Gefährliche Körperverletzung statt versuchter Mord - für einen Krankenpfleger ist das Urteil vor dem Landgericht Landshut schwächer ausgefallen als von der Staatsanwaltschaft beantragt. Die Kammer verurteilte den 42-Jährigen zu dreieinhalb Jahren Haft, weil er in einer Klinik Ampullen manipulierte, um seine Medikamentenabhängigkeit zu befriedigen. Die Strafe kann aber zurückgestellt werden, sobald der Mann einen Therapieplatz gefunden hat. Das Urteil ist rechtskräftig.
Die Staatsanwältin war in ihrer Anklage von 15-fachem versuchten Mord ausgegangen und hatte in ihrem Plädoyer viereinhalb Jahre Haft gefordert. Die Kammer kam in dem Verfahren zu der Überzeugung, dass sich der Pfleger der gefährlichen und der versuchten gefährlichen Körperverletzung sowie des Diebstahls schuldig gemacht hat.
Abstrakte Lebensgefahr
Der Angeklagte hatte eingeräumt, Ampullen mit Morphin und Piritramid gegen Adrenalin und Naloxon ausgetauscht und gestohlen zu haben. Aufgrund der Manipulationen wurden mehreren Patienten falsche Arzneien verabreicht. Bei ihnen habe eine abstrakte, aber keine konkrete Lebensgefahr bestanden, so der Vorsitzende Richter. Weitere Patienten hätten falsch behandelt und gefährdet werden können.
Jedoch: »Das ist schon ein Hammer, was Sie da gemacht haben«, sagte der Vorsitzende Richter. Der Angeklagte habe es nicht mehr in der Hand gehabt, welcher Patient ein falsches Medikament verabreicht bekommen würde. Die Tat könne einen Vertrauensverlust der Menschen in die ärztliche Versorgung bedeuten.
Missstände im Gesundheitssystem
Zu Gunsten des Mannes werteten die Richter das Geständnis. Zudem sei er überfordert gewesen, über eine Leiharbeitsfirma von Klinik zu Klinik weitergereicht worden und sei selbst behandlungsbedürftig. In seinem letzten Wort bat der Angeklagte um Verzeihung und sagte, die Tat tue ihm leid.
Der Fall legte laut Vorsitzendem Richter auch Missstände im Gesundheitssystem offen. Nicht nur, dass Zeitarbeit hier nicht geeignet sei, um dem Fachkräftemangel zu begegnen, sondern auch, dass der Angeklagte Lücken im Pflegebereich habe ausnutzen können. So sei beispielsweise in Situationen großer Hektik der Schlüssel für den Betäubungsmittelschrank weitergereicht worden. Der Staatsanwältin zufolge hatte die Zeitarbeitsfirma von einem Medikamentendiebstahl des Pflegers an einer früheren Arbeitsstelle erfahren und nichts unternommen.
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