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Die russische Sängerin Aigul Akhmetshina bedankt sich für den Applaus. (Foto: Marco Borelli/Festspiele)

Salzburgs neuer Stern am Opernhimmel

Die konzertante Aufführung in der Felsenreitschule von Vincenzo Bellinis lyrischer Tragödie um das berühmte Liebespaar Romeo und Julia »I Capuleti e i Montecchi« wird bei den Salzburger Festspielen zum glänzenden Fest der Stimmen.

Bellinis Belcanto-Melodik bringt die Sängercrew in einschmeichelnden Kantilenen zum Tragen, lässt aber auch mit leidenschaftlich dramatischem Impetus aufhorchen. Als große Entdeckung des Abends feiert die junge russische Mezzosopranistin Aigul Akhmetshina in der Rolle des Romeo ihr umjubeltes Salzburg-Debüt. Ihre Stimme besitzt persönliche Qualität im Timbre, hat einen warmen runden Klang ohne Schärfen bis in die fabelhafte Höhe, ist tragfähig und technisch exzellent geführt.

Zudem sind Piano- und Fortepassagen gut ausbalanciert. Nichts wirkt überzogen als bloßes Zurschaustellen der stimmlichen Fähigkeiten, sondern ihr Singen ist ganz der rollengerechten Ausdrucksskala gewidmet. Eindrucksvoll zeigt sich das in den Arien »Se Romeo t‘uccise…« und »Deh tu bell‘anima«, ebenso in den Duetten und in der großen Schlussszene »Ah crudel che mai facesti«.

2017 wurde die aus Ufa stammende Sängerin Mitglied im Programm junger Künstler an der Londoner Covent Garden Oper, gewann in Folge mehrere bedeutende Wettbewerbe und singt inzwischen international an den großen Opernhäusern. Im September ist sie die Carmen an der Bayerischen Staatsoper.

Auch die übrigen Solisten zeigen sich als hervorragende Protagonisten im rollendeckenden Einsatz. Elsa Dreisig gibt mit ihrer hellen jugendlichen Sopranfarbe eine passende Giulia. In ihrer Auftrittsarie »Oh quante volte« punktet sie mit fein gesponnenem Pianoansatz und schönen lyrischen Linien. In den Duetten mit Romeo interagiert sie zwar mit Verve und Engagement, ist im Ausdruck dennoch meist die leidvoll Trauernde. Mit imponierendem Bass ist Michele Pertusi der gebieterische Capellio, unnachgiebig in seiner Strenge gegenüber den feindlichen Montagues. Tenoralen Glanz und emotionalen Ausdruck steuert der leidenschaftlich in Giulia verliebte Tebaldo von Giovanni Sala bei. Roberto Tagliavini führt mit kernig klangvollem Bariton einen überzeugenden und sympathischen Lorenzo ins Treffen.

Der Philharmonia Chor Wien liefert eindrückliche choristische Gesangskultur, gut artikuliert und im Klangcharakter an die Inhalte angepasst. Marco Armiliato ist am Pult des Mozarteumorchesters der erfahrene Sachwalter für Italianitá und führt das Orchester zu brillantem melodischem Einsatz. Da glänzen schöne solistische Passagen vom Horn, von der Klarinette und der Oboe, von Harfe und Cello. Armiliato setzt ebenso auf gefällige Lyrismen wie auf dramatische Klangreize und forsche Tempi. Das Libretto zur etwas eigenwilligen Dramaturgie von Bellinis Oper schuf Felice Romani aus verschiedenen italienischen Quellen. 1830 fand die Uraufführung statt.

Capellio, aus den Reihen der Capulets, will seine Tochter Giulia zur Ehe mit Tebaldo zwingen und kennt keine Gnade für das Friedensangebot des feindlichen Montague Romeo. Dieser schlägt Giulia die Flucht als einzigen Ausweg vor, aber dem will Giulia nicht zustimmen, da sie ihren Familienstatus nicht opfern möchte. So wird Lorenzo ins Vertrauen gezogen. Er will Giulia mit einem Schlaftrunk vor der erzwungenen Ehe bewahren. Am Ende nach dem fatalen Ausgang klagt Lorenzo Capellio als den Mörder der beiden Liebenden an.

Elisabeth Aumiller

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