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Nach dem Konzert in der Kirche, gab es eine spontane Jam-Session vor dem Gotteshaus in Burg (von links) Ivan Hunter (Trompete), Helmut Rieger (Klavier) und Christian Kämmerling (Gitarre).

»Ihr miassts wieda kemma!«

Taching am See – Sängerin und Gesangspädagogin Daniella Rieger-Böhm bot mit ihren Schülern, die sie an den Musikschulen zwischen dem Rupertiwinkel und dem Chiemgau unterrichtet, in der Wallfahrtskirche Mariä Himmelfahrt in Burg über eine Stunde Vokal-Musik unter dem Titel »Auf Flügeln des Gesangs« vom Barock bis heute.


Mit diesem Lied vertonte Felix Mendelssohn-Bartholdy ein Gedicht von Heinrich Heine. Gerlinde Zornek, die im Chiemgau lebt, bot es, zusammen mit ihrer Lehrerin Daniella Rieger-Böhm als fröhliche Einstimmung dar. Dieses Duo sang darauf auch einfühlsam den Kanon »Dona nobis pacem«, der Wolfgang Amadeus Mozart zugeschrieben wird. Man blieb noch eine Weile bei dem berühmtesten Sohn Salzburgs. Die elfjährige Viktoria Scheuerer aus Freilassing präsentierte eine »Kinderfassung« des Hauptmotivs aus der »Kleinen Nachtmusik«. Sylvia Köberle aus Kirchanschöring sang Mozarts »Laudate Dominum« mit Anmut. Aus der Oper »Die Hochzeit des Figaro« hatte Gerlinde Zornek »Voi che sapete« vorbereitet. Sehr sicher und in tadellosem Italienisch interpretierte sie diese Arie des Cherubino. In Händels Oper »Alcina« singt der an seinen Gefühlen zweifelnde Ruggiero »Mi lusinga il dolce affetto«. Gerlinde Zornek meisterte auch diese anspruchsvolle Arie tadellos. Sehr intonationssicher und mit schöner Stimme sang Sylvia Köberle »Domine Deus« aus dem »Gloria« von Antonio Vivaldi.

Einen Sprung vom barocken Europa nach Amerika machte man mit dem Spiritual »Kum ba yah«. Ursprünglich ein religiöses Lied der Afro-Amerikaner, wurde es von Folksängern, wie etwa Joan Baez, berühmt gemacht. In Burg sang es Viktoria Scheuerer. Als Kontrast dazu trug sie das lustige Lied »Mein kleiner, grüner Kaktus« vor. Zoe Carbon aus Freilassing und Riccarda Ceszky aus Teisendorf sangen nacheinander mit starker Stimmpräsenz Songs aus dem Jazz-Repertoire: die schöne Ballade »Somewhere Over The Rainbow« (aus dem Film »Der Zauberer von Oz«) und, im Latin-Rhythmus und mit einer hinreißenden Solo-Improvisation, den Standard »Fly Me To The Moon«. Sämtliche Lieder begleitete Helmut Rieger am Piano.

Zwei Liedermacher hat Daniella Rieger-Böhm unter ihren Schülern: den aus dem Salzkammergut stammenden und beruflich derzeit in Norwegen tätigen Jamez Newer und Stefan Fenninger aus Wonneberg. Newer erhält seinen Gesangsunterricht online, und zweimal im Jahr sehen sich Schüler und Lehrerin in Konzerten. Er schreibt sozialkritische Lieder in englischer Sprache und begleitet sich selbst auf der Akustik-Gitarre. In Burg hörte man »New Society« und »Watch Out«. Fenninger dichtet seine Texte in bairischer Mundart, und es geht in ihnen oft um intensive Gefühle, Liebe und Freundschaft, wie in den Liedern »Glück« und »Claudiandi« (letzteres widmete er seiner Schwester Claudia und seinem Schwager Andi zu deren Hochzeit). »Stand By Me«, einen Hit von 1961, sang Fenninger in einer eigenen Fassung und spielte dazu auf seiner halbakustischen Gitarre.

Als Gast war Christian Kämmerling, ein alter Freund Helmut Riegers, aus Berchtesgaden angereist, um zwei irische Folksongs beizutragen: das unter die Haut gehende Anti-Kriegs-Lied »The Town I Loved So Well« und die wehmütige Ballade »Cerrickfergus«, die vom Verlust der Heimat erzählt. Auch Kämmerling begleitete sich auf der Gitarre. Helmut Rieger spielte dazu dezent die zweite Stimme auf der Klarinette. Dann war es an der Zeit für das Finale: Alle Beteiligten sangen und spielten »The Rose«. Da Daniella Rieger-Böhm das zahlreiche Publikum zu Beginn des Konzerts gebeten hatte, aus Respekt vor dem Sakralraum zwischen den Stücken nicht zu applaudieren, brach der Beifall nach dem letzten Akkord umso vehementer los und ging sofort in Standing Ovations über.

Es gab in der Kirche keine Zugaben, denn inzwischen hatten sich die Regenwolken verzogen und die »Open-Stage« konnte mit einem Picknick vor der Kirche beginnen. Spontan fanden sich Musiker zusammen, um zu jammen. So holte Ivan Hunter, der mit Gattin zum Zuhören gekommen war, seine Trompete und jazzte mit den anderen Musikern des Konzerts. Alter und Herkunft spielen in der Musik keine Rolle. Das Publikum konnte den wunderbaren Ausblick bei Speisen und Getränken in der Abendsonne genießen. Andreas Kraller, der junge Mesner der Kirche in Burg, drückte seine Begeisterung so aus: »Ihr miassts wieda kemma!« fb