Die Musikkapelle Holzhausen-Vachendorf eröffnete das Starkbierfest musikalisch, dann bat Sepp Geistanger, Vorsitzender des Musikvereins, Bürgermeister Rainer Schroll auf die Bühne, um das erste Fass der Brauerei Schnitzlbaumer anzustechen. Der Gemeindechef brachte mit fünf kräftigen Schlägen den Zapfhahn ins Fass – begleitet vom traditionellen »Ozapft is!«. Der bayerische Defiliermarsch setzte musikalisch ein, und das Fest war offiziell eröffnet.
Danach stürmten Schorsch und Martl die Bühne – und zogen ein kabarettistisches Feuerwerk ab, das an Präzision, Witz und Lokalkolorit kaum zu überbieten war. Vom Festplatz als Landezone für Außerirdische zum Studium der kleinen grünen Männchen beim anstehenden Trachtenvereinsjubiläum im Mai bis zur Running-Bakery-Idee für die ortsansässige Bäckerei wurde kein Thema ausgelassen.
Mit spitzer Zunge kommentierten sie die neuerdings so hohe Frauenquote im Vereinsvorstand der Musikkapelle (»schlimmer als beim Frauenbund – aber natürlich nur a Spaß!«), nahmen auch das rote Gerüst am Rathaus aufs Korn (ein politisches Statement des Bürgermeisters in Stahl und Farbe?) und philosophierten über die immer größer werdende Turnhalle (»Anbau für den Anbau des Anbaus«). Selbst das Weißbierfest beim letztjährigen Vereinsjubiläum der Feuerwehr und seine 35 Grad Innenraumtemperatur wurden nicht verschont.
Ein Glanzstück ihrer Einlage war die Schilderung einer kafkaesken Odyssee durch die bürokratische Vertretungslogik der Gemeinde: Der Schorsch kommt ins Rathaus, will in Zimmer 1 – dort hängt ein Zettel: »Vertretung Zimmer 2«. In Zimmer 2? Ebenfalls ein Zettel: »Vertretung Zimmer 1«. Also versucht man es halt nebenan in Zimmer 3 – doch dort steht nur: »Nicht besetzt. Bitte ans Personalbüro wenden.« Und das Personalbüro? Hat geschlossen. – Der Saal tobte.
Am Ende gab’s donnernden Applaus für zwei, die das Dorfleben kennen – und meisterlich auf die Bühne gebracht haben.
Der dritte Block brachte eine feine musikalische Einlage: Die vier »Hefedamen« sangen sich mit einem augenzwinkernden Lied in die Herzen des Publikums. Sie beklagten sich charmant darüber, dass man heutzutage bei Amazon und Zalando alles bestellen kann – nur keinen Mann.
Der Beitrag war pointiert, humorvoll, auf den Punkt gesungen, trefflich an der Gitarre von Babsi Eckart begleitet – mit großem Applaus bedacht.
Den finalen Höhepunkt des Abends setzte ein turbulentes Theaterstück, aufgeführt von den Stammtischweibern rund um Rita Lautenbacher. In »Brauereikurs beim Schnitzlbaumer – Selbstgebrautes Bier« wurde eine Szene präsentiert, in der sich eine hochmotivierte Damenrunde (alias »die Prosseccoschnecken«) zum Braukurs anmeldet – ausgestattet mit Esoterik, Wurstsemmeln und Gummistiefeln fragwürdiger Herkunft.
Mit dabei: Dörte Sonnenschein, Influencerin, die das Ganze mit Ringlicht, Rabattcode und spirituellem Sendungsbewusstsein live in ihre Community streamte. Zwischen Tulpenverkauf, Dialektseminaren, Running Gags, Bieraromatisierung mit Banane, Ingwer und Chili wurde so ziemlich jeder Aspekt des dörflichen Kosmos' verarbeitet – mit Tempo, Präzision und herzerfrischender Ironie.
Als der Schöpflöffel aus dem Sud erschrocken hervorschnellte (»Hoit! Wos is do mit unserm Reinheitsgebot vo 1516?!«), war klar: Dieses Stück war Craftkabarett auf höchstem Niveau – und zeigte in bester Tradition, dass Vachendorf mehr kann, als feiern. Es kann sich selbst auf die Schippe nehmen – und das ausgezeichnet gut.
Fazit: Das Starkbierfest 2025 war mehr als ein bloßes Fest – es war ein künstlerisches Ausrufezeichen in der Vachendorfer Kulturszene. Die Veranstaltung war sehr gut besucht, das Programm ausgezeichnet abgestimmt auf das Dorf – und das Ganze ein eindrucksvolles Beispiel dafür, wie sich Menschen kreativ, pointiert und mit großer Lust am Mitgestalten in das dörfliche Leben einbringen. Dass es so ein Starkbierfest in Vachendorf gibt, ist an sich schon eine Erwähnung wert – dass es auf so hohem Niveau gefeiert wird, erst recht. jni