Ein leidenschaftliches Feuerwerk war es – und noch viel mehr als Blechklang, obwohl »nur« sechs Blechbläser auf der Bühne standen, die Trompeter mit jeweils mehreren Instrumenten rund um ihre Notenständer. Der Leiter, Professor Matthias Höfs, spielte außer auf fünf Trompeten in mehreren Tonlagen noch auf einem Horn. Außer ihm glänzten André Schoch und Manuel Mischel ebenfalls an der Trompete, Tillmann Höfs am Horn, João Martinho auf der Posaune und Constantin Hartwig an der Tuba. Alle weisen lange Listen an Orchestern und Kammermusikpartnern auf, mit denen sie musizieren, oder sie unterrichten zudem an verschiedenen Hochschulen.
Neue Blickwinkel auf Musikinterpretation
Das Besondere war, dass von den vielen Programmpunkten nur einer, nämlich das Blechbläsersextett in es-Moll, op. 30 von Oskar Böhme (1870 bis 1938), im Original für diese Besetzung komponiert war. Mit spätromantischem Samtklang einerseits und virtuosen Perlenläufen in den schnellen Sätzen andererseits beschloss es ein Konzert der Extraklasse, das viele neue Blickwinkel auf Musikinterpretation warf.
Denn alle anderen Werke des Konzertabends waren Bearbeitungen von Matthias Höfs. Mit John Baston (ca. 1685 bis 1740) und seinem Concerto Nr. 2 in D-Dur und den Sätzen Allegro, Adagio und Presto legten das Ensemble gleich zu Beginn den hohen Maßstab an Virtuosität und Klanggestaltung fest. Im Original für Blockflöte mit Streicherbegleitung erklang es im Arrangement von Matthias Höfs brillant mit strahlend-festlichem Charakter.
Höfs gratulierte in seiner amüsanten Moderation zum 45. Jubiläum der Sommerkonzerte und tauchte danach mit Bartolomeo de Selma y Salaverde (1595 bis 1638) und seiner »Canzon seconda« in die Musikepoche der Renaissance ein mit ihren tänzerischen Verzierungen und den typischen Wechseln vom Zweier- zum Dreiertakt. Auch die Sinfonia aus der Partita Nr. 2 in c-Moll BWV 826 für ein Tasteninstrument »haben wir in blechgerechter Manier bearbeitet«, so Höfs, der schmunzelnd anfügte: »Beurteilen Sie selbst, ob das nötig war«, ebenso wie Präludium und Fuge IV BWV 849.
»Bach-Blüten« der musikalischen Art
Die Ankündigung, Bach habe 20 Kinder gehabt und daher sicherlich auch Humor, und er hätte bestimmt nichts dagegen gehabt, dass seine Musik nicht auf der Orgel, sondern auf Blechblasinstrumenten erklingt, stellte Höfs der Toccata und Fuge in d-Moll BWV 565 voran und versicherte, dass seine Musiker »genau so viel Wind machen wie die Orgel«. Viel Wind, bzw. Luft brauchten sie für diese »Bachblüte«, die das Ensemble »in einer bearbeiteten Klangregistrierung als mobile Lösung mit sechs Blechbläsern« anbot, »auch wenn wir weniger Pfeifen haben, dafür mehr Ventile und Zugmechanismen«.
Jeden Musiker beobachten zu können, wie er sein Motiv interpretierte und sich seiner Virtuosität hingab, erschloss ein völlig neues Klangerlebnis dieser weltberühmten, barocken Komposition, die mit so viel Begeisterung, fast jazzig, interpretiert wurde, dass Jacques Loussiers Play-Bach-Aufnahmen im Gedächtnis auftauchten. Jubelnd-stürmischer Applaus zeigte den Musikern, wie gut ihre interpretatorische Vision angekommen ist.
Selbstverständlich fühlen sich die Musiker des »Matthias Höfs Brass Project« in allen Musikepochen zu Hause, und das bewiesen sie nicht nur mit Wolfgang Amadeus Mozarts Streichquartett in Es-Dur KV 160, das als Werk aus der Klassik die Reise in die Vergangenheit vervollständigte, sondern auch mit dem Jazz-Standard »Sweet Georgia Brown« als verdiente Zugabe für ein Publikum »mit einem vorbildlichen Applaudierverhalten«. »Es ist nett, dass Sie so toben, danke für die wunderbare Atmosphäre«.
Mit den neuen Perspektiven für den Blick auf Blasmusik bereicherte das Matthias Höfs Brass Project unter der Leitung von Matthias Höfs die musikalische Landschaft in Traunstein.Brigitte Janoschka