittlerweile seinen Lebensmittelpunkt in Ruhpolding hat. Damit ist er einer von nur vier deutschen Golfern, die ein Ticket für die Legends-Tour gelöst haben. Bernhard Langer, Alexander Cejka und Thomas Gögele sind die anderen drei.
Golflehrer nachder Schreiner-Lehre
Christoph Günther wuchs unter anderem im malaysischen Teil Borneos auf, dort fing er in jungen Jahren zusammen mit seinen Eltern das Golf spielen an. Anschließend verbrachte die Familie einige Zeit in Britisch Kolumbien (Kanada). »Dort ist das Golfen Volkssport Nummer ein«, erzählt er. Nach seiner Rückkehr nach Deutschland legte er den Golfschläger aber erst einmal beiseite und spielte nur noch gelegentlich. »Hier in Deutschland hat das Golf spielen einen ganz anderen Ruf«, findet er.
Auch deshalb fing Günther zunächst eine Schreiner-Lehre an, machte diese auch zu Ende. Aber der Golfsport ließ ihn einfach nicht mehr los und so begann er 1995 in Höslwang eine Ausbildung zum Golflehrer. Ein paar Jahre später wurde er Profi und spielte in den Jahren zwischen 1999 und 2013 »bis auf Australien auf allen Profi-Touren dieser Welt«. Zu seinen größten Erfolgen zählt der Gewinn der Kärnten Open auf der European-Challenge-Tour im Jahr 2009. Zudem hat er jeden Deutschen Meistertitel mehrfach gewonnen, wie er betont. Dazu kommen zahlreiche weitere Turniererfolge in Deutschland und auch auf internationaler Bühne. Auf seine Siege bildet sich Günther aber nichts ein. »Für mich sind es die Erinnerungen, die zählen«, sagt er bescheiden.
In den vergangenen Jahren begann er dann peu à peu seine Firma aufzubauen. Er bietet unter anderem Golfreisen an und hat in Deutschland einige Golfschulen aufgebaut. Seit diesem Jahr ist eine davon auch in Ruhpolding zu finden. Zudem hat Günther und seine Lebensgefährtin Henriette Schilling, die eine ambitionierte Hobby-Bergläuferin ist, zusammen ein neues Jugendkonzept entwickelt: »ForeFreude« soll vor allem dem Nachwuchs mit einer eigenen Turnierserie den Golfsport näher bringen.
Bereits im Oktober 2023 zogen Christoph Günther und Henriette Schilling von Oberammergau nach Ruhpolding. »Wir fühlen uns sehr wohl hier«, betont er und ergänzt: »Die Region hat ein perfektes Flair für Sportler.« Für beide stand und steht nämlich der Sport im Mittelpunkt. Sie suchten deshalb ein neues Zuhause mit perfekten Trainingsbedingungen. Markus von Knoerzer und Harry Gstatter – zwei Golf-Kollegen, die Günther seit Jahrzehnten gut kennt – legten den beiden Ruhpolding nahe – und sie wurden dann auch fündig,
Hier hat das Paar alle Möglichkeiten zum Trainieren – und die brauchen sie auch. Denn Günther räumt gleich einmal mit einem Klischee auf: »Der Golfsport ist nicht nur etwas für ältere Menschen.« Ganz im Gegenteil: Als Golfer muss man heute genauso durchtrainiert und fit sein wie ein Ausdauersportler. »Man muss beispielsweise schon sehr beweglich sein«, betont er.
Auch deshalb hat er eine zweite große Leidenschaft neben dem Golfsport für sich entdeckt: Triathlon. Und dabei feierte der 49-Jährige ebenfalls schon überaus beachtliche Erfolge: Er verbuchte unter anderem einen Altersklassensieg beim Ironman 70.3 Langkawi und qualifizierte sich bereits dreimal für die Ironman70.3-WM. Zweimal ging er bei diesen Mitteldistanz-Rennen auch an den Start, vergangenes Jahr in Taupo (Neuseeland) musste er »aus zeitlichen Gründen aber leider passen«.
Der Triathlonsport hat Günther auch im Golfen weiter vorangebracht. »Man muss im Triathlon mental stark sein, Kraft und Ausdauer haben, bereit sein, viel Zeit mit sich alleine zu verbringen und durchzuhalten. All das hat mir auch beim Golfen enorm geholfen«, erzählt er.
Nervenstark präsentierte sich der Ruhpoldinger nun auch beim Qualifikationsturnier im türkischen Belek. Günther musste dabei zwei Runden überstehen. Die erste meisterte er mit Bravour: 40 Golfer qualifizierten sich für die Finalrunde: »In der ersten Stufe bin ich Dritter geworden, da bin ich also relativ entspannt durch«, blickt er auf seine erfolgreiche Zeit in der Türkei zurück.
Das Finale ging über vier Tage. Kam man dabei unter die Top 5, löste man für die Legends-Tour eine vollständige Spielgenehmigung. Das verpasste Günther knapp. Er wurde am Ende Achter – eine ebenfalls beachtliche Leistung bei all der starken Konkurrenz. Damit ist er nun in der sogenannten »Kategorie 10« gelistet. Damit ist man Mitglied der Legends-Tour. Das heißt: Sagen Spieler mit einer vollständigen Spielgenehmigung ab, »können wir nachrücken«.
Mit keiner Sekunde habe er sich darüber geärgert, dass er die Top 5 verpasst hat. »Wirklich überhaupt nicht. Ich habe seit November auch kaum trainiert«, erzählt er. Er habe nur ein paar Mal auf der Indoor-Anlage in Ruhpolding geübt, ergänzt er. »Ich bin also mit keinen großen Erwartungen in die Türkei gereist und wurde positiv überrascht.«
Sein vorrangiges Ziel war nämlich ein anderes, wie er verrät. »Das war quasi ein Testlauf für 2026. Ich weiß jetzt, was mich bei diesem Qualifikationsturnier erwartet.« Denn die Golfer müssen sich jedes Jahr aufs Neue für die Legends-Tour qualifizieren, wenn sie nicht unter den Top 25 der Gesamtwertung stehen.
»Ich mag diese Exoten«
Für die Teilnahme an den Turnieren in Europa rechnet sich der Golfer in diesem Jahr übrigens keine größeren Chancen aus, »weil die doch sehr beliebt sind und daher kaum Startplätze frei werden«. Aber: »Es gibt auch Turniere in Mexiko oder Indien.« Und für diese sieht er durchaus keine schlechten Chancen. »Und das würde mich auch sehr freuen, dort zu starten, denn ich mag diese Exoten.«
Und was wird er am Tag seines 50. Geburtstags machen? »Ich hoffe, golfen«, sagt er. Und zwar vor den Toren Londons. Denn dort finden von 24. bis 27. Juli »The Senior Open« statt, die ebenfalls zur Legends-Tour zählt. Das Qualifikationsturnier dafür steigt ein paar Tage vorher. Christoph Günther möchte diese Hürde unbedingt nehmen. »Das wäre mein Turnier-Highlight in diesem Jahr«, betont er.
Dass er deswegen nicht feiern kann, findet Christoph Günther übrigens gar nicht schlimm. »Ich habe schon vor ein paar Jahren eine größere Feier mit meinen Freunden gemacht, weil ich wusste, dass das an meinem 50. Geburtstag eher nichts werden wird«, lacht er. »Der Sport steht für mich im Vordergrund. Alles andere steht hinten an.« SB