María Corina Machado lebt gefährlich - doch ihr Kampf für ein freies, demokratisches Venezuela ist jetzt mit dem Friedensnobelpreis belohnt worden.
Die Nachricht erhält die Oppositionsführerin an einem für die Öffentlichkeit unbekannten Ort, denn Machado lebt aus Angst vor der Verfolgung der autoritären Regierung von Präsident Nicolás Maduro im Untergrund - inzwischen seit mehr als einem Jahr, wie sie selbst sagt.
»Es macht schon etwas Angst«, meinte sie kürzlich in einem TV-Interview. Wie so oft stand die dreifache Mutter dabei vor einer nackten Wand: Kein Detail soll darüber Aufschluss geben, wo sie sich aufhält.
Machado lebt versteckt
In ihrem Versteck beging die dreifache Mutter auch vor wenigen Tagen - am 7. Oktober - ihren 58. Geburtstag. Es sei traurig an solchen Tagen, denn dann werde sie sich einer Gewissheit bewusst: »Du weißt, du wirst niemanden berühren können.«
Welch ein Unterschied zu den ikonischen Bildern, für die Machado sonst in jüngerer Vergangenheit bekannt war: Da steht sie etwa - allen Einschüchterungsversuchen zum Trotz - auf dem Dach eines Autos oder auf der Ladefläche eines Lastwagens, während ihr eine Menschenmenge inmitten eines Meeres venezolanischer Flaggen zujubelt.
»Stimme der Hoffnung«
»Die Stimme der Hoffnung«, nennen sie ihre Anhänger, für viele von ihnen ist sie auch »Die Eiserne Lady Venezuelas«. Für ihre Gegner, die Unterstützer der Regierung, ist sie dagegen eine »rechte imperialistische Verschwörerin«.
Die Tochter aus gutem Hause - ihr Vater war ein bekannter Unternehmer aus der Metallbranche, ihre Mutter machte sich als Psychologin einen Namen -, die an der renommierten Privatuniversität UCAB in der Hauptstadt Caracas einen Abschluss als Industrieingenieurin machte, ist für ihre Widersacher ein perfektes Feindbild. Sie sehen sie als Inbegriff einer politischen und wirtschaftlichen Elite, die es zu bekämpfen gilt.
Wortgefechte mit Chávez
Der 2013 gestorbene Präsident und politische Ziehvater Maduros, Hugo Chávez, nannte sie einst »eine kleine, gut aussehende Bourgeoise«, die intellektuell aber nicht auf der Höhe sei, mit ihm zu debattieren. Als junge Abgeordnete hielt sie ihm damals vor: »Das anständige Venezuela will nicht in Richtung Kommunismus schreiten«. Sie bezog sich auf die Enteignungen privater Firmen, die auch ihren Vater trafen.
Jahre später, vor der Präsidentenwahl im Juli 2024, war Machado dann zur Einheitsfigur einer lange zersplitterten Opposition in dem südamerikanischen und an Erdöl reichen Land geworden, das Millionen Menschen angesichts der politischen und wirtschaftlichen Krise mittlerweile verlassen haben. Die Umfragen sagten einen haushohen Sieg der Regierungsgegner voraus.
Doch Machado, die sich selbst als Liberale definiert, war wegen angeblicher Unregelmäßigkeiten aus ihrer Zeit als Abgeordnete die Ausübung öffentlicher Ämter untersagt worden - also unterstützte sie ihren Parteifreund Edmundo González (76) als Spitzenkandidaten. Trotz der Betrugsvorwürfe erklärte jedoch die linientreue Wahlbehörde schließlich Maduro - erneut - zum Sieger. González, von vielen Ländern dennoch als gewählter Präsident anerkannt, verließ nach Drohungen und Haftbefehl Wochen später Venezuela Richtung Spanien.
Maduro drohte mit Gefängnis
Schon damals wetterte Maduro, auch gegen Machado gerichtet: »Als Bürger sage ich: Diese Leute müssten hinter Gittern sein.« Irgendwann tauchte die Oppositionsführerin dann unter. Im Januar dieses Jahres zeigte sie sich noch einmal öffentlich. Machado wurde bei einer Kundgebung im Mittelklasse-Stadtteil Chacao in Caracas begeistert gefeiert, war dann aber plötzlich verschwunden. Sie sei kurzzeitig entführt und dann wieder frei gelassen worden, berichtete sie. Die Regierung wies das zurück.
Doch seither macht sie aus dem Untergrund gegen Maduro und den nach ihren Worten von ihm geleiteten »narco-kommunistischen Staat« mobil. Sie habe alle Vorsichtsmaßnahmen getroffen, um sich zu schützen, sagte sie in einem Interview mit dem Sender NTN24. Sie stellte aber auch klar: Sollte ihr etwas geschehen, sei die Absprache mit ihrem Team, wie geplant weiterzumachen. »Die Freiheit Venezuelas wird niemals über etwas verhandelt werden, das mit mir zu tun hat.«
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