Hartnäckig hält sich das Gerücht, dass Kuhmilch klimaschädlich sei. Laut Prof. Dr. Kurt-Jürgen Hülsbergen, Leiter des Lehrstuhls für Ökologischen Landbau und Pflanzenbausysteme an der TU München, ist das aber nur ein Teil der Wahrheit. Er erklärte in einem Vortrag die Bedeutung der Grünland-Milchviehhaltung für Klima und Humusaufbau. »True-Cost-Berechnungen sind derzeit sehr populär – diese Betrachtung ist aber zu kurz gedacht, wir sollten genauso den True Benefit beachten, also den Nutzen, den die Bewirtschaftung haben kann. Das Alpenland als Einzugsgebiet der Molkerei Berchtesgadener Land ist mit über 90 Prozent Grünlandanteil besonders begünstigt, denn Grünlandböden sind ein entscheidender Kohlenstoffspeicher und ein unterschätzter Faktor im Kampf gegen den Klimawandel«, so Hülsbergen.
Langzeitstudien seines Lehrstuhls belegen, dass Dauergrünlandböden unter Milchviehhaltung besonders hohe Humusgehalte aufweisen. »Beweidung, organische Düngung und artenreiche Pflanzenbestände sorgen für einen stabilen Kohlenstoffkreislauf und fruchtbare Böden.« Würde dieses traditionelle System durch Umwandlung in Ackerflächen ersetzt – zum Beispiel für die Produktion von pflanzlichen Milchersatzprodukten – gingen wertvolle Humusreserven verloren, mit langfristig negativen Folgen für Klima und Bodenfruchtbarkeit.
Ein zentraler Bestandteil des Vortrags war die Vorstellung eines aktuellen Forschungsprojekts der TU München. Dabei werden systematisch Humusgehalte und Bodenkohlenstoffvorräte im Alpenraum erfasst. Gemeinsam mit Landwirten werden Bodenproben entnommen und ausgewertet, um konkrete Daten zur Klimawirkung der regionalen Milchviehhaltung zu gewinnen.
Die ersten Ergebnisse zeigen: Der Alpenraum bietet mit seiner dauerhaften Bodenbedeckung, den vielfältigen Pflanzengesellschaften und der traditionellen Bewirtschaftung ideale Voraussetzungen für nachhaltige Kohlenstoffspeicherung. »Grünland ist weit mehr als nur die Grundlage unserer Milchwirtschaft. Es filtert Wasser, schützt vor Erosion, fördert Artenvielfalt und speichert deutlich mehr Kohlenstoff als bei ackerbaulicher Nutzung«, fasste Hülsbergen zusammen.
»Unsere Landwirte betreiben Klimaschutz vor unserer Haustür, jeden Tag«, betonte auch Molkerei-Geschäftsführer Bernhard Pointner, während Professor Hülsbergen klarmacht: »Wenn wir ernsthaft Klimaneutralität in der Landwirtschaft erreichen wollen, führt am Schutz und der klugen Nutzung unserer Grünlandflächen kein Weg vorbei«, so das Fazit des Wissenschaftlers. Die Molkerei Berchtesgadener Land sieht sich dabei bestens aufgestellt – wirtschaftlich, ökologisch und gesellschaftlich.
Eingebettet war der Vortrag in die 93. Generalversammlung der Molkerei Berchtesgadener Land, die im Auerbräu-Festzelt in Rosenheim stattgefunden hat. Die Genossenschaftsversammlung zeigte eindrucksvoll, wie eng Tradition, wirtschaftlicher Erfolg und Verantwortung für Umwelt und Gesellschaft in der Molkerei Berchtesgadener Land miteinander verbunden sind.
Vorstandsvorsitzender Andreas Argstatter und Geschäftsführer Bernhard Pointner berichteten von einem insgesamt stabilen Jahr 2024 mit erfreulichen Milchpreisen und dem erfolgreichen Abschluss wichtiger Investitionsprojekte. Besonders hervorgehoben wurde das kontinuierliche Wachstum im Bereich Bio- und Regionalprodukte sowie die neue Marketingkampagne, die ab Mai 2025 startet.
Bernhard Pointner sieht 2025 als entscheidenden Wendepunkt für die Molkerei. Mit Blick auf das Jubiläum zum 100-jährigen Bestehen 2027 werde nun die Grundlage für die Zukunft gelegt. Denn auch künftig soll gelten: Konzentration auf nachhaltiges Wachstum und die gezielte Nutzung regionaler Stärken. fb