Mit der Einladung von Hans Well hat die Grassauer Bücherei ein glückliches Händchen bewiesen. Im Heftersaal las er im Rahmen des Literarischen Herbstes aus seinem Buch über 35 Jahre »Biermösl Blosn«, erzählte aber auch frei von vielen lustigen Begegnungen und amüsierte damit das Publikum.
Legendär ist die »Biermösl Blosn«, denn Auftritte hatte die dreiköpfige Gruppe der Well-Brüder auch in der Region. Sie wurde oftmals für den Mut, das auszusprechen und in Liedern festzuhalten, was sich der ein oder andere nie getraut hätte, bewundert. Doch wie ging es den Well-Brüdern und wie lebte es sich als neuntes von insgesamt 15 Kindern? Darüber informierte Hans Well, gab Einblicke in seine Kindheit und in eine Großfamilie, die, wie jede andere Familie, trotz Volksmusik, so ihre Probleme hatte.
Wells Rückblick war zugleich auch ein wenig Sozialgeschichte, denn was früher üblich war, ist heute kaum noch denkbar. Die ersten Jahre verbrachte Hans Well bei seinen Großeltern und lernte seine Familie erst beim Eintritt in die Schule richtig kennen. Er erzählte lustige Episoden, wie er zum Beispiel von seinen Geschwistern angestiftet wurde, einen Wurm zu essen. Er berichtete, wie die Familienmusik und die Auftritte zustande kamen, informierte über die innerfamiliäre, altersbedingte Hierarchie und wie man sich in einer Großfamilie behaupten musste. Eines ist sicher, langweilig wurde es im Hause Well nie.
Auch blieb Well die Erklärung, wie die »Biermösl Blosn« bekannt wurde, nicht schuldig. Das BayWa-Lied und ein Fernsehauftritt an Silvester 1979 verhalf den drei Brüdern zum Erfolg. Doch es gab auch dramatische Ereignisse wie die Erkrankung von Stofferl, dem jüngsten Bruder, der nur durch eine Notoperation gerettet werden konnte.
Well ging auch auf die letzten Jahre der »Biermösl Blosn« ein. Bayern hatte sich verändert, die alten Feindbilder waren verschwunden, dennoch mangelte es nicht an Themen. Mit seinen Veränderungsvorschlägen biss er jedoch bei seinen Brüdern auf Granit. »Wir leben nicht im Paradies«, sagte Well und erklärte, dass Themen wie Flächenfraß, Schulmisere, Eurokrise und vieles mehr auch satirische aufbereitet in den Liedern eingebaut hätte werden können. Well erzählte, wie er »grantig und depressiv« wurde, weil er nicht wahrhaben wollte, dass die zeit gemeinsamer Auftritte nach 35 Jahren vorbei war. Der letzte Auftritt kam ihm wie vor einer Hinrichtung vor.
Nach der Trennung von den Brüdern und einigen Soloauftritten erkannte er, dass er sich das Geld, dass er in die Ausbildung seiner Kinder gesteckt hatte, nun zurückholen konnte, mit gemeinsamen Auftritten mit dem Nachwuchs. Auch erinnerte er sich an ein Gespräch mit Theodor von Gutenberg, der erklärte, er trage sich mit dem Gedanken, in die Politik zu gehen und fragte, zu welcher Partei er ihm raten würde. Wells Antwort darauf: »Wenn's Charakter haben, gehn's zu einer Partei mit Zukunft und wenn's was werden wollen zur CSU«.
Im weiteren Verlauf des Abends stellten die Zuhörer ganz persönliche Fragen an Well, etwa zur Krankheit des Bruders, aber auch, wie man sich die Hackordnung in der Familie vorstellen müsse, die Well als »Sozialdarwinismus« bezeichnete. Auch nach den Schwestern, den Wellküren, erkundigte sich das Publikum. Well informierte, dass er, obwohl er keine Frau sei, sich doch hineindenken könne und 15 Jahre lang die Texte für die Wellküren geschrieben habe. Er betonte, dass kein Zwiespalt in der Familie herrsche, auch wenn man sich nur selten sehe. »Der Erfolg hat uns kaputt gemacht. Wenn man zu lange gut ankommt, wechselt man die Sachen nicht und entwickelt sich nicht weiter«, so Well. Tamara Eder