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Erfahrungen in der Psychiatrie bis hin zur Fixierung empfand Uwe als sehr einschneidende Erlebnisse. Nun will er eine Selbsthilfegruppe mit Gleichbetroffenen gründen, um die Erlebnisse und Wahrnehmungen gemeinsam besser bewältigen zu können.

Austausch über Erfahrungen in der Psychiatrie

Traunstein – »Ich muss nach vorn treten und will mich den Dingen aktiv stellen«, sagt Uwe. Und so macht der 44-Jährige aus der Not eine Tugend und gründet eine Selbsthilfegruppe für Schizophrenie- und psychiatrie-erfahrene Menschen.


Der Traunreuter weiß, von was er spricht, denn im Rahmen seiner ersten Arbeitsstelle begann er, Stimmen zu hören. »Die haben ziemlich Druck gemacht. Ich wollte das erst einmal alleine schaffen, aber 2002 ist das dann so in mir eskaliert, dass ich erstmals in die Psychiatrie kam.«

Verstand erfasst, was Bauchgefühl ausufern lässt

Damals, so erinnert sich der Diplom-Ingenieur in technischer Physik, habe er noch nicht gewusst, dass es normal sein kann, Stimmen zu hören, quasi als Steigerung der eigenen Intuition. Seine naturwissenschaftliche Ausbildung und das Lesen von Literatur zum Thema halfen ihm schließlich, über den Verstand zu erfassen, was sein Bauchgefühl so ausufern ließ.

Das Aufarbeiten kommt viel zu kurz

Dabei hat er die Zeit in der Psychiatrie als nicht sehr hilfreich in   Erinnerung: »Da wird man mit Medikamenten  völlig gedämpft. Das ist eine massive Beeinträchtigung. In manchen Fällen geht das so weit, dass man nur mit Mühe den Alltag meistern kann. Aber das Aufarbeiten, Verstehen, das Sehen kommen viel zu kurz.« Kommunikation habe sinnführend nicht stattgefunden, erinnert sich Uwe an die Zeit in der Psychiatrie. Stattdessen habe man ihm Tabletten gegeben.

Auch sei er im Rahmen einer Ausnahmesituation von fünf, sechs Leuten gepackt und fixiert worden. »Meine Hand wurde taub.« Erst nach einer Woche habe er wieder etwas gespürt, nach zwei Wochen sei die Taubheit überwunden gewesen. Das Schlimmste aber sei für ihn der Verstoß gegen seinen Willen, gegen sein Selbstbestimmungsrecht gewesen.

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Gedanken aufschreiben und reflektieren

Nach all dem, was er bereits erlebt hat, rät er anderen Betroffenen, die eigenen Gedanken niederzuschreiben und zu reflektieren, »am besten mit einem Datum dazu.« Beim erneuten Durchlesen erschienen manche Dinge dann plötzlich einleuchtend und klar. Wichtig sei auf alle Fälle die bewusste Auseinandersetzung mit dem Erlebten.

Und gerade an der Stelle seien die Gedanken anderer Menschen in der Umgebung hilfreich, die oft andere Erklärungsansätze und Perspektiven zu bieten hätten als man selbst. Um diesen Austausch zu ermöglichen und um einander beizustehen, plant Uwe eine Selbsthilfegruppe für Psychiatrie-Erfahrene. Wer daran Interesse hat, kann sich an das Selbsthilfezentrum Traunstein unter der Telefonnummer 0861/20 46 692 wenden. coho