Nach zwei Monaten mit steigenden Inflationsraten hat die Teuerung in Deutschland wieder etwas nachgelassen. Mit 2,3 Prozent verharrt die Inflation im Oktober aber über der Zwei-Prozent-Marke, wie eine erste Schätzung des Statistischen Bundesamtes ergab. Im September hatte die Rate bei 2,4 Prozent gelegen. Von September auf Oktober des laufenden Jahres stiegen die Verbraucherpreise nach Berechnungen der Wiesbadener Statistiker um 0,3 Prozent.
Je höher die Inflationsrate, desto geringer die Kaufkraft der Menschen: Sie können sich für einen Euro dann weniger leisten. 2,0 Prozent ist die mittelfristige Zielmarke der Europäischen Zentralbank (EZB) für den gesamten Euroraum. Bei einer solchen Teuerungsrate sieht die Notenbank ihre wichtigste Aufgabe erfüllt, für stabile Preise und damit einen stabilen Euro zu sorgen.
Dauerhaft niedrige Preise gelten ebenso wie zu stark steigende Preise als Risiko für die Konjunktur: Unternehmen und Verbraucher könnten bei stark sinkenden Preisen Investitionen aufschieben in der Erwartung, dass es noch billiger wird. Die Kerninflation ohne die schwankungsanfälligen Preise für Nahrungsmittel und Energie verharrte im Oktober in Deutschland bei 2,8 Prozent.
Preise für Dienstleistungen steigen überdurchschnittlich
Überdurchschnittlich teure Dienstleistungen und steigende Lebensmittelpreise trieben in den vergangenen Monaten die Inflationsrate in Europas größter Volkswirtschaft nach oben. Im Oktober mussten die Menschen hierzulande für Dienstleistungen 3,5 Prozent mehr zahlen als ein Jahr zuvor. Die Lebensmittelpreise lagen um 1,3 Prozent über dem Niveau von Oktober 2024.
Im September hatten sich Dienstleistungen wie Versicherungen, Autoreparaturen sowie Bustickets im Schnitt um 3,4 Prozent verteuert. Die Nahrungsmittelpreise waren im September 2,1 Prozent höher als im Vorjahresmonat.
Tanken und Heizen: Entspannung bei Energiepreisen
Etwas Entspannung gibt es bei den Energiepreisen: Kraftstoffe, Strom und Gas waren dem Bundesamt zufolge im Oktober insgesamt 0,9 Prozent günstiger als ein Jahr zuvor. Im September hatten die Energiepreise um 0,7 Prozent unter dem Niveau des Vorjahresmonats gelegen.
Zwar ist die große Teuerungswelle mit Höchstwerten von fast neun Prozent Inflation ausgelaufen, die Deutschland nach Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine erfasst hatte. Doch viele Preise sind deutlich höher als vor ein paar Jahren: EZB-Ökonomen haben jüngst errechnet, dass die Lebensmittelpreise in Deutschland seit dem Vor-Corona-Jahr 2019 um mehr als ein Drittel (37 Prozent) gestiegen sind.
Moderate Teuerungsrate im Gesamtjahr erwartet
Nach Einschätzung von Volkswirten müssen sich Verbraucherinnen und Verbraucher in Deutschland vorerst mit Teuerungsraten oberhalb der Zwei-Prozent-Marke abfinden. Für das Gesamtjahr 2025 erwarten führende Wirtschaftsforschungsinstitute dennoch eine relativ moderate Inflationsrate von 2,1 Prozent - auf ähnlichem Niveau wie 2024 mit 2,2 Prozent. Die Deutsche Bank Research kommt aktuell auf eine Jahresteuerungsquote von 2,2 Prozent für 2025.
ING-Chefvolkswirt Carsten Brzeski rechnet zumindest kurzfristig mit niedrigeren Inflationsraten. Zu den Faktoren gehören für ihn der starke Euro und die weiterhin günstigen Vergleichswerte für Energie. Auch sollten die steigende Arbeitslosigkeit und der Einsatz Künstlicher Intelligenz das Lohnwachstum dämpfen. Langfristig dürften aber die Kosten für umstrukturierte Lieferketten, neue Arbeitskräfte und alternative Energien die Teuerung in Deutschland antreiben.
In den Jahren 2022 (6,9 Prozent) und 2023 (5,9 Prozent) war die Inflation nach oben geschnellt, weil sich Energie und Lebensmittel wegen des Ukraine-Krieges rasant verteuerten.
Das Statistische Bundesamt berechnet jeden Monat, wie sich Preise zum Vormonat und Vorjahresmonat entwickelt haben. Dazu notieren die Statistiker in Geschäften, was Obst und Gemüse, Schuhe oder Möbel kosten. Wie hoch ist die Wohnungsmiete, was kostet der Sprit an der Tankstelle? Tausende Einzelpreise von Waren und Dienstleistungen werden repräsentativ nach dem stets gleichen Schema erfasst. Ein Teil wird auch im Internet erhoben.
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