Entscheidende Tage für die Lufthansa: Der Vorstand will an diesem Montag seine umfassenden Pläne zum Personalabbau genauer vorstellen, bevor am Dienstag die Abstimmung der Piloten zu möglichen Streiks endet.
Am Freitag war im Vorfeld einer Kapitalmarktinformation aus Unternehmenskreisen bekanntgeworden, dass der Konzern in den kommenden Jahren ein Fünftel der Jobs in der Verwaltung streichen will. Auch die mittelfristigen Finanzziele will der MDax-Konzern in München vorstellen.
Um wie viele Arbeitsplätze es genau geht und welche Konzernteile betroffen sind, blieb zunächst offen, dem Vernehmen nach könnten aber rund 3.000 bis 4.000 Jobs in Gefahr sein. Das Unternehmen wollte sich zu den Berichten nicht äußern. Der Konzern hatte zuletzt rund 103.000 Mitarbeiter. Für das laufende Jahr hat sich das Management optimistisch gezeigt. Der operative Gewinn vor Sonderposten (bereinigtes Ebit) soll den Vorjahreswert von 1,6 Milliarden Euro wie geplant deutlich übertreffen.
Zeitgleich endet an diesem Dienstag (30. 9.) die Urabstimmung der Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit (VC). Sie hat ihre Mitglieder bei der Lufthansa Kerngesellschaft und der Frachttochter Lufthansa Cargo aufgerufen, über einen Arbeitskampf zu entscheiden.
VC-Angaben zufolge sind mindestens 70 Prozent Zustimmung der Abstimmungsberechtigten erforderlich, um Streiks auf den Weg zu bringen. Enthaltungen oder Nicht-Teilnahmen werden als Nein-Stimmen gewertet.
Dass die Gewerkschaft unmittelbar nach Auszählung einen Streiktermin nennen wird, gilt als unwahrscheinlich. Bei früheren Auseinandersetzungen hat die VC nach Ablauf einer Urabstimmung häufiger der Gegenseite noch einmal Gelegenheit gegeben, ein neues Angebot vorzulegen.
Festgefahrener Streit um die betriebliche Altersversorgung
In der Sache geht es um Betriebsrenten und Übergangsversorgungsansprüche von etwa 4.800 Pilotinnen und Piloten. Die Gewerkschaft verlangt deutlich höhere Beiträge des Arbeitgebers zu den Rentenfonds. In sieben Verhandlungsrunden zu dem Thema konnten sich beide Seiten nicht einigen.
Der Chef der Kernmarke Lufthansa Airlines, Jens Ritter, dämpfte während der laufenden Urabstimmung die Erwartungen der Gewerkschaft. »Unsere wirtschaftliche Leistungsfähigkeit erlaubt schlichtweg keinerlei Mehrbelastungen«, sagte Ritter in einem intern von der Lufthansa veröffentlichten Interview. »Wir haben nicht ansatzweise das Geld für eine weitere Verbesserung der ohnehin schon sehr guten betrieblichen Altersvorsorge.«
Lufthansa: VC-Forderung »schlichtweg nicht bezahlbar«
Die derzeitige Forderung der VC würde »einen jährlichen Kostenanstieg für die betriebliche Altersversorgung der Lufthansa-Classic-Cockpitmitarbeitenden auf 228 Millionen Euro« bedeuten, rechnete Ritter vor. »Das wäre mehr als eine Verdoppelung. Die Erfüllung dieser Forderung wäre nicht nur unverantwortlich für unsere Airline, sondern schlichtweg nicht bezahlbar. Dann bliebe keine Alternative, als weitere Flugzeuge in profitablere Flugbetriebe zu verlagern.«
Ritter zeigte sich weiterhin gesprächsbereit und warnte vor einer Eskalation: »Wir müssen weiter gemeinsam nach Wegen suchen, um eine weitere Zuspitzung zu verhindern. In unserer finanziellen Lage würde ein Streik den Lösungsraum nur verkleinern.«
Droht der Airline eine neue Welle von Arbeitskämpfen?
Der Lufthansa droht zugleich auf anderen Tarifbaustellen neuer Ärger: Die Spartengewerkschaft Ufo erklärte jüngst die Gespräche mit der Konzernführung über eine tarifliche Gesamtlösung für das Kabinenpersonal bei Lufthansa, Lufthansa CityLine, Lufthansa City Airlines und Discover Airlines Anfang dieser Woche für gescheitert. Nun will die Unabhängige Flugbegleiter Organisation (Ufo) ihre Forderungen für die Kabinenbeschäftigten der einzelnen Airlines im Rahmen voneinander unabhängiger Verhandlungen durchsetzen.
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