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Damit im Ernstfall jeder Handgriff perfekt sitzt, übten 50 Bergwachtler aus den Bereitschaften Ruhpolding, Inzell, Traunstein, Reit im Winkl und Marktschellenberg die »Rettung« eines Kletterers am Hörndl. (Foto: Bergwacht Ruhpolding/Laponder)

Gemeinsame Bergwachtübung: Kletterer aus dem Ostkamin »gerettet«

Ruhpolding – Jahrelang klettert kaum jemand die aus der Mode geratene Tour am alten Ostkamin am Hörndl. Und dann schindet sich eine ganze Horde Bergretter durch den senkrechten Felsschlund. Von oben kommend fahren sie am Seil ab, um einem Kletterer zu helfen, der so tut, als wäre er mit seinem Können am Ende.


Da heißt es Haken setzen, Knoten machen, Rollen einhängen, Seile umlenken und ziehen. Solange, bis der arme Kletterer vor dem Absturz gerettet ist. Oder: Beinbruch im Latschen-Sechser, zu steil zum Gehen, weder Doktor noch Hubschrauber sind greifbar. Da hilft nur die alte Taktik von früher: Zähne zusammenbeißen und beim Retter auf dem Rücken abseilen.

Das sind nur zwei Momente von vielen an der Hörndlwand. Kaum zu übersehen war der ganze Gipfel voller Leute in Rot bei der Großübung der Bergwacht mit 50 Teilnehmern aus den fünf Bereitschaften Ruhpolding, Inzell, Traunstein, Reit im Winkl und Marktschellenberg. Von ganz jungen Anwärtern bis zu den Altgedienten war alles dabei bei der größten und spannendsten Übung des Jahres.

Ganz in der Früh gehenalle zur Hörndlhütte, dem Stützpunkt unterhalb der Hörndlwand. Nach den wichtigsten Informationen steigen sie über die Wassergräben zum Gipfel auf. Dort gibt es Stationen, die in Kleingruppen der Reihe nach abzuarbeiten sind. An jeder Station wartet ein Ausbilder, der die Aufgabe vorstellt, zum Beispiel jemanden durch den Ostkamin oder durch den Ausstieg der Schmidkunz-Führe aufziehen, eine Person mit Beinbruch abseilen oder für liegenden Abtransport per Hubschrauber einpacken –- alles Jobs, die jetzt im Bergsommer immer wieder anstehen. Das Einsatzgeschehen geht derweil weiter: Zwei Bergrettungseinsätze hat die im Tal verbliebene Mannschaft abzuarbeiten: Ein Radsturz mit Verletztem im Wappbachtal sowie eine Fußverletzung unterhalb der Hörndlwand.

Die Anwärter bilden derweil eine eigene Gruppe und machen alpine Basisausbildung mit Ausbildungsleiter und Bergführer David Pichler. Dazu gehören Gehen im Schrofengelände, Sicherungstechnik im Fels, Abseilen – lauter Eignungsvoraussetzungen für Bergwacht-Mitglieder. Pichler hat die ganze Übung mit Lorenz Hertl ausgetüftelt. Das Ziel: Spannende Ausbildungsthemen auswählen, gute Plätze in alpiner Umgebung finden und möglichst viele Einsatzkräfte dafür motivieren.

Fest steht: Das Hörndl ist in Ruhpolding der beste Platz dafür. Es bietet im Fels eine Bandbreite von Sandreißen bis zur luftigen Highend-Kletterei und überschirmt alles mit mehr als hundert Jahren Klettergeschichte. Und wär das nicht schon genug, steht direkt am Wandfuß die alte Hütte aus den 1880er-Jahren, Raum für Zuflucht, Begegnung und Zusammenhalt. Dort endet die Hörndlübung traditionell.

Nach der Abschlussrunde gibt es ein gemeinsames Essen der Hütten-Crew um Hannes Mayer und Max Hertl. Dazu gibt's Ziachmusik und die fünf Chiemgauer Bergwacht-Bereitschaften schreiben gemeinsam ein neues Kapitel Hörndl-Geschichte in alter Tradition: Frei sein, friedlich sein, für andere da sein. fb

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