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Die Eishöhle im Untersberg: eine Naturattraktion

Marktschellenberg – Seit nunmehr 100 Jahren zieht die Schellenberger Eishöhle Besucher wie Forscher in ihren Bann. Wie aber kam es dazu, dass die Höhle im Untersberg zu der Naturattraktion wurde, die sie heute ist? Das soll anlässlich des 100-jährigen Jubiläums beleuchtet werden.


Neun mutige, beherzte und mit großem Idealismus beseelte Marktschellenberger Bergfreunde spielten mit dem Gedanken, die Schellenberger Eishöhle im Untersberg, das sogenannte »Schellenberger Eisloch«, näher zu erforschen: Thomas Eder, Toni Lenz, Franz Lenz, Fritz Glück, Georg Deml, Max Gadringer, Bruno Malter, Willy Zuhra und Franz Schallinger. Letzterer war damals ein 13-jähriger Schulbub, der in puncto Klettern als besonders waghalsiges Bürschchen galt. Die neun Idealisten gehörten 1924 zu den Gründungsmitgliedern des Skiclubs Schellenberg, aus dem der heutige Eishöhlenverein hervorging. Eigentlich war die Vereinigung der Höhlenforscher Unterabteilung des Skiclubs, 1925 aber löste sich die Vereinigung von diesem und firmierte als eigener Verein.

Die Marktschellenberger Höhlenforscher befuhren bereits 1924 von September bis November jedes Wochenende das »Eisloch«. Als »Eisloch« war die Höhle damals in der bayerischen Generalstabskarte von 1826 und in der Keil'schen Karte vom Untersberg aus dem Jahr 1863 eingezeichnet. Sie drangen dabei immer weiter in das Innere des Berges vor. »Oft schlug dem einen oder anderen das Herz höher, wenn Neuland betreten wurde, denn ganz konnte ein mancher von ihnen ein leichtes Gruseln doch nicht überwinden«, berichtete der damalige Schulbub Franz Schallinger von den Ausflügen. Kaum hatten die Höhlenforscher aber die gesamte unterirdische Märchenwelt im Untersberg näher betrachtet, ließ sie die Faszination nicht mehr los. Von der Schönheit dieser teilweise so fragilen Eiswelt fasziniert und beinahe verzaubert, beschlossen sie, diese Herrlichkeit der Allgemeinheit zugänglich zu machen.

Diese Aufgabe war damals allerdings sehr undankbar, denn zu Beginn gab es enorme Widerstände gegen das Vorhaben: Die Beschaffung der erforderlichen Geldmittel gestaltete sich schwierig, einzelne Behörden zeigten eine ablehnende Haltung und es gab Probleme mit der Erschließung. Es war noch der Skiclub Schellenberg, dem die Bayerische Regierung schließlich im April 1925 die Erlaubnis erteilte, die Schellenberger Eishöhle zu erforschen und einem geordneten Touristenverkehr zugänglich zu machen. Diese übertrug er kurze Zeit später an die damalige Unterabteilung, die Vereinigung der Höhlenforscher.

Nachdem das zuständige Forstamt in Bischofswiesen dann noch einen Fußweg und eine kleine Materialhütte in der Nähe des Höhleneinganges genehmigt hatte, konnte sich der Zusammenschluss voll und ganz seiner eigentlichen Bestimmung zuwenden: der Höhlenforschung. In kurzer Zeit schufen die Höhlenforscher mit zähem Fleiß und eisernem Willen die Voraussetzungen, die Schellenberger Eishöhle für den Touristenverkehr zu öffnen. Ab dem 5. Juli 1925 war sie zugänglich und am 2. August 1925 erfolgte die offizielle Einweihung. Die »Linzer Tagespost« schrieb damals über die Schellenberger Attraktion: »Sie ist die größte und schönste erschlossene Eishöhle Deutschlands und weist in ihren Hallen und Gängen prächtige Eisgrotten und Eisfälle auf. Überwältigend ist der Anblick der 15 Meter hohen Eisgrotte im Mörkdom. Der Besucher ist völlig im Bann der unterirdischen Pracht.«

Diese Aussage hat auch heute, 100 Jahre später, noch immer ihre volle Gültigkeit.

100 Jahre Vereinfür Höhlenkunde

Die Wiege des Vereins für Höhlenkunde Schellenberg liegt beim SC Schellenberg, war doch die damalige Vereinigung der Höhlenforscher Unterabteilung des Skiclubs. Für die Einrichtung und den Erhalt des Schauhöhlenbetriebs aber sollte ein eigener dafür verantwortlicher Verein gegründet werden, diese Meinung vertraten die Höhlenforscher. Der damalige Vorsitzende der Vereinigung, Thomas Eder, gliederte die Unterabteilung aus dem SC Schellenberg aus und rief mit seinen Getreuen den eigenständigen Verein ins Leben. 1930 wurde der Name des Vereins geändert: Ins Vereinsregister wurde der Name »Verein für Höhlenkunde Schellenberg e.V.« eingetragen. Thomas Eder sen. war von 1925 bis 1940 der Vorsitzendende. Nun, im Jubiläumsjahr, bekleidet diesen Posten Helfried Unterberger.

90 JahreThomas-Eder-Steig

Bis zur Erschließung der Schellenberger Eishöhle im Jahr 1925 gab es nur Zugangswege und Steige, die östlich des Untersberg-Massivs verliefen. Diese Wege und Pfade zum Besuch der Eishöhle genügten aber nicht mehr den Anforderungen der Schellenberger Höhlenforscher. Vom Plateau des Untersbergs gab es, abgesehen von verschiedenen Kletterrouten, keine direkte Zugangsmöglichkeit zur Eishöhle. Der Vorsitzende Thomas Eder, ein vielseitiger Mann mit allerlei Talenten, sah die Möglichkeit, mit einer Verbindung zum Plateau den Untersberg für das Berchtesgadener- und Salzburger Land zu erschließen. Nachdem der Plan, durch die Schellenberger Eishöhle zur Hochfläche des Untersbergs vorzudringen, fallengelassen wurde, hatte er die kühne Idee, entlang und innerhalb der Ostwand zur Mittagsscharte vorzustoßen. Der Verein entschloss sich, den Weg durch die Ostwand in Angriff zu nehmen. Der damals größte Alpine Steig mit einer Länge von 320 Metern und einem Höhenunterschied von 130 Metern, der in seiner Wegführung so angelegt ist, dass Steinschläge nahezu ausgeschlossen sind, wurde in zwei Bauabschnitten, vom 15. Mai bis 1. Oktober 1934 und vom 17. Juni bis 1. Oktober 1935, fertiggestellt. Erstaunlich dabei ist, dass er vom Anfang bis zum Ende die für damalige Zeiten ungewöhnliche Breite von 1,80 Metern und 2 Metern Höhe beibehält. Der herrliche Felssteig trägt dem ersten Vereinsvorsitzenden zu Ehren seinen Namen: Thomas-Eder-Steig.

Jubiläumsfeierim kleinen Kreis

Der heutige Vereinsvorsitzende, Helfried Unterberger, appelliert zum Jubiläum: »Es sind bewegte 100 Jahre seit der Gründung vergangen. Die vielen Herausforderungen wurden mit viel Herzblut und Enthusiasmus von unseren Vereinsmitgliedern bewältigt. Wir sind bemüht, unseren Verein im Sinne unserer Gründerväter weiterzuführen. Es sollen auch kommende Generationen die Schellenberger Eishöhle, dieses einzigartige Naturdenkmal in den Berchtesgadener Alpen, besuchen können.« Das Jubiläum feiert der Verein im kleinen Kreis mit geladenen Gästen. fb/li