Zum ersten Mal beteiligen sich die Bildungseinrichtungen in Traunstein an der »Langen Nacht der Demokratie«, die regelmäßig bereits seit Jahren stattfindet. Dass die bayernweite Aktion nun auch in Traunstein läuft, hat Ursula Lay, die Vorsitzende des KBW, eingefädelt.
»Das aus dem Altgriechischen stammende Wort Demokratie meint die für uns auf den ersten Blick selbstverständliche 'Volksherrschaft'«, sagt Tobias Trübenbach, der Geschäftsführer des Katholischen Kreisbildungswerks. Habe die weltweite Verbreitung der Demokratie in den zurückliegenden Jahrzehnten als Naturgesetz gegolten, so zeige Populismus auch in gefestigten demokratischen Ländern wie den USA, Frankreich oder Deutschland, dass die Demokratie ein zartes Pflänzchen ist. »Autoritäre Entwicklungen wie etwa in Polen, Ungarn und Russland demontieren schließlich ganz gezielt demokratische Selbstverständlichkeiten wie Gewaltenteilung, Rechtsstaatlichkeit und individuelle Freiheitsrechte und höhlen sie so innerlich aus.«
Den Auftakt zur »Langen Nacht der Demokratie« bildet das Bürgerforum »Antisemitismus. Nein danke!« mit dem Münchner Religionswissenschaftler Dr. Andreas Renz und Thomas Lipschütz vom Kultusrat der Jüdischen Gemeinde Innsbruck um 14 Uhr inklusive Improtheater und dem Ensemble Gschekad. Während Andreas Renz einen geschichtlichen Überblick über die immer wieder aufflammende Judenfeindlichkeit gibt, bietet Thomas Lipschütz einen Einblick in seinen jüdischen Alltag.
Weiter geht es um 18 Uhr mit einem Vortrag von Altoberbürgermeister Fritz Stahl über die Weimarer Republik. Dabei durchleuchtet er die 14 Jahre dieser ersten deutschen Republik mit all ihren Schwächen und Stärken.
Parallel dazu beginnen jeweils auch um 18 Uhr zwei Workshops. Zum einen steht das PC-Strategiespiel »Genius – im Zentrum der Macht« im Brennpunkt. Hier können sich die Teilnehmer vom einfachen Lokalpolitiker bis zum Bundeskanzler hocharbeiten. Bei »Jeder macht Geschichte« werden digital Flugblätter entwickelt, die anschließend per Beamer an die Stadtkirche projiziert werden. Bernd Rohrbach und Rupert Mayer von der evangelischen und katholischen Kirche leiten den Workshop an.
Sonja Schulz und Paulina Gasl geben um 19 Uhr einen Workshop »Aktiv gegen Extremismus«. Sie zeigen, wie man extremistische Meinungen erkennt und wie man damit umgehen kann. Rollenspiele unterstützen ihr Anliegen.
Auch ein Europaplanspiel um 19 Uhr mit dem Thema Umwelt steht auf dem Programm. Hier schlüpfen die Teilnehmer in die Rolle eines Politikers auf EU-Ebene und setzen sich mit den »Politikern anderer EU-Staaten« auseinander. Stella Imo und Sebastian Salmen aus München moderieren dieses Planspiel.
Die Münchner Politikwissenschaftlerin Dr. Karin Schnebel hält um 19.15 Uhr einen Vortrag über die Wiedervereinigung als »Stille Revolution«. Die Einordnung der DDR-Zeit ist bis heute ein umstrittenes Thema.
Um 19.30 Uhr ist Dr. Stefan Schmitt mit seinem Vortrag »Tyrannei der Mehrheit?« zu erleben. Dieser Vortrag ist bereits ausgebucht. In Demokratien entscheidet die Mehrheit – doch was bedeutet das für die Minderheit?
Passend zum Thema Wendezeit kommen um 20 Uhr mit Lutz Quester und einem weiteren Zeitzeugen ehemalige DDR-Bürger zu Wort, die aus ostdeutscher Perspektive die stille Revolution ausleuchten. Der Münchner evangelische Theologe Dr. Matthias Pöhlmann ist Spezialist für Sekten und Weltanschauungsfragen. In seinem Vortrag greift er aktuelle Verschwörungstheorien auf, allen voran diejenigen rund um die Corona-Pandemie.
Abschließend ist noch einmal Dr. Karin Schnebel mit ihrem Vortrag über extremistische Tendenzen in Deutschland zu erleben. Dabei wirft sie auch auf ganz Europa einen Blick und schlägt einen Bogen von Rechtsextremismus bis zum radikalen Islam.
Zusätzlich ist am Samstag die Ausstellung »Jüdisches Leben in Deutschland« im Heimathaus von 17 bis 20 Uhr geöffnet. Im Vorfeld der Aktion machen am Samstagvormittag von 10 bis 11.30 Uhr insgesamt vier Sprecher mit Texten und Musik im Innenstadtbereich auf die »Lange Nacht« aufmerksam. Eine Anmeldung zu den einzelnen Vorträgen und Workshops wird empfohlen.
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