Mit Smartphone auf der Toilette
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Die Mehrheit der Menschen in Deutschland lässt sich auch auf dem Klo vom Smartphone berieseln. (Archivbild) Foto: Robert Michael/DPA
Mit Smartphone auf der Toilette
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Jeder zehnte Befragte telefoniert gar auf dem Klo sitzend - und immerhin noch vier Prozent schauen, was sich in Dating-Apps so tut. (Archivbild) Foto: Robert Michael/DPA

Mit dem Smartphone aufs Klo? Ein No-Go für den Po

Berlin (dpa) - Unten drücken, oben scrollen: Die meisten Menschen brauchen offenbar selbst auf der Toilette sitzend noch Unterhaltungsprogramm. Das kann womöglich unangenehme Folgen haben.


Wenn der Mann seit einer Viertelstunde verschwunden scheint, sitzt er mit hoher Wahrscheinlichkeit mal wieder handyscrollend auf dem Klo. Auch Frauen wählen das Örtchen gerne mal als Rückzugsort und pausieren mit dem Smartphone auf der Porzellanschüssel.

Die Mehrheit der Menschen in Deutschland lässt sich nach aktuellen Daten auch auf dem Klo vom Smartphone berieseln: Bei den 25- bis 34-Jährigen nutzen einer Yougov-Umfrage im Auftrag der Nachrichtenagentur dpa sogar mehr als 80 Prozent das Handy, wenn sie auf der Toilette sitzen. Im Mittel sind es 54 Prozent der Erwachsenen, Männer mit 58 Prozent mehr als Frauen (49 Prozent).

Und die Zeit verfliegt...

Es wird durch soziale Netzwerke gescrollt, nach dem Wetter geschaut, gespielt oder in Dating-Apps geflirtet - und das gern mal länger als geplant. Wie schnell die Zeit verfliegt, wenn man mit dem Handy auf Toilette sitzt, hat schon fast die Hälfte der Nutzer (48 Prozent) mal überrascht.

So viel Zeit auf dem Klo ist ein No-Go für den Po, wie einige Experten warnen. Lange Sitzzeiten dort können demnach die Entwicklung vergrößerter Hämorrhoiden begünstigen. Ursache soll der anhaltend erhöhte Druck auf Blutgefäße im Bereich des Afters durch die Sitzposition und die Entspannung des Beckenbodens sein.

Angewohnheit mit unangenehmen Folgen?

Auch eine aktuelle US-Studie schließt auf einen solchen Zusammenhang: Umfrageteilnehmer, die angaben, ihr Smartphone auf der Toilette zu benutzen, hatten ein höheres Risiko für vergrößerte Hämorrhoiden als Nichtnutzer, wie das Team um Trisha Pasricha von der Harvard Medical School in Boston im Fachjournal »PLOS One« berichtet. Einbezogen wurden 125 Erwachsene, bei 43 Prozent von ihnen wurden mittels Koloskopie Hämorrhoiden nachgewiesen.

Von den Befragten griffen 66 Prozent auf der Toilette zum Smartphone. Von diesen wiederum verbrachten 37 Prozent pro Toilettengang mehr als fünf Minuten auf dem Klo - bei den Menschen ohne Handynutzung waren es nur 7 Prozent.

Experten-Tipp: Timer stellen

»Die Studie untermauert den allgemeinen Ratschlag, Smartphones außerhalb des Badezimmers zu lassen und zu versuchen, nicht länger als ein paar Minuten auf der Toilette zu sitzen«, erklärte Pasricha. »Wenn es länger dauert, fragen Sie sich, warum. Lag es daran, dass der Stuhlgang wirklich so schwierig war, oder daran, dass meine Aufmerksamkeit woanders war?« Sich einen Timer zu stellen, könne womöglich helfen.

Der Gastroenterologe Ulrich Tappe aus Hamm hält die Studie allerdings für wenig aussagekräftig. Mit einer Koloskopie ließen sich Hämorrhoidenleiden nur eingeschränkt diagnostizieren, zudem werde der Einfluss bestimmter anderer Faktoren nicht ausgewogen berücksichtigt. Vergrößerte Hämorrhoiden entstünden zudem über längere Zeiträume - nötig sei deshalb eine Langzeitstudie, keine reine Momentaufnahme. »Methodisch ist das einfach schwach.« Der immer wieder mal erwähnte Zusammenhang zwischen Smartphone-Nutzung auf Toilette und Hämorrhoidenleiden bleibe damit weiter spekulativ.

Jeder Mensch hat Hämorrhoiden, kurz vor dem After sitzende Blutpolster, die zusätzlich zu den Schließmuskeln abdichtend wirken. Dauerhaft vergrößert können sie Schmerzen, Juckreiz und Blutungen verursachen. Ursache ist vielfach zu vermehrtem Pressen führende Verstopfung, die wiederum auf eine ganze Reihe von Faktoren zurückgehen kann, wie Tappe erklärt: zu wenig Bewegung, ballaststoffarme Ernährung und Übergewicht zum Beispiel.

Und was ist mit dem Ekelfaktor?

Hämorrhoiden sind das eine Problem - viele Menschen dürfte es beim Gedanken an Handys auf dem Klo vor allem aus hygienischen Gründen schaudern. Tatsächlich geben in der Yougov-Umfrage nur knapp zwei Fünftel der Befragten (39 Prozent) an, ihr Handy nach dem Toilettengang zu reinigen, Frauen häufiger als Männer (44 versus 33 Prozent).

»Die Handy-Flora spiegelt die Hand-Flora des Besitzers wieder«, sagt Markus Egert von der Hochschule Furtwangen. So wie die Hände sollte auch das Smartphone nach dem Toilettengang gereinigt werden, zum Beispiel mit einem alkoholhaltigen Brillenreinigungstuch, erklärt der Mikrobiologe. Handys seien zwar grundsätzlich kein guter Lebensraum für Keime, aber vermehrungsfähige Fäkalkeime könnten trotzdem haften bleiben.

Einen Rat haben Experten übrigens auch für Menschen, die aufs Klo als wertvollen Rückzugsraum für kleine Pausen nur schwer verzichten können: einfach auf den geschlossenen Toilettensitz setzen.

© dpa-infocom, dpa:250905-930-998671/1