Richard Mergner, Bund Naturschutz Bayern
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So trat Richard Mergner gerne in Aktion: Wo immer in Bayern für den Erhalt von Natur und Umwelt gekämpft werden musste, war der Franke nicht fern. (Archivbild) Foto: Tobias Hase/DPA
Volksbegehren Artenvielfalt
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Das erfolgreiche Volksbegehren «Rettet die Bienen» war zweifelsohne einer der größten Erfolge im politischen Leben von Richard Mergner. (Archivbild) Foto: Toni Mader/DPA
Aktionsort Staatskanzlei auf dem Tollwood
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Miteinander sprechen, bei allen inhaltlichen Differenzen, das war für Mergner entscheidend für seine Arbeit beim Bund Naturschutz - auch mit Ministerpräsident Markus Söder (CSU) pflegte er Kontakt. (Archivbild) Foto: Sven Hoppe/DPA

Warum die Ära von Bayerns Naturschützer Mergner endet

Fürth (dpa/lby) - Wo immer es um Natur- und Klimaschutz geht, ist Richard Mergner nicht weit. Doch der Chef von Bayerns größtem Umweltschutzverband muss sich nun erstmal um sich selbst kümmern.


Auf der Straße dürften Richard Mergner wohl nur wenige Menschen erkennen. Mit seiner Nickelbrille, Jeans, Sakko, Schnauzbart und seiner Umhängetasche bevorzugte er ein unauffälliges Auftreten. Und doch war und ist der 64-Jährige einer der einflussreichsten Umweltschützer in Bayern. Mit seiner Beharrlichkeit haben Mergner und sein Bund Naturschutz (BN) die Staatsregierung immer wieder zu Kurskorrekturen gezwungen. Nun endet Mergners Zeit an der Spitze von Bayerns größtem und ältestem Natur- und Umweltschutzverband. Gezwungenermaßen. Zeit für eine Bilanz.

Corona-Erkrankung und ihre Folgen wirft alle Pläne über den Haufen

Das Ende seiner Amtszeit hat sich Richard Mergner definitiv anders gewünscht. Nach rund siebeneinhalb Jahren muss der gelernte Diplom-Geograph sich am Wochenende bei der Mitgliederversammlung in Fürth von seinem Chefposten beim BN verabschieden. »Ich muss mich tatsächlich aufgrund von anhaltenden Post-Covid-Symptomen jetzt vordringlich um meine Gesundheit kümmern«, sagt er der Deutschen Presse-Agentur. 

Wer Mergner kennt, weiß, wie schwer ihm dieser Schritt fällt. Denn eigentlich war seine Agenda noch lange nicht zu Ende. Doch eine Corona-Erkrankung vor rund einem Jahr warf alle Pläne über den Haufen. Seither musste der gebürtige Unterfranke aus Ruppertshütten (Landkreis Main-Spessart) sich ins Private zurückziehen. Konzentrationsstörungen und Erschöpfung machen das frühere Arbeitspensum vorerst unmöglich. Als Redner, Netzwerker, Organisator und Demonstrant reiste Mergner praktisch permanent durchs Land, zahllose Kilometer legte er dafür per Bahn zurück.

»Mir fällt der Abschied nach zwei Wahlperioden und über 35 Jahren Tätigkeit auf nahezu allen Ebenen im Bund Naturschutz nicht leicht«, sagt Mergner. »Aber die Funktion des Landesvorsitzenden erfordert 100-prozentige Energie und hohe Präsenz, was ich derzeit nicht in der Lage bin zu leisten. Wir nutzen damit auch die Gelegenheit, einen Generationenwechsel einzuleiten.« 

In Mergners Fußstapfen soll der amtierende Landesbeauftragte Martin Geilhufe treten. Der 41-Jährige ist schon lange einer der wichtigsten Köpfe im BN und steht vor einer schwierigen Aufgabe. Denn in der aktuellen politischen Debatte fristen Klima-, Umwelt- und Naturschutz kein einfaches Dasein. In Bayern wurden zudem im Zuge von Gesetzen zum Bürokratieabbau die Einflussmöglichkeiten von Verbänden massiv eingeschränkt.

Ruf nach mehr öffentlichem Druck für Umwelt- und Naturschutz

Mit Ratschlägen für die Zukunft hält Mergner sich zurück. Trotz aller Differenzen habe er immer die »Politik der ausgestreckten Hand« verfolgt - also die Strategie, mit Ministerien, Behörden und Verbänden immer im Gespräch zu bleiben und so auch das Gemeinsame zu entdecken. »Diese Strategie muss noch mehr, als wir es sowieso schon gemacht haben, begleitet werden von einem öffentlichen Druck, sei es in den Medien, mit Demonstrationen oder Klagen, um politische und gesellschaftlichen Mehrheiten zu gewinnen.«

Viele Erfolge: Atomausstieg, Rettet die Bienen, Riedberger Horn

Angesprochen auf seine größten Erfolge ist es Mergner wichtig, dass er diese nicht für sich selbst beansprucht. Sie basierten auf dem Teamwork des Landesverbands und der guten Zusammenarbeit mit den Kreisgruppen vor Ort sowie Bürgerinitiativen. »Eine lang ersehnte Zeitenwende und sicherlich einer der größten Erfolge des BN überhaupt war die Abschaltung des letzten Atomkraftwerks in Bayern mit Isar 2 am 15. April 2023«, betont er. Auch die Fortschritte bei der erneuerbaren Energie seien ein großer Erfolg, selbst wenn ein klimaneutrales Bayern noch in weiter Ferne sei.

Die Liste der Erfolge lässt sich beliebig verlängern: Vom Engagement für das am meisten unterstützte Volksbegehren in der Geschichte Bayerns, »Rettet die Bienen«, über das Ende der Planungen für eine Skischaukel am Riedberger Horn bis hin zu gestoppten Verordnungen zum Abschuss von Wölfen oder Fischottern.

Doch nicht immer gingen die Projekte für den BN und Mergner erfolgreich aus. »Ein wertvolles Stück bayerischer Heimat ging zum Beispiel mit dem Bau der Isentalautobahn A94 und ihrer Eröffnung im Jahr 2019 verloren«, betont er im Rückblick. Dennoch habe er gelernt, »dass Vieles, was unmittelbar als Niederlage erscheint, mittelbar auch seine positiven Seiten hat«. So blieben die Positionen des BN im Bewusstsein der Bevölkerung und setzten sich »mit einem langen Atem dann oft an anderer Stelle« doch noch durch.

Söder: Mit Mergner verliert Bayern einen »beharrlichen Mahner« 

Einer, der sich immer wieder mit Mergners Protest befassen musste, ist Ministerpräsident Markus Söder: »Unser Miteinander war manchmal herausfordernd, doch gerade das zeichnet eine lebendige Demokratie aus. Ich habe Richard Mergner immer als unabhängigen Kopf erlebt, der für seine Überzeugungen einsteht«, sagt der CSU-Chef der dpa. 

Mit seinem Rückzug verliere Bayern »einen beharrlichen Mahner für eine lebenswerte Heimat«, lobt Söder. Mergner habe über Jahre den Natur- und Artenschutz in Bayern geprägt wie kaum ein anderer. »Er war das Gesicht des Bund Naturschutz in Bayern – engagiert, streitbar, leidenschaftlich. Dafür gebührt ihm großer Respekt.« 

Umweltschutz auch im fernen Japan

Mit seinen rund 270.000 Mitgliedern hat der BN in Bayern mehr Mitglieder als die wichtigsten Parteien. Er ist einer der großen Umweltverbände Europas innerhalb der Dachverbände Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und Friends of the Earth International. 

Mergner engagierte sich dazu passend auch außerhalb Bayerns für den Umweltschutz. Seit 2009 reiste er sechsmal nach Japan, seit der Atomkatastrophe von Fukushima 2011 ist der BN eng mit der japanischen und südkoreanischen Anti-Atombewegung verbunden. 

Auch wenn Umwelt-, Natur- und Klimaschützer derzeit ein starker Gegenwind in der Politik entgegenbläst, glaubt Mergner weiter an den Erfolg, denn in der Bevölkerung sehe die Lage zum Glück ganz anders aus. Dort wachse das Bewusstsein für die Ziele des BN immer weiter, auch Unternehmen und einzelne Kommunen betrieben längst Klima- und Biodiversitätsschutz auf eigene Faust. »Die sozial-ökologische Transformation findet bereits statt. Ich bin daher zuversichtlich, dass sich auch der politische Diskurs irgendwann wieder ändern wird und bleibe optimistisch.«

© dpa-infocom, dpa:251120-930-315813/2

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