Segeln, das ist die Leidenschaft von Tina Lutz. Seit zehn Jahren betreibt sie es leistungsmäßig. „Nach so langer Zeit hatten wir uns schon Gedanken über das künftige Leben gemacht. Wir verdienen ja leider durch unseren Sport nichts und stecken alle unsere Einnahmen direkt wieder ins Segeln“, erklärt Tina Lutz. Segeln ist ein sehr kostenintensiver Sport. Zudem hat sich die finanzielle Situation dramatisch verschlechtert. Audi und SAP haben sich als Sponsoren der Nationalmannschaft und aus dem olympischen Segelsport zurückgezogen. Damit haben Lutz-Beuke ihre Haupteinnahmequellen verloren. Tina Lutz will sich deswegen ein berufliches Standbein aufbauen. Sie hat an der FHAM Ismaning ihren Master in Wirtschaftspsychologie begonnen. Gerade hat sie ihre Bachelor-Arbeit beendet. Diese Arbeit hat sie im letzten halben Jahr bei der Sportalm in Kitzbühel schreiben dürfen, einem ehemaligen Sponsor. „Ich konnte da in ein erfolgreiches Familienunternehmen schnuppern. Wenn ich da später einmal arbeiten könnte, wäre das ein Traum. Es ist ein sehr sympathischer Unternehmen.“
Fitness dank Biathlontrainer verbessert
Jetzt aber steht der Sport zunächst im Vordergrund. Kommender Monat ist die Kieler Woche, da sind sie Titelverteidiger in der 49erFX-Klasse. Gleich danach die Europameisterschaft ebenfalls in Kiel. Im August folgt der Saisonhöhepunkt mit der Weltmeisterschaft in Porto. Den ganzen Sommer über wird Lutz am Olympiastützpunkt in Kiel unter dem neuen Bundestrainer Dave Evans trainieren. Die Fitness für die kommenden Aufgaben hat sie sich in den vergangenen Monaten im Chiemgau geholt. Nachdem ihr bisheriger Coach, Biathlontrainer Wolfgang Pichler mit seinen Schweden sehr stark eingebunden ist, hat sein Co-Trainer Johannes Lukas das Fitness-Training übernommen. Diese Zusammenarbeit mit den Biathleten hat sich gelohnt. „So fit bin ich noch nie gewesen. Eine Segelregatta hat uns nicht mehr aus der Puste gebracht.“ Durch Johannes Lukas werden die bereits vorhandenen Stärken noch ausgebaut. Immerhin gilt das Segeln in der 49erFX-Klasse als sehr anspruchsvoll. Nicht umsonst gilt diese Bootsklasse als die Formel 1 im Segelsport. Bis zu 50km/h erreichen die Boote. Durch den spitzen Rumpf ist das alles eine sehr wackelige Angelegenheit. „Wenn du das Boot etwa in ein windstilles Schwimmbecken stellst, würde es umfallen“, erklärt Tina. Das heißt, die Stabilität kommt durch die Geschwindigkeit. Eine Regatta zu gewinnen ist daher sehr schwer. Weniger Fehler als die anderen machen, ist eines der Erfolgsgeheimnisse. Während einer Wettfahrt müssen eine Vielzahl von taktischen und strategischen Entscheidungen gefällt werden. Zum Beispiel die Suche nach dem Kurs zum Ziel der am schnellsten zu bewältigen ist. „Deshalb versuche ich das Wolken- und Wellenbild zu lesen. Am Wasser kann ich erkennen, wo mehr Wind ist und an den Wolken lässt sich oft erkennen, woher die nächste Windböe kommt.“ Daher ist eine gute Bootsgeschwindigkeit wichtig.
Bei Fotoshooting am Chiemsee ins Wasser gefallen
Als Steuerfrau hat Tina Lutz das Sagen und wenn es hart auf hart kommt, auch das letzte Wort. Der Matchplan wird gemeinsam an Land gemacht. „Diskussionen an Bord sind Killer“, weiß die erfahrene Sportlerin die es bereits als 14-jährige zum Weltmeistertitel gebracht hat. Eine Regatta dauert üblicherweise sechs Tage mit drei bis vier Wettfahrten am Tag. Wer da nicht fit ist, hat schon verloren. Die Spreu vom Weizen trennt sich meistens am Ende einer Regatta. Mit ihrer Partnerin Susann Beuke verbindet Tina Lutz eine tiefe Freundschaft. „Für eine Ehe wären wir bestens geeignet“, lacht die Sportlerin. Sprachlich haben die Chiemgauerin und die Hannoveranerin auch keine Probleme. Doch in ihrem Wesen sind sie grundverschieden. Die blonde Bayerin gilt als lebhaft, die brünette Norddeutsche kann immer einen kühlen Kopf bewahren. Privat liebäugelt Tina Lutz mit einer Karriere als Model für Sportartikel. Deswegen ist ihr ein Fotoshooting auf dem Chiemsee mit Ernst Wukits gerade recht gekommen. Im Abendkleid hat der „Wuki“ die beiden Seglerinnen auf das Bayrische Meer geschickt. „Das war der Hammer und gar nicht so leicht in Abendkleidern zu Segeln und auch noch einen entspannten Gesichtsausdruck abzuliefern. Da hat uns der Wuki ganz schön gefordert. Die Susann ist sogar gekentert und ordentlich nass geworden“, meint sie schmunzelnd. In Zukunft aber wollen Lutz-Beuke nur noch die Konkurrenz nass machen.
Text: Siegi Huber
Bilder Ernst Wukits