Auf der Bühne in der Theaterstrickerei steht ein Bett mit bunter Bettdecke, vor dem Bett ein Sofa, an den Wänden hängen farbenfrohe abstrakte Gemälde. Alles wirkt ganz normal: Das Appartement einer jungen Frau – Elena (Bühnenbild und Kostüm: Sehr geschmackvoll von Maja Rumswinkel), die im Begriff ist, die letzten Vorbereitungen für den Besuch der Freundin Amanda abzuschließen.
Aber irgendwas ist seltsam. Die Gastgeberin wirkt in sich versunken, innerlich leer und abwesend. Als die quirlige Amanda eintritt, stellt diese mit großer Verwunderung fest, dass Elenas Appartement, ganz im Gegensatz zu sonst, aufgeräumt und ordentlich ist. Elena ist seltsam still. Auf die Fragen der beunruhigten Amanda gibt sie keine Antwort. Je mehr die überspannt wirkende Amanda insistiert und die Stimmung hochkocht, desto mehr windet sich Elena.
Hartnäckig wirkt Amanda auf die Freundin ein, bis diese endlich mit der Wahrheit rausrückt: Sie sei beruflich und privat gescheitert. Ihr Geschäft müsse sie schließen und ihr Freund Jakob habe sie verlassen. »Irgendwie wird es schon weitergehen«, versucht Amanda die resignierte Freundin aufzubauen. Als Elena verzweifelt ausruft »Ich will aber nicht, dass es irgendwie weitergeht. Wenn es nicht gut weitergeht, dann lieber gar nicht«, stellt sich heraus, dass die Freundin offenbar den Entschluss gefasst hat, aus dem Leben zu scheiden. Umbringen wolle sie sich nicht, sie beabsichtige, Kraft ihres Geistes ihr Herz zum Stillstand zu bringen.
Zwischen den Freundinnen entflammt eine leidenschaftliche Grundsatzdiskussion über Freundschaft, Glück, Männer, das Leben. »Wann weiß man, dass eine Entscheidung im Leben falsch war?«, will Amanda wissen. »Man weiß es, wenn man unglücklich ist«, bricht es aus Elena heraus. Als letzten Freundschaftsdienst bietet die inzwischen skeptisch gewordene Amanda ihrer Freundin an, sie beim »Sterben zu begleiten«.
Zwei Tage lang probiert Elena, hinüberzugleiten. Ohne Erfolg. Amanda macht sich längst keine Sorgen mehr. Sie glaubt den Grund für Elenas absonderliches Verhalten herausgefunden zu haben und dreht den Spieß aufs Kreativste um. Der bemitleidenswerten Elena wird eine Lügengeschichte nach der nächsten serviert: Kaum zu toppen sind die Ideen Amandas, deren allergrößtes Talent darin liegt, Pläne zu erstellen.
Hier kommt das Publikum aus dem Staunen und Lachen nicht mehr heraus. Bis zuletzt fragt sich der Zuschauer, was nun Wahrheit ist und was Lüge. Der Wandlungsfähigkeit der jungen Emily Schmeller – sprachlich und beim Körperausdruck – sind keine Grenzen gesetzt. Mit überschäumendem Temperament läuft sie zur Hochform auf und erntet mit der irritierten Elena einen Lacher nach dem nächsten.
Die angeblich lebensmüde Freundin gerät außer sich, vor allem als Amanda sich als transsexuell outet und eine prall gefüllte Dose Schlaftabletten zückt: »Lass es uns zusammen tun. Aber richtig.« Auch die angebliche Affäre mit Elenas Freund könne sie ja nun beichten, ihr Gewissen erleichtern, ihre Freundschaft »aufräumen«. Und genau das passiert schließlich: Die jungen Damen räumen ihre Freundschaft auf, sprechen sich aus, räumen festgefahrene Missverständnisse aus und werfen ihre Lügengeschichten über Bord.
Susanne Feiners Komödie ist aus dem Leben gegriffen und macht vom ersten Moment an gute Laune. In Bergers grandioser Inszenierung kommt die Geschichte frisch und farbenfroh daher, ist immer spannend und authentisch. Die beiden Schauspielerinnen überzeugen voll und ganz in ihren Rollen, glänzen mit ausgelassener Spielfreude und lassen in keinem Moment die Bande zum Publikum abreißen.
Das Premierenpublikum spendete lang anhaltenden, stürmischen Applaus für einen vergnüglichen, niveauvollen Theaterabend. Welche Pläne Frauen genau brauchen, und was nun genau Wahrheit oder Lüge ist, kann man sich noch am 9., 10., 11. und 12. März jeweils um 20 Uhr in der Theaterstrickerei Grabenstätt anschauen. Kirsten Benekam