Kohnen sprach sich für das »Wiener Modell« aus. Dabei sicherten sich Kommunen Boden, um ihn als günstigen Wohnraum anbieten zu können. Ein Modell, das auch in Bayern Schule machen könnte, wie sie betonte.
Die SPD im Kreis sei seit Jahrzehnten Verfechter einer durch die Kommunen gestützten Wohnraumpolitik, sagte SPD-Kreisvorsitzender Sepp Parzinger. Nicht nur, dass man sich mit der Kreistagsfraktion erfolgreich für den Erhalt der kreiseigenen Wohnbaugesellschaft eingesetzt habe.
Mit der Initiative »Chiemgau – aber bezahlbar!« habe man nun einen Motor für die Sache »bezahlbarer Wohnraum« aktiviert, der auch im Landkreis Traunstein günstigen Wohnraum generieren soll, bekräftigte der Sprecher der Initiative, Tobias Gasteiger. Bedarfserhebungen hätten gezeigt, dass enorm viel Potenzial im Bestand an Wohnungen und Gebäuden stecke, das genutzt werden müsse. Günstiger kommunaler Wohnraum dürfe nicht mehr »verschleudert« werden, wie dies mit den GBW (Gemeinnützigen Bayerische Wohnbaugesellschaft)-Wohnungen gemacht worden sei, so Parzinger.
Mittlerweile habe die neue Bundesregierung 800.000 Wohnungen genehmigt, die nur noch gebaut werden müssten, betonte die heimische SPD-Bundestagsabgeordnete und parlamentarische Staatssekretärin für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Dr. Bärbel Kofler. Aber der Bund alleine werde die Situation nicht verbessern können. Auch das Land Bayern und die Kommunen müssten ihren Beitrag leisten, damit auf allen Ebenen »bezahlbarer Wohnraum geschaffen werden kann«, so Kofler.
Wie dies auf Landesebene aussehen könnte, beleuchtete Natascha Kohnen. Sie ging auf das »Wiener Modell« ein. Die SPÖ geführte österreichische Hauptstadt habe sich Boden gesichert, um ihn vor Spekulanten zu schützen. Heute schaffe sie damit bezahlbaren Wohnraum in der gesamten Stadt. Über 44.000 Wohnungen seien erst kürzlich neu entstanden, die von vielen Wiener zu »vernünftigen« Preisen bezogen werden können. In Bayern sei zwar schon vieles an Boden veräußert worden, der nun für solche Vorhaben abgehe, aber man verfüge noch über Potenzial, das genutzt werden könne, so Natascha Kohnen. Zuallererst gehöre der immer noch immense Leerstand an Wohnungen genutzt, betonte sie. Außerdem müsste die Bodenpolitik reformiert werden. Kommunen müssten wieder die Möglichkeit bekommen, Boden für bezahlbaren Wohnraum zu bevorraten. Auch über das Erbbaurecht könnten Kommunen Wohnraum in ihrer Hand behalten und so für bezahlbare Mieten sorgen. Und drittens müsse der Mieter geschützt werden.
In der anschließenden Diskussion wurde von den Zuhörer gefragt, wie sich diese Modelle im Landkreis abbilden ließen und wo hier die Grenzen in der Realisierung seien. Gefordert wurde vor allem ein generationenübergreifendes Konzept. Jung und Alt müssten zusammen wohnen können. Dadurch würden sich Synergien ergeben und Wohneigentum würde nicht mehr so schnell leer stehen.
Einen weiteren Hebel sahen die Zuhörer in der Zweitwohnungssteuer. Gerade im touristisch orientierten Süden des Landkreises stünden diese Häuser die meiste Zeit des Jahres leer, weil man meist nur zum Urlaub hier verweile. Unbedingt auch für Kommunen mit weniger als 50.000 Einwohnern wünschte man sich verpflichtend einen Mietenspiegel. Erste Schritte seien auf alle Fälle möglich, resümierte Sepp Parzinger, man müsse sie nur angehen.
sts