Der Renaissance-Fürst von Brabante (Axel Meinhardt) ist der Meinung, er habe das Recht, in absoluter Herrschsucht und um der Erbfolge willen seine Enkelin (Pauline Großmann) – genannt Gabriel – vom Hauslehrer Marc (Matthias Hermann) erziehen zu lassen – als Mann mit all den idealen Eigenschaften, die dieser in der Renaissance als junger Fürst brauchte. Der Enkelsohn des Fürsten von Brabante, Astolphe (Aaron Röll), ist der Sohn des von ihm verstoßenen Sohns Octave und daher ebenfalls unbeliebt. Aber genau in diesen verliebt sich Gabriel, der sich schon länger als Frau gefühlt und sich auch für eine Party in eine solche verkleidet hat. Ein doppeltes Verwirrspiel mit Masken.
In diesem vielschichtigen Theaterstück werden verschiedene Frauenrollen vorgestellt: Astolphes Mutter als traditionelles Rollenbild und die laszive Faustina, beide gespielt von der wandelbaren Larissa Enzi. Der Mutter als Ergänzung ist ihr Sohn Astolphe gegenübergestellt und Faustinas (Haupt-)Partner ist Antonio (Maximilian Paier). Jede dieser Rollen definiert sich auch in der Spiegelung durch die anderen. Dazu tragen symbolisch die Spiegel auf der Bühne (Eva Musil) bei.
Schließlich ist da vor allem Gabriel/Gabrielle, der/die in sich beides vereint: sowohl die Intellektualität eines typischen Mannes in der Renaissance, als auch tief empfundene weibliche Emotionen. Als Mann funktioniert sie zackig, wenn hinter dem Vorhang andeutungsweise Autoritätsgestalten erscheinen. In ihren Tanzbewegungen ist sie ganz Frau, wenn sie alleine ist.
Am Schluss entscheidet sie sich weder für das eine, noch für das andere oder vielleicht für beides gleichzeitig: »Ich habe das Gefühl, dass ich mehr bin als eine Frau. Ich habe nicht aufgehört, Mann zu sein.« Daraus resultiert die übergeordnete innere Haltung der Freiheit, ein Begriff, den Gabrielle als Frau am Ende mehrmals appellierend wiederholt.
Bewegung und Ausdruckstanz (Choreographie: Larissa Mota) spielen in diesem Stück eine große Rolle. Denn im Tanz und mit besonderen Bewegungen kommentieren und interpretieren die handelnden Personen, vor allem Gabriel/Gabrielle, was er/sie empfindet. Pantomimisch wird der symbolische Geschlechterkampf hinter einem Vorhang ausgetragen – mit bewegten Schattenbildern. Bilder solcher Art brauchen keine Worte, sie sprechen für sich und tragen wortlos zur Diskussion der Frage »wer bin ich wirklich?« bei. Ein Stück, das zum Erkennen des Wesentlichen führt. Weitere Termine gibt es bis zum 30. Mai.
Brigitte Janoschka