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39-Jähriger griff Freundin an: Messer steckte noch im Rücken

Eine Polizeistreife fand eine Frau auf deren Notruf hin schwer verletzt in einer Wohnung in Bruckmühl. Ein langes Küchenmesser steckte in ihrem Rücken. Der Täter war flüchtig. Das Schwurgericht Traunstein mit Vorsitzendem Richter Volker Ziegler verurteilte den Lebensgefährten des Opfers, einen 39-jährigen Kroaten, wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und neun Monaten.


Außerdem ordnete das Gericht die Unterbringung zum Alkoholentzug in einer Fachklinik an. Im Urteil fasste Ziegler die Tat zusammen: »Trotz seiner Vorstrafen hat der Angeklagte ein weiteres Mal in den Tag hineingelebt, Alkohol getrunken und die Kontrolle verloren.«

Staatsanwalt Wolfgang Fiedler zufolge war das Paar am 6. September 2024 kurz vor 1 Uhr nachts in der Wohnung der Frau in einem Mehrfamilienhaus in einen heftigen Streit geraten, bei dem der 39-Jährige eine Flasche und Essensreste nach der Geschädigten warf. Sie flüchtete aus der Wohnung im ersten Stock. Der Freund folgte ihr und stach ihr mit einem Küchenmesser mit einer 20 Zentimeter langen Klinge in den Rücken. Die Schwerverletzte »krabbelte«, wie sie vor Gericht schilderte, auf allen vieren zurück in ihre Wohnung und wählte den Notruf. Das Messer blieb im Körper stecken. Obwohl der 39-Jährige die lebensbedrohliche Lage seiner Freundin erkannt haben soll, verschwand er mit dem Fahrrad – ohne für Hilfe zu sorgen. Der Staatsanwalt ging in der Anklage von »Tötungsabsicht« aus.

Die Ärzte im Klinikum stellten bei der 38-Jährigen eine knapp fünf Zentimeter lange und mindestens acht Zentimeter tiefe Wunde fest, in die bereits Luft eingedrungen war. Eine Operation gegen 2 Uhr nachts verlief erfolgreich. Die Frau überlebte und ist inzwischen wieder beschwerdefrei.

Eine Polizeibeamtin, die als Erste am Tatort eingetroffen war, berichtete von einer anfangs »unübersichtlichen Lage«. Ihr Kollege und sie hätten leise Hilferufe aus dem ersten Stock gehört. Nachdem die Beamten die Tür eingetreten hatten, fanden sie die Frau in Bauchlage auf einer Matratze am Boden – samt dem Messer im Rücken. Die Polizeizeugin erinnerte sich an Unordnung in der Wohnung und »Essensreste an den Wänden«. Der Kroate konnte eine Stunde später widerstandslos in seiner Wohnung festgenommen werden. Die Staatsanwaltschaft beantragte einen Haftbefehl. Seither saß der 39-Jährige in Untersuchungshaft.

Angeklagter hatte viel Alkohol getrunken

Die Kripo Rosenheim wurde in den Fall eingeschaltet. Angeblich aus »Angst« sagte die 38-Jährige – wie bei dem Notruf – bei der ersten Vernehmung im Krankenhaus erneut nicht, dass der Angeklagte auf sie eingestochen hatte – was sie aber später korrigierte. Offenbar hatte das Paar, das sich seit fünf Jahren kannte, unter Einfluss von Alkohol häufig Streitereien, die auch handgreiflich wurden. Einige Male musste die Polizei anrücken.

Nach Worten der Geschädigten hatten die Beiden damals unter tags Alkohol getrunken. Nach dem gemeinsamen Einkaufen kehrte sie allein in ihre Wohnung zurück, während er mit Freunden an einer Tankstelle weiter Alkohol konsumierte. Irgendwann lag er am Boden unten vor dem Mehrparteienhaus. Die 38-Jährige hoffte, er würde in seiner eigenen Wohnung schlafen. Letztlich half sie ihm mit Freunden auf die Beine und nahm ihn doch mit in ihre Wohnung. »Dort ist er ausgerastet«, so die Zeugin. Die 38-Jährige bestätigte bei ihrer Zeugenaussage, sie habe das Messer in seiner Hand gesehen und fliehen wollen. Nach dem Stich in den Rücken habe sie nur noch »krabbeln«, nicht mehr stehen oder gehen können. Die Wunde sei inzwischen problemlos verheilt. Der Sachverständige Dr. Helmut Pankraz vom Rechtsmedizinischen Institut an der Uni München stufte die Verletzung als »potenziell«, aber nicht »konkret lebensgefährlich« ein.

Eingangs des Prozesses hatte der 39-Jährige von wenigen bruchstückhaften Erinnerungen gesprochen. An der Tankstelle habe er Bier, Jägermeister und Wodka getrunken. Von dem Messerstich wisse er gar nichts mehr. Sollte er seine Freundin verletzt haben, so tue ihm das leid. Ihm sei klar, dass er sein Leben ändern müsse. Im Gefängnis habe er bereits mit Therapiegesprächen begonnen, beteuerte der Angeklagte. Zur Behandlung seiner Alkoholsucht, auf die seine meisten Vorstrafen wegen Gewaltdelikten zurückgehen, empfahl der psychiatrische Gutachter, Prof. Dr. Michael Soyka aus München, eine Unterbringung zum Entzug in einem Bezirksklinikum. Alle Voraussetzungen seien erfüllt.

Staatsanwalt Wolfgang Fiedler rückte im Plädoyer auf fünf Jahre Freiheitsstrafe und Unterbringung zum Entzug vom ursprünglichen Vorwurf eines »versuchten Totschlags« ab und sah in der Tat »nur« eine gefährliche Körperverletzung. Der Grund: Eine Tötungsabsicht sei nicht nachzuweisen, ein Rücktritt von einem Tötungsversuch nicht auszuschließen. Verteidiger Prof. Dr. Florian Eder aus Freilassing bewertete den Stich als vorsätzliche Körperverletzung in einem minderschweren Fall. Dreieinhalb Jahre Haft seien ausreichend, die Unterbringung anzuordnen. kd

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