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Mordfall Hanna: Sebastian T. aus U-Haft entlassen

Der wegen Mordes an der Studentin Hanna in Aschau verurteilte Beschuldigte ist auf freiem Fuß. Nach vorläufiger Würdigung der Beweislage sei davon auszugehen, dass die Aussage des Hauptbelastungszeugen im Prozess nicht glaubwürdig sei, teilte das Landgericht Traunstein mit. Der Bundesgerichtshof hatte das Urteil aufgehoben, das neue Verfahren vor der ersten Jugendkammer am Landgericht Traunstein soll im September beginnen.


Wie das Landgericht Traunstein mitteilte, war aufgrund des Glaubwürdigkeitsgutachtens des Berliner Sachverständigen Prof. Max Steller der dringende Tatverdacht gegen den Angeklagten Sebastian T. derzeit nicht mehr anzunehmen. Mit Beschluss vom Freitag wurde daher der Haftbefehl gegen ihn vom 18. November 2022 aufgehoben. Klarheit darüber wird aber erst der erneute Prozess am Landgericht bringen.

Aufgrund der Ausführungen des von der ersten Jugendkammer am Landgericht Traunstein beauftragten forensisch-psychologischen Sachverständigen Dr. Steller sei nach vorläufiger Würdigung der Sach- und Rechtslage davon auszugehen, dass den Angaben des Hauptbelastungszeugen die Glaubhaftigkeit fehle.

Das schriftliche Gutachten werde durch die Einvernahme des Sachverständigen im Rahmen der erneuten Hauptverhandlung in diese eingeführt, erklärt dazu Pressesprecherin Cornelia Sattelberger auf Nachfrage des Traunsteiner Tagblatts. Erst aufgrund des Ergebnisses der gesamten Beweisaufnahme in der Hauptverhandlung, wie die Aussagen des Hauptbelastungszeugen zu bewerten sind, auf denen das vom Bundesgerichtshof aufgehobene Urteil maßgeblich beruhte. Die Kammer hat daher mit Rücksicht auf die Grundrechte des Angeklagten veranlasst, dass er unverzüglich aus der Untersuchungshaft entlassen wird.

Das Landgericht hatte den jungen Mann im vergangenen Jahr nach einem langen Indizienprozess wegen Mordes verurteilt. Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte das Urteil jedoch später wieder aufgehoben. Die Verteidigung hatte danach drei neue Gutachten vorgelegt. Sie sollten beweisen, dass die Studentin nicht getötet wurde, sondern bei einem Unfall ums Leben kam. Das war bereits im ersten Prozess Thema – das Gericht hatte damals diese Version jedoch verworfen. Das Gutachten zur Belastbarkeit der Zeugenaussage hatte das Gericht in Auftrag gegeben.

Nach Auffassung der Kammer hatte der damals 20-Jährige die Medizinstudentin am frühen Morgen des 3. Oktober 2022 auf ihrem Heimweg von dem Club »Eiskeller« aus sexuellen Motiven von hinten angegriffen und in einen nahen Bach geworfen, wo sie ertrank.

Die Verteidigung legte Revision ein. Sie sah auch nach mehr als 30 Verhandlungstagen keine Beweise für die Schuld ihres Mandanten und hatte auf Freispruch plädiert. Die Aufhebung des Urteils begründete der Bundesgerichtshof (BGH) mit einem Verfahrensfehler, den auch die Verteidigung im Prozess gerügt hatte. coho