Dem anhaltenden strömenden Regen sah man am 12. d. Mts. Abends schon mit Bangen entgegen. Nachts 12 Uhr durcheilte die Botschaft, daß das Wasser die Dämme übertrete und bereits die unteren Stadtteile überschwemmt, die Stadt. Die Feuerwehr wurde alarmiert. Um 2 Uhr war Alles überschwemmt, in der Au das Wasser meterhoch gestiegen.
Ein todkranker Mann (...) wurde von hilfsbereiten Menschen vom 1. Stock seines Hauses auf einer Tragbahre in Sicherheit gebracht. Das Wasser stieg fortwährend. Heute Morgens übersah man die ganze Gefahr. Die Höpflinger-, die Eisenärzter-, die Veitsgrabenerbrücke sind weggeschwemmt, der Empfingersteg arg beschädigt. Die Au (wahrscheinlich weil das Triftwerk theils gebrochen ist) und Wiese stehen im Wasser und zwar hat daselbe eine Höhe erreicht, daß die älteren Leute sich an ein solches Hochwasser nicht erinnern können. In der Saline hat das Wasser den großen Salzvorrath aufgefressen, das Salingeleite ist vernichtet. Telegraphen- und Telefonleitung theilweise unterbochen.
Herzzerreißend ist es anzusehen, wie die Leute aus den oberen Stockwerken um Hilfe und Nahrungszufuhr herabblicken. (...) Die mit großem Kostenaufwand hergestellten Schutzdämme konnten einer solchen Wassermasse nicht widerstehen und wurden theilweise weggerissen. Schauerlich sieht es in Veitsgraben (einem Stadtteil) aus. Das zusammengelaufene Wasser hat eine Erdmasse, auf der man vor wenigen Wochen das Schützenfest feierte, 12 bis 15 Meter eif mit den daraufstehenden Bäumen weggeschwemmt und rast wüthend durch die Straße. (...)
Um 9 Uhr kamen zwei Schiffe von Chieming an, konnten jedoch, da das Wasser in den Straßen zu stark reißt, wenig helfen. Die kleinen Häuschen in der Nähe der Heiliggeistbrücke stehen ganz unter Wasser und können die armen Leute im 1. Stock auch nicht mehr wohnen, sie sind gezwungen, unterm Dach Schutz zu suchen und sehen mit Zittern dem noch immer anhaltenden strömenden Regen entgegen. (...) Hoffnungslos wartet Jedermann auf ein Sinken des Wassers, aber umsonst – es steigt noch. Der Schaden der ganzen Bevölkerung in dem großen Ueberschwemmungsgebiet ist unermeßlich; wie der Boden aussieht, wenn das Wasser abgelaufen ist, wer kann es sagen?