Bildtext einblenden
Die Ausstellung im Gasthaus D'Feldwies wurde um einige interessante Gesprächsrunden ergänzt. (Foto: Wolfgang Gasser)

Erinnerung an ein ganz besonderes Künstlerdorf

Es zeichnete sich schon bei der Vernissage am Ostermontag ab, dass das Publikumsinteresse an der besonderen Ausstellung »Malerei und Kunst in schwierige Zeit: 1918 bis 1955« in Übersee sehr groß sein würde.

Bis zum Ende nach zwei Öffnungswochen kamen mehr als 1650 Besucher in das historische Wirtshaus D'Feldwies, um den Längsschnitt durch die existenziell schwierigen Jahre von 1918 bis 1955 anhand der Kunst und der Lebensschicksale der Maler und Künstlerinnen, die in dieser Zeit in der Gemeinde Übersee gelebt haben, in Erinnerung bringen zu können. Die Besucher, die teils von weit hergekommen waren, staunten über die Tatsache, dass in der Feldwieser und Überseer Künstlerkolonie an die 50 Künstler gelebt und Werke geschaffen haben.

An 86 Gemälden und 6 Skulpturen konnte man den Stil und die Motivwahl der Kunstschaffenden besichtigen. Notzeiten während und nach den beiden Weltkriege zwangen die Künstler oft, ihre Werke gegen Gegenstände des täglichen Bedarfs einzutauschen. So kam es, dass alle Gemälde aus Privathaushalten oder von den hier noch lebenden Künstlerfamilien für die Ausstellung zur Verfügung gestellt wurden.

Gemälde von sehr bekannten Künstlern wie etwa Julius Exter, Walter Brendel, Arnold und Elisabeth Balwé, Fritz und Mutz Harnest, Walter Lederer, Franz Gebhardt und Max Steinleitner, Michael Kiefer und Alfred von Rauhecker hingen nun gemeinsam mit Kunstwerken von fast vergessenen oder kaum mehr bekannten Kunstkollegen wie Aranka Schulhof, Käthe Fleck, Hans H. Lohmann, Erna Dinklage, Friedrich Eriksdun und Ehefrau Hildegard Kröger, Alois Hies, Erwin und Annemarie Lüdke, Lore Müller, Josef Reissl, Wilhelm Hofelich, Franz Ermer, Wast Schwaiger, Karl Exter, Judith Exter, Wolfgang Zeller, Max Körner, Hans Stangl, Käthe Seele und Frieda Eitel in dieser Ausstellung.

Nur Max Steinleitner, Judith und Karl Exter sowie Wast Schwaiger wurden hier lange vor dem 1. Weltkrieg geboren, weitere kamen zwischen 1920 und 1932 nach Übersee. Der größere Teil folgte ab 1933, während der Kriegsjahre oder kurz nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs. Unter den Künstlern gab es Heimatvertriebene, aus Großstädten Ausgebombte oder Evakuierte oder nach der Gefangenschaft oder aus dem Lazarett Entlassene. Kunststudenten nahmen Unterricht auf dem Land bei Professoren, wie Willi Geiger oder Arnold Balwé, die aufgrund der Zerstörung der Akademien in den Großstädten bei sich zuhause auf dem Land unterrichteten und einige blieben dann dauerhaft in Übersee.

Zur Vergrößerung der Künstlerschar trug nach 1947 die Ansiedlung von Porzellanmalern bei, die außerhalb ihrer Produktionsarbeit bei Heinrich-Porzellan in Seethal frei malten und ihrer eigenen Passion nachgingen. Vater und Sohn Mötsch, Geigenmüller, Fiene, Weber, Ryß, Pohl, Fraas und Pötsch seien hier in Erinnerung gebracht. In abendlichen Gesprächsrunden erzählte Stephan Harnest über seine Großeltern Fritz und Mutz, Carsten Lewerentz über Karl Meisenbach und Käthe Seele, Julia Geiger über Großvater Rupprecht und Willi Geiger, wobei Dr. Martin Metz aus den Lebenserinnerungen von Willi Geiger vorlas. Einen ehrenden Abschluss fand die Ausstellung durch eine Gesprächsrunde mit Sophie Lederer, Ehefrau von Walter Lederer, und Michaela Haslberger, Tochter von Walter Brendel »zum Hundertsten« der beiden hier wohnhaften Maler, die heuer 100 Jahre alt geworden wären. Der Zuspruch und die Forderung nach einer Dokumentation dieser einmaligen Ausstellung veranlassten nun die Mitglieder des Überseer Arbeitskreises Ortsgeschichte, nach Geldgebern Ausschau zu halten, um einen Erinnerungskatalog realisieren zu können.

akm

Mehr aus Kultur aus der Region