Von der Gemeindeverwaltung wurde ausführlich festgestellt, dass alle formellen und materiellen Voraussetzungen für die Zulässigkeit des Antrags auf Bürgerentscheid gegeben sind.
Bürgermeister Josef Loferer (CSU/UBS) stellte die Frage, ob der Gemeinderat damit einverstanden ist, dass Katharina Gasteiger, eine der Initiatoren, sich zu dem Antrag in der Sitzung äußert. Das wurde von acht Gemeinderatsmitgliedern abgelehnt. Andi Hell (UBS) zeigte sich von dem mehrheitlich abgelehnten Rederecht verwundert und meinte dazu, dass es bisher durchaus üblich war, Anwesenden das Rederecht einzuräumen, auch bei wesentlich geringeren Anlässen. Er fragte sich, warum es bei so einem wichtigen Anlass nicht gewährt werde.
Ob es politisch gewollt ist, spielt keine Rolle
Florian Amann vom Landratsamt sah den Gemeinderat als Nahtstelle zwischen dem Bürgerbegehren und dem Bürgerentscheid, der Rat entscheidet über die Zulässigkeit. Wenn formal alles geregelt ist und rechtlich geprüft, muss dem Bürgerbegehren stattgegeben werden. Er bezeichnete das als reine Rechtsentscheidung und fügte hinzu, dass es keine Rolle spiele, ob es zweckmäßig oder politisch gewollt oder nicht gewollt sei.
Er erklärte, »wenn ein Bürgerbegehren trotzdem vom Gemeinderat nicht zugelassen wird, kann entweder der Antragsteller klagen oder der Bürgermeister den Antrag zur Rechtsaufsicht beim Landratsamt weiterreichen«. Er verwies darauf, dass ein Bürgerbegehren als Instrumentarium wohlwollend zu sehen ist, wenn die Minimalforderungen erfüllt sind – so wie in diesem Fall –, ist es zulässig.
Elfie Bachmann und Claus Rathje äußerten sich zu dem abgelehnten Rederecht von Katharina Gasteiger mit den Argumenten, dass ja jedes Gemeinderatsmitglied den Antrag kenne und somit auch wisse, worum es geht. Martina Hammerl-Tiefenböck und Christian Zaiser sahen die zeitliche Umsetzung als Problem an, da das Kaufangebot der Erben des Streichen-Anwesens nur bis zum 30. Juni bindend ist. Christian Zaiser verwies auf Gerichtsurteile im Sinne von »Bürgerbegehren überholt«.
Der Vertreter des Landratsamts kannte die angeführten Kommentare auf das Gerichtsurteil und verwies darauf, »es kommt auf den jetzigen Zeitpunkt an, es ist objektiv möglich, dass das Objekt noch erworben werden kann, die materiellen Voraussetzungen sind damit erfüllt«. Auch ein Einwurf von Elfie Bachmann, »kann auch Ausnahmen beinhalten«, wurde von Florian Amann mit dem nochmaligen Hinweis beschieden, dass diese Entscheidung nicht zulässig ist, wenn die Mehrheit des Gemeinderats das Bürgerbegehren ablehnt. Denn mit der Einreichung des Antrags am 7. Juni besteht bereits ein Sicherungsinteresse. Hier hat die Rechtssprechung den Kommunen einen Riegel vorgeschoben. Auch wenn ein Bürgerbegehren den Kommunen nicht passt, so wird es trotzdem ab Einreichung hoch eingeschätzt und geschützt.
Andi Hell (UBS) äußerte sich froh darüber, dass die Rechtsaufsicht anwesend ist, und appellierte an seine Gemeinderatskollegen: »Bleibt bei den Gesetzen – heute geht es um keine andere Entscheidung, als die Zulassung des Antrags«. Elfie Bachmann fand, dass es noch Klärungsbedarf dazu gebe und meinte, wenn der Gemeinderat das Bürgerbegehren bestätigt, »werfen wir uns aus dem Rennen«.
Florian Amann meinte dazu: »Das ist jetzt die Folge der gesetzlichen Regelung, ob man es gut oder schlecht findet, dieses Recht auf Mitbestimmung kann man den Bürgern nicht verwehren«.
Bürgermeister Loferer drängte zur Abstimmung, da die rechtliche Seite ausreichend geklärt sei und sich die Diskussion im Kreis drehe.
Informationsverantwortung beim Unterzeichner
Martina Hammerl-Tiefenböck sorgte sich um die Bürger, die den Antrag unterschrieben oder gespendet haben und von der Frist des 30. Juni nichts gewusst hatten. Florian Amann antwortete darauf, dass die Verantwortung zur Information beim Unterschreibenden liege, nicht bei dem, der die Unterschriften einsammelt.
Elfie Bachmann befand abschließend, dass es für den Bürgerentscheid zu spät sei und bedankte sich bei den Erben des Streichens für ihr Kaufangebot und ihr Entgegenkommen.
Andi Hell (UBS) erinnerte, dass ein Bürgerentscheid zum Wesen der Demokratie gehöre und alle sich fragen sollten, warum es überhaupt dazu gekommen war. Seine Meinung nach wurde sich viel erzählt, niemand wusste jedoch Genaueres – was dazu führte, dass der Bürger ein Mitspracherecht wollte. Heute gehe es aber nur einzig und allein darum, den Bürgerentscheid zuzulassen.
Bei der Abstimmung über den Antrag des Bürgerentscheids stimmten acht Gemeinderatsmitglieder dagegen und fünf dafür. Die Befürworter waren Bürgermeister Josef Loferer (CSU), Andi Hell (UBS), Timo Kleinschroth (UBS), Michael Scheck (CSU), Michael Bachmann (CSU).
Aufgrund der Ablehnung des Antrags durch die Mehrheit der Räte bezog sich Bürgermeister Josef Loferer auf Artikel 59, Absatz 2 der Gemeindeordnung: »Ich leite den Beschluss zur Entscheidung der Rechtsaufsicht im Landratsamt Traunstein weiter und setze den Vollzug des Beschlusses aus.« Dieser Artikel besagt: »Hält der erste Bürgermeister Entscheidungen des Gemeinderats oder seiner Ausschüsse für rechtswidrig, so hat er sie zu beanstanden, ihren Vollzug auszusetzen und, soweit erforderlich, die Entscheidung der Rechtsaufsichtsbehörde herbeizuführen.« Damit war dieser Punkt der Tagesordnung beendet.
Aufgrund des großen Interesses der Bürger wurde die gesamte Gemeinderatssitzung per Lautsprecher auf den Dorfplatz übertragen, damit die dort angemeldeten gut 60 Bürger Corona-konform die Sitzung verfolgen konnten.
wun