Er stellte den Antrag bei der Sitzung von »Traunstein erleben« kurz vor und betonte, die Covid-19-Pandemie stelle lokale Wirtschaftsbetriebe vor große Herausforderungen. Insbesondere im Einzelhandel und der Gastronomie, aber auch im Dienstleistungsgewerbe, führten die Abstandsregelungen zu Warteschlangen vor den Türen, so Schott. Gleichzeitig hätten aber gerade Gastronomiebetriebe einen erhöhten Bedarf für Freischankflächen.
»Der Raum wird knapp – gerade im Innenstadtbereich. Die Menschen sehnen sich danach, wieder mehr Zeit in der Stadt zu verbringen«, sagte Schott. »Diesen Bedürfnissen wollen wir mit einer erhöhten Aufenthaltsqualität im Bereich des Stadtplatzes Rechnung tragen und die lokale Wirtschaft mit einem verbesserten Raumangebot unterstützen.« Das gebe den Betrieben die Möglichkeit, noch weiter als bisher möglich Freischankflächen und Wartebereiche zu schaffen.
Konkret stellen sich die Traunsteiner Grünen Folgendes vor: Ein autofreier Stadtplatz am Abend ab 18 Uhr und an den Wochenenden inklusive Schaumburgerstraße und Taubenmarkt sowie eine angepasste Zufahrt zu den Parkplätzen östlich des Brunnens: Um die Zufahrt zu den Parkplätzen am Stadtplatz für Kraftfahrzeuge zu sichern, sollte eine Einbahnstraßenregelung am Auberg eingeführt werden. Außerdem sollte es nach Wunsch der Grünen ein Verbot zur Einfahrt in die Mittlere Hofgasse Richtung Auberg ab der Fuchsgrube geben.
»Doppelt so stark wie Traunreut«
Jürgen Pieperhoff, der Geschäftsführer des Stadtmarketings, sagte, dass Traunstein »eine sehr zentrumsstarke Stadt« sei. »Doppelt so stark wie Traunreut.« Er sah nicht, wie eine Verkehrsberuhigung zu einer Wirtschaftsförderung beitragen sollte.
Thomas Miller, der Vorsitzende von »Traunstein erleben«, war der gleichen Meinung. Er sagte, dass dadurch nicht viel zusätzliche Fläche für die Gastronomie entstehen würde. »Wir haben uns das angeschaut. Das Argument zählt nicht«, betonte er. Seiner Meinung nach wäre die Gastronomie am Taubenmarkt und an der Schaumburger Straße sogar »der größte Verlierer einer solchen Regelung«. In Bezug auf die Geschäfte fragte Miller: »Wieso läuft es im Haslacher Feld? Weil dort geparkt werden kann!«
Grünen-Stadtrat Dr. Patrick Nepper, aus dessen Feder der Antrag stammt, betonte: »Wir wollen das Beste für die Stadt rausholen.« So ein Antrag »muss ja noch nicht perfekt sein«, man sei jederzeit gesprächsbereit. Die Idee sei, »einen Raum zu schaffen, der Atmosphäre hat«. Auch das könne ein Argument dafür sein, dass Leute in die Stadt kommen.
Rudolf Obermaier befürchtete allerdings, dass dann die Kunden in seinen Bekleidungsgeschäften am Stadtplatz ausbleiben. »Je kleiner eine Stadt ist, desto näher wollen die Kunden an den Geschäften sein«, betonte er. »Das ist einfach so.«
Zweite Bürgermeisterin Burgi Mörtl-Körner (Grüne) sagte, dass in der Rathaus-Tiefgarage am Karl-Theodor-Platz fast immer ein Platz frei sei. Sie sprach sich für mehr Mut und einen Versuch aus. Das sah Oberbürgermeister Dr. Christian Hümmer anders. »Das ist nicht die Zeit für Versuche.« Bei vielen gehe derzeit die Angst um. »Wir müssen mit unseren Entscheidungen Vertrauen schaffen, nicht Verunsicherung«, betonte er. Und Thomas Miller ergänzte: »Wenn einer zu macht, dann haben wir Leerstand. Da kommt auch so schnell keiner mehr.«
»Mir fiele niemand ein, der dadurch einen Nutzen hätte«, sagte Philipp Frauendörfer von der Brauerei Schnitzlbaumer. »Kein Gastronom läuft derzeit auf Volllast. Die Gäste sind noch zurückhaltend.« Zunächst einmal müsste eine anständige Parkplatzsituation in Innenstadtnähe oberste Priorität haben, bevor so etwas umgesetzt werde, so Frauendörfer.
»In Haslach ist es belebter«
Luise Bauer vom gleichnamigen Bekleidungsladen am Taubenmarkt sagte, »wenn die Stadt erst mal ruhig ist, dann kommt auch keiner mehr. Dann können wir alle raus nach Haslach, da ist es belebter.«
Annemarie Gillitz vom Nähzentrum Pfaff befürchtete, dass eine solche Regelung für sie das Aus bedeuten würde. »Wenn meine Kunden die schweren Nähmaschinen nicht mit dem Auto bringen können, dann kommen sie nicht mehr.« Ähnlich sah das Raimund Fischer vom Musikhaus Fackler: »Wir müssen unbedingt erreichbar sein«, betonte er. Denn im hinteren Teil seines Ladens würden Hafen hergestellt. »Wir verkaufen 180 bis 200 Harfen im Jahr. Unsere Kunden kommen aus Österreich, Italien und der Schweiz.«
»Jeder hat gerade genug Probleme«
Durch so eine Idee würde das Image der Stadt leiden, fand Heinz Konarski vom Schmuckladen an der Ludwigstraße. Jeder habe aufgrund der Corona-Krise gerade genug Probleme, da brauche es so eine Neuerung nicht.
Konrad Baur, Fraktionsvorsitzender der CSU, verstand nicht, wie der Antrag der Grünen unter Wirtschaftsförderung laufen könne. Die Situation für die Gewerbetreibenden sei schwierig, auch wenn zu hoffen sei, dass es langsam aufwärts gehe. »Aber so klappt es nicht«, betonte er. Zunächst einmal müssten zentrumsnah zusätzliche Parkplätze geschaffen werden, danach könne über einen autofreien Stadtplatz gesprochen werden.
Grünen-Stadtrat Valentin Rausch begrüßte es, dass die Idee rege diskutiert werde. Auch er betonte – wie im Vorfeld Dr. Patrick Nepper – dass nichts in Stein gemeißelt sei. »Das könnte durchaus noch ergänzt werden«, sagte er. Sein Fraktionskollege Thomas Stadler betonte, »dass es uns wichtig ist, dass der Einzelhandel gut weiterleben kann«. Er sieht durch eine Verkehrsberuhigung ab 18 Uhr kein Problem, »denn dann sind die Geschäfte eh geschlossen«.
UW-Stadtrat Ernst Haider, der an der Bahnhofstraße das gleichnamige Modehaus hat, war nicht klar, wie das Ganze umgesetzt werden soll. »Dann ist ab 18 Uhr gesperrt. Aber was mache ich, wenn ich schon drin stehe?« Für ihn stehen hinter dem Antrag »noch viele Fragezeichen«. Kreiller-Geschäftsführer und IHK-Vorsitzender Nik Binder fand es »absolut fahrlässig, auf Kosten von Existenzen Versuche zu starten«, wie er sagte.
»Geschäfte leben nicht von den Traunsteinern«
»Traunsteiner Geschäfte leben nicht von den Traunsteinern«, betonte Oberbürgermeister Dr. Christian Hümmer. Zweidrittel des Umsatzes werde mit Leuten »von Außen« gemacht. »Wenn der Ruhpoldinger bei uns keinen Parkplatz findet, dann kommt er nicht mehr. Dann fährt er nach Rosenheim oder Salzburg.« Erst müssten in der Innenstadt neue Parkplätze geschaffen werden, »dann können wir uns über einen autofreien Stadtplatz unterhalten. Aber wir sollten das Pferd nicht von hinten aufzäumen«.
Ob der Antrag nun in den kommenden Ausschüssen und im Stadtrat behandelt wird, steht noch nicht fest. »Wir werden nun noch einmal intern darüber sprechen und dann entscheiden«, sagte Dr. Patrick Nepper auf Nachfrage des Traunsteiner Tagblatts. KR