Der Chor »VokalExpress Teisendorf« unter seiner Leitung, ein Instrumentalensemble mit Rupert Eder und Jutta Gerl, Trompeten, Rupert Kamhuber und Guido Maier, Posaune, sowie Franz Mitterreiter an der Orgel boten auf der Ebene der Musik Totenklagen, Madrigale und Motetten zum Thema Tod und Sterben dar, während Vortragende auf der Kanzel oder im Eingangsbereich lyrisch-poetisch über den Windhauch als Symbol der Vergänglichkeit sprachen. Mit zwei ganz in weiß bzw. schwarz gekleideten Schauspielern (Wolfgang und Sabine Dinglreiter) wurde dieser »Totentanz« ganz und gar zu einer eindrucksvollen dramatischen Darstellung mit allen Raffinessen des antiken Theaters, in dem der Chor das Geschehen kommentierend begleitete.
Der gesamte Kirchenraum von St. Andreas diente als Bühne. In Anlehnung an den Gedanken der venezianischen Mehrchörigkeit wurde die Akustik variiert durch Verlagern des Standortes des Chores vom rechten Seitenaltar nach hinten bei der Schlussversion von »Ach wie nichtig, ach wie flüchtig« von Melchior Franck (1609 bis 1667), dorthin, wo zu Beginn das Solistenquartett bereits eine Strophe dieses Chorsatzes gesungen hatte. Spiegelbildlich zum Chor verlegte das Quartett seine Position am Schluss zum Altarraum hin.
Dort fielen sie als Letzte dem Tod zum Opfer, so dass sie mitten im Singen abrupt abbrachen und weggingen –zu den anderen Sängerinnen und Sängern in den schwach beleuchteten Teil des westlichen Kirchenbereichs, in die Richtung, wo die Sonne untergeht. Stephan Hadulla legte in diese Inszenierung eine große symbolische Tiefe. Denn dort sang der Chor das unter die Haut gehende »Trag mi Wind mi gach hoam zua in a ruhigen Stund« von Brigitte Hubmann und Christian Dreo.
Offensichtlich für alle Besucher wurde das Thema »Totentanz« durch die Art der Präsentation im Altarraum auf den Punkt gebracht: Der Altar selbst war durch ein schwarz bespanntes Rahmengestell verdeckt. Von diesem aus hing über den schwarz verhangenen Volksaltar eine lange weiße Stoffbahn, die weit in das Kirchenschiff hineinreichte. Darauf stand in großen schwarzen Lettern der Begriff »Totentanz« zu lesen. Vor dieser Installation waren Häufchen aus schwarzem Stoff verteilt, unter denen der weiß gekleidete Schauspieler, der in verschiedenen Rollen das Leben verkörperte, die Requisiten hervorholte, die seine jeweilige Rolle definierten.
Als Kaiser trug er einen leuchtend roten Umhang, als junger Mann hatte er eine Schildmütze auf. Er war Arzt, Bauer, Bettelmann oder eine junge Frau, die zudem mit ihrem Spiegel den Vanitas-Gedanken der Vergänglichkeit verkörperte. Nach dieser Szenen-Collage folgte ein zweites Mal »Ach wie nichtig«, wie auch das erste Mal – der englischen Chortradition folgend – sehr kontrastreich in unterschiedlicher Stimmregister-Besetzung. Alle bat der Tod mit poetischen Versen aus dem »Lübecker Totentanz« (15. Jahrhundert) zum Totentanz mit ihm. Manchen hielt er ihr egoistisches Leben vor, manchen nahm er die Angst vor dem Sterben. Keiner hatte sich jedoch zuvor mit dem Tod auseinandergesetzt. Nach der jeweiligen Szene verharrten die beiden Schauspieler wie in Stein gemeißelt regungslos in der jeweiligen Pose.
Mit den Musik- und Gesangsstücken wurde die Stimmung wunderbar umgesetzt. Stephan Hadulla hatte dazu musikalische Gedanken der Musikliteratur aufgegriffen und nach seinem Konzept arrangiert, so zum Beispiel im Stil italienischer Madrigale (»Spontava il di«) oder lateinischer Renaissance-Motetten (»Versa est in luctum«, »Sed recordatum est«). Auch die Arrangements der Stücke für Bläser und Orgel stammten von Stephan Hadulla. In seiner Kompositionsarbeit für Orgel und Bläser griff Hadulla das musikalische Thema von »Ach wie nichtig« auf und verarbeitete es kunstvoll für diese Instrumentalbesetzung.
Auch der Chor mit dem symbolischen Namen »VokalExpress« setzte die berührend-ergreifende Thematik der Vergänglichkeit in stimmungsvolle Klänge um und zeigte mit hervorragender Intonation und Interpretation ein ausgesprochen hohes musikalisches Niveau. Die Botschaft kam an. Das Publikum zeigte sich begeistert und wurde mit »Trag mi, Wind« als Zugabe belohnt. Brigitte Janoschka