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Severin Sebald kümmert sich künftig um das Modellprojekt Besucherlenkung für den Bereich Ruhpolding, Inzell und Siegsdorf. (Foto: Kretzmer) Foto: Kretzmer

Im Spannungsfeld zwischen Schneehuhn und Skifahrern: Neues Modellprojekt zur Besucherlenkung

Um das Spannungsfeld zwischen schützenswerter Natur und Freizeitnutzung des oberbayerischen Alpenraums durch Skifahrer, Wanderer, Mountain- und E-Biker zu entschärfen, hat der Freistaat Bayern kürzlich ein neues Modellprojekt zur Besucherlenkung gestartet und grünes Licht für weitere fünf Gebietsbetreuer im Alpenraum gegeben. Einer davon, der 33-jährige Severin Sebald, übernimmt den Bereich südlich von Traunstein mit den Gemeinden Ruhpolding, Inzell und Siegsdorf. Er stellte sich gestern im Kreisumweltausschuss mit Landrat Siegfried Walch vor.


Severin Sebald hat Landschaftsarchitektur, Landschafts- und Stadtplanung, Umweltplanung und Ingenieursökologie studiert. Erste Erfahrungen sammelte er an einer limnologischen Station und einem Büro für Landschaftsplanung. Unter anderem nahm er auch aquatische und terrestrische Vegetationskartierungen vor. Ehrenamtlich ist der 33-Jährige als Ausbilder für Forschungstaucher und als Skilehrer tätig. In den nächsten Jahren steht er in Teilzeit mit 20 Wochenstunden in Diensten des Landkreises, Sachgebiet Waldrecht.

Das Modellprojekt wird zu 75 Prozent vom Bayerischen Naturschutzfonds und zu fünf Prozent vom Bezirk gefördert. Der Kreis trägt einen Eigenanteil von 20 Prozent, was etwa 7.000 Euro pro Jahr entspricht. Nach Worten des Landrats hat der Landkreis bereits seit vielen Jahren sehr positive Erfahrungen mit Gebietsbetreuern gewonnen. Bislang gibt es drei derartige Gebiete in der Region am Chiemsee, im Achental und im Biotopverbund der Eggstätt-Hemhofer-Seenplatte mit den Seeoner Seen.

Severin Sebald umriss seine wichtigsten Aufgaben mit »beobachten, vermitteln, informieren«. In Bayern würden über 70 landschaftlich wertvolle Gebiete von jeweils einem oder mehreren Kollegen betreut. Zu seinen Kernthemen zählte Sebald Öffentlichkeitsarbeit, Förderung der Akzeptanz von Maßnahmen, die Umweltbildung zu forcieren, Besucherlenkungskonzepte zu entwickeln oder zu verbessern. Er fungiere weiterhin als »Bindeglied und Vermittler« zwischen verschiedenen Interessensgruppen wie den Unteren Naturschutzbehörden, Forst, Landwirtschaft, Gemeinden, Tourismus oder den unterschiedlichen Naturschutzgruppierungen.

Außerdem will Severin Sebald nach seinen Worten im Ausschuss ein Ranger- und Naturschutzwächtersystem anstoßen. Neben Aufgaben wie Dokumentation und Monitoring gilt sein Engagement darüber hinaus dem »klassischen Natur- und Artenschutz« für Tiere wie Schneehuhn, Rauhfußhuhn, Alpensalamander, Feuersalamander und Steinadler.

Eine Reihe seiner Vorhaben hat Severin Sebald bereits angepackt. Er hat Kontakte geknüpft zu den Vertretern verschiedener Inte-ressensgruppen und jede Menge Informationen über »sein« Gebiet zusammengetragen. Für einige Bereiche hat er schon konkrete Konzepte im Kopf. Mit der Öffentlichkeitsarbeit, speziell im Hinblick auf den Winter mit Tourengehern und Schneeschuhwanderern in den Voralpen, will er in Kürze starten.

Grassaus Bürgermeister Stefan Kattari, SPDplus-Fraktion und früher selbst als Gebietsbetreuer aktiv, zollte dem Landkreis Lob und Anerkennung – dass er als Träger das Projekt mitfinanziert. In einem Gebiet könne viel erreicht werden, wie das Beispiel Geigelstein beweise. Hier kämen Natur und Tourismus inzwischen einvernehmlich miteinander aus. Kattari forderte, das neue Modellprojekt nicht wieder seitens des Staats zu befristen auf wenige Jahre: »Es ist ungeheuer wichtig, langfristig zu arbeiten.« Dem stimmte Landrat Siegfried Walch »uneingeschränkt« zu.

CSU-Kreisrat Josef Mayer betonte, es gelte Natur- und Umweltschutz »immer und überall zu unterstützen«. Er forderte, das Thema »Umweltbildung« noch mehr an die Schulen zu bringen. Dazu der Landrat: »Das richtige Gremium hierfür ist der Bayerische Landtag. Was auf Kreisebene möglich ist, machen wir.« Der Landkreis Traunstein leiste sich mit Markus Breier einen kompetenten Kreisgartenfachberater: »Ich bin begeistert, was Breier zusammen mit Gartenbauvereinen auf die Beine stellt, zum Beispiel auch mit Schulklassen.« Hierzu verwies Dr. Ute Künkele, ÖDP, auf Informationsveranstaltungen des Bund Naturschutz an Schulen. Seit einem Jahr würden bestimmte Themen angeboten.

Unter den weiteren Rednern war Willi Geistanger, Bündnis 90/Die Grünen, der die Parksituation am Weitsee kritisierte. Hier etwas zu unternehmen, sei Sache der Gemeinde Reit im Winkl, nicht des Landkreises, antwortete Walch. In Ruhpolding hätten hohe Parkgebühren und ein kostenloser Bus Besserung gebracht. Severin Sebald könne der Gemeinde Reit im Winkl aber beratend zur Seite stehen.

Der Freizeitdruck durch zu viele Menschen auf Gebiete mit bedrohten Tierarten sei in den letzten drei Jahren dramatisch gestiegen, hob Claus Pichler, SPDplus, heraus. Aufklärung wäre sehr wichtig: »Diese Menschenmassen verträgt die Natur auf Dauer sicher nicht.«

kd

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