Die Mutter Gottes wird in Italien ganz besonders verehrt. Deshalb stehen im Mai an vielen Orten Prozessionen auf dem Programm. In Nettuno hat es damit eine besondere Bewandtnis.
Die Statue von »Nostra Signora delle Grazie« kommt ursprünglich aus Ipswich in England. Als während der Säkularisation unter Heinrich VIII. die Kunstschätze aus Kirchen und Klöstern entfernt wurden, entschloss man sich, so viel wie möglich auf Schiffe zu verladen und in Sicherheit zu bringen. So kam die ursprünglich schlichte Holzfigur im Jahr 1550 nach Nettuno. Dort wurde sie im Laufe der Zeit immer prunkvoller ausstaffiert, erhielt kostbare Kleidung und eine Gloriole.
Seit 2009 pflegt der Verein »La Stella del Mare« die Kultur und Geschichte der Stadt Nettuno. In eigener Schneiderei werden die historischen Kostüme gefertigt, in denen jährlich viele Aktivitäten stattfinden.
Im Rahmen des ersten Umzugs am Freitag konnte man bürgerliche Trachten sowie aufwändige Kleider des Adels und der feinen Gesellschaft bestaunen. Im mittelalterlichen Borgo setzte sich der Zug in Bewegung und führte, begleitet von Fanfarengruppen und Trommlern, entlang der Uferstraße zur Wallfahrtskirche Maria Goretti. Feuerschlucker und Fahnenwerfer unterhielten die Besucher auf dem Platz.
Die feierliche Prozession war am Samstag. Nach der heiligen Messe formierte sich der Zug nach strengen Richtlinien. Angeführt von den Honoratioren Nettunos und der Region Lazio sowie den Delegationen der Partnerstädte folgte die Statue »Nostra Signora delle Grazie«. Die Stadtkapelle Nettuno sorgte für den musikalischen Rahmen. Der Weg der Prozession war wie immer mit riesigen Lichterbögen geschmückt und führte von der Wallfahrtskirche zur Stadtkirche San Giovanni. Tausende von Menschen säumten die Straße.
Historisch war der Sonntag: Nach dem Umzug in mittelalterlichen Gewändern fand sich ganz Nettuno am Strand ein und wartete auf die Anlandung der Madonna. Begleitet von Böllerschüssen und einem Feuerwerk, das nicht enden wollte, kamen schließlich einige Schiffe um die Landzunge herum und brachten, getreu der Überlieferung, die Marienstatue nach Nettuno. Dort bezog sie wieder ihren Platz hoch über dem Altar der Kirche »Santuario Maria Goretti«. fb