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Umjubelte Solisten der Oper im Salzburger Landestheater (von links): Luke Sinclair (Lyonel), Nicole Lubinger (Martha), Mona Akinola (Nancy) und George Humphrey (Plumkett). (Foto: Tobias Witzgall/Salzburger Landestheater)

Martha, eine moderne Liebesgeschichte

Wie würde sich die Liebesgeschichte zwischen zwei Menschen aus unterschiedlichen Schichten – aus reichem Hause und vermeintlich aus der Arbeiterklasse – heute abspielen? Dies zeigte Christiane Lutz in ihrer Inszenierung der Oper »Martha« von Friedrich von Flotow gemeinsam mit der Dramaturgin Anna N.M. Lea auf der Bühne (Natascha Maraval) des Salzburger Landestheaters.


Die modernen Kostüme (Dorothee Joisten) wechselten je nach Situation. Trotz des märchenhaften Themas eines Ringes, der durch die Klarheit über die Herkunft des Fahrradmechanikers die Wende brachte, enthielt die Aufführung eine erstaunliche Aktualität nicht nur dadurch, dass Lady Harriet Durham – alias Martha – mit Laptop und Smartphone agierte, WhatsApp-Nachrichten erhielt oder Dating-Seiten konsultierte, sondern besonders durch die zeitlose Botschaft am Schluss »Zum Heile, zum Glücke das Dasein uns ruft«. Phantasievoll gewann Harriet ihren »Herrn, den Fahrradmechaniker Lyonel«, dem sie sich in einem Schabernack als Magd verdingt hatte, zurück, als sie erfuhr, dass er standesgemäß war.

Aufzug als Verbindung von Adel und Bürgertum

Der Untertitel der Oper »Der Markt zu Richmond« weist auf den Ort der Handlung hin. Dieser wurde in der Inszenierung zu einem Platz vor einem Fahrrad-Reparaturgeschäft. Nach Bedarf wurde diese Szenerie durch die Drehbühne zum Zimmer von Harriet verwandelt, von dem aus ein Aufzug nach draußen führte. Dessen Bewegung nach unten wurde in einer Videoproduktion (Tobias Witzgall) gezeigt. Sie stellte quasi die Verbindung zwischen Adel und Bürgertum, bzw. eines Lebens voller Reichtum und Langeweile mit dem Trubel des Marktplatzes dar, wo viele »Mägde« beim »Job Center« Arbeit suchten.

Die musikalische Leitung hatte der Dirigent Tobias Meichsner mit dem Mozarteumorchester inne. Der Chor des Salzburger Landestheaters glänzte sowohl schauspielerisch als auch musikalisch (»Ich kann nähen«). Einige Solosänger und -sängerinnen sind Opernchormitglieder, wie zum Beispiel Michael Schober (Der Richter zu Richmond), Electra Lochhead, Connor Locke, Kay Heles (drei Arbeitssuchende) oder Emmanouil Marinakis, Zeljko Zaplati, Grégoire Fedorenko (Diener der Lady) wie auch Latchezar Spasov und Vesselin Hristov (zwei Pächter).

Hinreißende Arie »Letzte Rose«

Mona Akinola (eine herausragende Nancy/Julia) ist ebenfalls Opernchormitglied, ihre Rolle war jedoch die umfangreichste und sie gab eine großartige Solistin. Überwältigend waren die Darbietungen der Ensemblemitglieder des Landestheaters, die mit ihren Solopartien voller Koloraturen ebenso wie im Terzett oder Quartett mit stimmakrobatischer Aussprache glänzten. George Humphrey (Plumkett) und Lord Tristan (Daniele Macciantelli) als Vertreter der beiden Schichten beeindruckten ebenso wie Nicole Lubinger als Lady Harriet, die hinreißend die Arie »Letzte Rose« sang, deren Melodie auf einer irischen Volksweise beruht, und die wie ein roter Faden durch die Oper führt, beginnend in der Ouvertüre und in verschiedenen Variationen bis in den vierten Akt.

Tiefgreifend und ausdrucksstark waren die Tenorarien von Lyonel (Luke Sinclair) »Ach so fromm« und »Mag der Himmel euch vergeben« voller Emotion und Dramatik. Was zunächst wie Tragik aussah, löste sich in Wohlgefallen und erfüllter Liebe auf. Jubel und Bravos nach allen Arien. Brigitte Janoschka

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