Bildtext einblenden
Große Unterschiede gibt es bei den Krippen- und Kindergartenbeiträgen zwischen den einzelnen Gemeinden. (Foto: C. Rosenberg)

Kinderbetreuung und bezahlbares Wohnen

Berchtesgadener Land – »Alle fünf Talkessel-Gemeinden haben in den vergangenen Jahren viel investiert, um allen Kindern einen Kitaplatz zu ermöglichen«, hob SPD-Ortsvorsitzender Hans Metzenleitner bei einem Treffen der Talkessel-SPD zu kommunalpolitischen Themen im Gasthof »Schönfeldspitze« lobend hervor.


Nicht ganz so berauschend sehe es allerdings im Grundschulbereich aus, wo ab 2026 der Rechtsanspruch auf eine verlässliche Ganztagsbetreuung beginnt. Und richtig schlecht stehe es um den sozialen Wohnungsbau. Eine Reihe von hoffnungsvollen Projekten wurde jäh ausgebremst. »Das Thema Bezahlbares Wohnen muss auf Bundes- und Landesebene wieder allerhöchste Priorität erhalten«, forderte auch der stellvertretende SPD-Vorsitzende Andreas Heilmann, da die Kommunen neben ihren vielen Pflichtaufgaben finanziell dazu nicht in der Lage seien. Besonders das zögerliche Vorgehen der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft »BayernHeim« provozierte starke Kritik.

Nach einer Abfrage an allen fünf Gemeinden über Geburtenzahlen, Anzahl der verfügbaren Krippen- und Kindergartenplätze sowie der aktuellen Belegung hält das Angebot der Nachfrage weitgehend stand. Hohe Investitionen der Gemeinden in neue Gebäude, Berchtesgaden am denkmalgeschützten Rosenhofstadel, Marktschellenberg mit einem neuen Gebäude oder Bischofswiesen mit zwei neu errichteten Waldkindergartengruppen, waren die Voraussetzung für die Erfüllung des Rechtsanspruches der Familien für Kinder bis sechs Jahren auf einen Kitaplatz. Problematisch ist, auch nach Ansicht des Bayerischen Gemeindetages, dass der Bau und Betrieb immer teurer wird und nur ein Teil dieser Kosten vom Freistaat Bayern übernommen wird. Immer höhere Betriebskostenzuschüsse übernehmen notgedrungen die Gemeinden, um die Elternbeiträge möglichst niedrig zu halten. Doch auch dabei gebe es große Unterschiede zwischen den einzelnen Gemeinden und zwischen den Krippen- und Kindergartenbeiträgen.

»Ein fünf- bis sechsstündiger Krippenaufenthalt, der die Eltern mehr als 300 Euro kostet, ist für eine junge Familie nicht mehr attraktiv«, kritisierte Metzenleitner. Die Kritik richtete sich nicht an die Gemeinden, sondern betraf die fehlende staatliche Unterstützung. Um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu verbessern und für den Arbeitsmarkt die bitter notwendigen Arbeitskräfte bereitzustellen, müssten junge Familien deutlich stärker unterstützt werden. Mehrere Diskussionsteilnehmer forderten die Kostenfreiheit für den vorschulischen Kindergarten entsprechend der Lehr- und Lernmittelfreiheit an Schulen. Und der Krippenbereich müsse endlich, eventuell einkommensabhängig, finanziell gefördert werden.

Schulischer Ganztag muss kostenfrei sein

Auf die Frage, wie es denn mit dem verbindlichen Rechtsanspruch auf Ganztagesbetreuung ab 2026 an Grundschulen aussehe, konnte Metzenleitner ebenfalls mit konkreten Zahlen aufwarten. Alle Grundschulen im Talkessel bieten demnach Betreuungsformen, meist bis 16 Uhr an. Bischofswiesen und Berchtesgaden eine Offene Ganztagsschule (OGTS), die anderen Gemeinden Mittagsbetreuungen und den über die Kindergärten betriebenen Hort. Während in Bischofswiesen bereits um die 50 Prozent der Grundschüler nachmittags betreut werden, sind die Zahlen in den Gemeinden mit Hortangeboten deutlich niedriger. Hortplätze kosten nämlich monatlich erheblich Geld, die OGTS ist großteils kostenfrei. Fazit: Die einzelnen Gemeinden sind unterschiedlich gut auf die sicherlich noch zunehmenden Betreuungszahlen vorbereitet. Eine erweiterte bauliche Infrastruktur, genügend Fachkräfte, aber auch kostengünstige Angebote an die Schülereltern seien die Voraussetzungen für eine kindgemäße Betreuungsform, die im Idealfall sowohl die kognitive wie auch die sozial-emotionale Entwicklung der Kinder fördert.

Stark verärgert zeigten sich zahlreiche Redner zum Thema Wohnungsbaumisere und den fehlenden bezahlbaren Wohnraum. Lediglich Gemeinderat Andreas Pfnür konnte für das Wohnprojekt am Danklweg Entwarnung signalisieren. Das Projekt soll gegen Ende dieses Jahres abgeschlossen werden und ein Teil der Wohnungen zu einem durch die Gemeinde stark subventionierten Preis um die 11 Euro angeboten werden.

Bezahlbares Wohnen – ein soziales Grundrecht

Aber was passiert auf dem Wohnungsmarkt? Die Mieten steigen, das Bauen wird immer teurer, 500 bis 600 Wohnungssuchende allein auf der Warteliste vom Wohnbaumarkt – und jetzt auch noch der Stopp der Fördergelder für das große Wohnungsbauprojekt an der Salzburger Straße. Marktgemeinderätin Andrea Grundner sprach von einer mittleren Katastrophe für die dringend benötigten bezahlbaren Wohnungen. »Keinerlei Schuld trifft dabei die Gemeinde oder das Wohnbauwerk, die dieses Riesenprojekt bisher zügig vorangetrieben haben«, versicherte sie. Der Finanztopf für die »einkommensorientierte Förderung«, die dazu dient, die zu teuren Marktmieten sozial verträglich abzumildern und damit bezahlbar zu machen, sei leer wegen der angeblich zu hohen Nachfrage seitens der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft »BayernHeim«.

Was dem Bischofswieser Gemeinderat Hans Metzenleitner ein müdes Lächeln entlockte. Denn eben diese 2018 vom Ministerpräsidenten persönlich ins Leben gerufene Gesellschaft sollte bis 2025 stattliche 10 000 bezahlbare Wohnungen schaffen – fertiggestellt seien gerade mal 300. Insgesamt fehlten im Freistaat aktuell gut 200 000 Sozialwohnungen. Der Bischofswieser Kommunalpolitiker zeigte sich auch bitter enttäuscht über »BayernHeim«, die Gesellschaft, die vor fast zwei Jahren das fertig überplante Bauprojekt der Gemeinde Bischofswiesen »Am Burgergraben« übernommen hatte, um es planerisch leicht abzuändern und dann zügig umzusetzen. So das Versprechen der BayernHeim-Verantwortlichen zum Zeitpunkt der Übernahme. Und an der üppigen Finanzausstattung sollte es ja bekanntlich nicht fehlen. »Doch bis heute kam weder eine Planänderung, noch eine schlüssige Erklärung für die skandalöse Verzögerung des mit mehr als 70 Wohneinheiten konzipierten Projekts zur Schaffung bezahlbarer Wohnungen«, ärgerte sich Metzenleitner. Der Bund habe wenigstens knapp 300 000 anstelle der versprochenen 400 000 Wohnungen erbauen lassen, eine Umsetzungsquote von 75 Prozent würde dagegen »BayernHeim« gut zu Gesichte stehen. fb