Traunreut: Keine Schulden, aber deutlich schrumpfende Rücklagen
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Die laufende Sanierung des Franz-Haberlander-Freibads wird sich auch im Haushalt 2020 finanziell auswirken. Die Stadt investiert hier mehrere Millionen Euro. (Foto: Rasch)

Keine Schulden, aber deutlich schrumpfende Rücklagen

Traunreut – Gegen die Stimmen der Grünen hat der Traunreuter Stadtrat den Haushalt 2020 sowie den Finanz- und Investitionsplan abgesegnet. Der Stellenplan sowie der Wirtschaftsplan der Stadtwerke wurden einstimmig genehmigt. Der Gesamthaushalt der Stadt weist ein Volumen von über 72 Millionen Euro auf und liegt damit auf dem Niveau des laufenden Haushaltsjahrs. 57,9 Millionen Euro wurden im Verwaltungshaushalt veranschlagt und 24,8 Millionen Euro im Vermögenshaushalt.


Wie berichtet, kann sowohl der Verwaltungs- als auch der Vermögenshaushalt nur durch eine Rücklagenentnahme ausgeglichen werden. Um den Verwaltungshaushalt auszugleichen, müssen über zwölf Millionen Euro entnommen werden und für die Finanzierung des Vermögenshaushalts weitere 1,6 Millionen Euro. Damit schrumpfen die Rücklagen zum 31. Dezember 2020 auf 1,6 Millionen Euro.

Dass die größte Stadt im Landkreis Traunstein ihr Erspartes antasten muss, ist den sinkenden Gewerbesteuereinnahmen geschuldet. 2018 lag das Gesamtsteueraufkommen noch bei 46 Millionen Euro und im laufenden Haushalt rechnet die Kämmerei mit 29 Millionen Euro. Für 2020 wurden 26,7 Millionen Euro prognostiziert. Sollte sich das Gewerbesteueraufkommen in 2020 weiter verringern, müssten laut Kämmerei die geplanten Investitionen in Höhe von 12,7 Millionen Euro im Rahmen eines Nachtragshaushalts überdacht werden.

Aufgrund der finanzstarken Vorjahre sind im kommenden Haushaltsjahr keine Schlüsselzuweisungen zu erwarten. In den Planjahren 2021  bis  2023 wird die Stadt aufgrund einer geringeren Finanzkraft der Vorjahre aber voraussichtlich Schlüsselzuweisungen erhalten.

Bei der Berechnung der Kreisumlage ist die Kämmerei vom bisherigen Hebesatz von 49,5 Punkten ausgegangen. So wird die Stadt Traunreut im Finanzjahr 2020 an den Landkreis Traunstein 18,5 Millionen Euro abführen müssen. Dieser Betrag beinhaltet neben der Kreisumlage auch die Gewerbesteuerumlage.

Bei den Personalausgaben wurden auch schon die Mitarbeiter der neuen Kindertagesstätte »Schneckenhaus« berücksichtigt. Die Tagesstätte an der Kolpingstraße soll im Januar in Betrieb gehen. Laut den Berechnungen liegen die Personalausgaben 2020 bei über 15 Millionen Euro. Dies bedeutet eine Erhöhung von 5,5 Prozent gegenüber dem laufenden Haushaltsjahr.

Da voraussichtlich auch in den Jahren 2021 und 2022 Rücklagenentnahmen erforderlich sind, werden diese im Planjahr 2022 erschöpft sein. Deshalb müssen nach den Berechnungen der Kämmerei zur Finanzierung von Ausgaben des Vermögenshaushalts Kredite in Höhe von 4,2 Millionen Euro aufgenommen werden. Sollte sich die Haushaltslage bis dahin nicht wesentlich verbessern, sind zum Haushaltsausgleich auch 2023 weitere Kredite in Höhe von zwei Millionen notwendig.

Das sagen die Fraktionen

Aufgrund der sinkenden Konjunktur müssten die Zukunftsprojekte auf ihre Notwendigkeit geprüft werden, sagte zweiter Bürgermeister Hans-Peter Dangschat (CSU). »Auch die Personalkostenentwicklung müssen wir im Blick halten«, betonte Dangschat. Bei dem geplanten Bücherei/VHS-Neubau müssen wir »Gas geben« und die CSU plädiere trotz hoher Kosten bei der Umsetzung des Muna-Parks für einen Kreisverkehr. Schnell reagiert werden sollte auch bei der Bereitstellung von Gewerbe- und Wohnbauflächen. Die letzte Ausweisung von Bauland liege mittlerweile fünf Jahre zurück, so Dangschat.

Zur »Wachsamkeit« rief Konrad Unterstein von den Freien Wählern auf. »Wir müssen Maßnahmen vorsichtiger gestalten und sollten großen Wünschen keinen Raum geben«, so Unterstein. Trotz Projekten, wie dem Neubau der Grundschule Nord, einer neuen Kindertagesstätte, Straßensanierungen oder der Sanierung des Freibads, werde die Stadt 2020 noch schuldenfrei bleiben, resümierte Unterstein.

Was die Zukunftsaussichten betrifft, sind die Freien Wähler optimistisch: »Wir haben keine Angst vor der Zukunft.« Angesichts der schwindenden Rücklagen stellt sich für die Bürgerliste die Frage: »Entweder ich schiebe oder ich mache Schulden?« Nach Auffassung des Bürgerlistenchefs Sepp Winkler, sollten für wichtige Maßnahmen wie Bücherei/VHS angesichts der laufend steigenden Baupreise lieber Darlehen aufgenommen werden. Um die Preise im Griff zu halten, sollte künftig auch den Architekten und Planern besser auf die Finger geschaut werden, forderte Winkler.

Weiterhin sinnvoll zum Wohle der Bürger zu investieren, aber gleichzeitig den Haushalt genauer anzuschauen, lautet die Devise der SPD. »Einen teuren Ausbau der Frühlinger-Spitz-Straße lehnen wir ab«, sagte Christian Stoib. Zu begrüßen sei, dass öffentliche Einrichtungen weiterhin in den Händen der Stadt verblieben und die Bücherei/VHS endlich geplant werden könnte. Dass der Stadtrat die Forderung der SPD, den dringend benötigten, bezahlbaren Wohnraum durch staatliche Fördermittel zu fördern, abgelehnt habe, sei äußert bedauerlich. »Wir brauchen dringend bezahlbare Wohnungen.«

Der Fraktionsvorsitzende von Bündnis90/Die Grünen, Martin Czepan, bedauerte, dass im Gegensatz zu früheren Jahren keine Beratungen zum Haushalt mehr stattfinden. In wirtschaftlich schwierigen Zeiten sei es geboten, den Haushalt auf den Prüfstand zu stellen, forderte Czepan. Die Grünen, die als einzige den Haushalt und Investitionsplan ablehnten, vermissen vor allem, dass bei Projekten ihre Kernthemen wie der Klima- und Artenschutz zu wenig Beachtung finden. ga

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