»Unsere Tour war alles in allem ein Erlebnis«, betont Florian Reiterberger und ergänzt nicht ohne Stolz: »Damit haben wir zwei Tage reingefahren. Wir hatten einfach auch unheimliches Glück mit dem Wetter. Die Regenstunden konnten wir an einer Hand abzählen. Alles in allem hat alles perfekt funktioniert. Wir haben sehr viel mitnehmen können.« Das bestätigt auch seine Lebensgefährtin Tina Gröne, die viele Jahre in Chieming gewohnt hat: »Ab der zweiten Woche wusste ich nicht mehr, welcher Wochentag eigentlich ist. Man radelt einfach den ganzen Tag entspannt vor sich hin.«
Täglich standen für das Duo Tagesetappen von über 150 Kilometern auf dem Programm, mit mal mehr, mal weniger Höhenmetern, mit mal mehr unerwarteten Herausforderungen, mit mal weniger. Insgesamt legten sie auf ihrer Reise durch Zentraleuropa 3350 Kilometer und über 35 000 Höhenmeter durch Italien, Österreich, Deutschland und Dänemark zurück. »Das waren rund 100 Kilometer mehr als ursprünglich geplant«, rechnet der erfahrene Extremsportler vor, der eine eigene Radlwerkstatt in Eggstätt betreibt.
Kurioserweise legte das Duo damit auch exakt die gleiche Strecke zurück, wie die Fahrer der Tour de France, die aktuell gerade noch läuft und die in diesem Jahr 21 Etappen von Florenz nach Nizza umfasst. »Nur haben wir eben nur 20 Tage gebraucht, das Ganze im self-support und ohne Ruhetage gemacht«, ergänzt Reiterberger lachend.
Alles lief praktisch von Anfang an wie am Schnürchen. »Wir hatten körperlich beide keine größeren Probleme, nur mal einen kleinen Durchhänger, aber das ist auf diese Distanz völlig normal«, betont Reiterberger. »Und wir hatten auch keinen einzigen technischen Defekt an beiden Rädern.« Insgesamt gab's auch nur fünf Platten – drei davon passierten auf der Schlussetappe kurz vor Skagen, wo Ost- und Nordsee aufeinandertreffen.
Gleich zum Start wird es richtig anstrengend
Der Start in Italien forderte die beiden gleich mal richtig. »In Kalabrien ist es einfach wahnsinnig steil«, berichtet Reiterberger. So ging es bereits nach acht Kilometern gleich mal richtig den Berg hoch – »1400 Höhenmeter und teilweise mit bis zu 18 Prozent Steigung.« Alles andere als ein leichter Anfang einer solchen Tour. Neben dem hügligen Terrain forderte die beiden in Italien zusätzlich die Hitze. »Da hatten wir teilweise 35 Grad Celsius.« Noch dazu seien die Straßen dort eine Katastrophe gewesen, ergänzt er. »Da waren wir tatsächlich die ganze Zeit richtig gefordert«, betont Tina Gröne. »Wir hatten ja auch unser ganzes Gepäck am Rad dabei.« Was ihnen dabei geholfen hat, »war schon unsere Erfahrung aus den bisherigen Rennen. Wir wissen: Das, was wir uns vornehmen, können wir auch durchziehen.« So schafften sie es auch, die ersten anstrengenden Tage gut hinter sich zu bringen.
Ab Bologna hatte das Paar dann vier Tage lang heftigen Gegenwind, was das Vorankommen erschwerte. »Das geht auch ganz schön auf die Oberschenkel«, erzählt Reiterberger. »Das haben wir so auch noch nie gehabt«, ergänzt Gröne. Doch sie bissen auf die Zähne.
Kleinere Umwege waren im ersten Land der gewaltigen Tour ebenfalls nötig. »Die Rad-Unterführungen waren teilweise unpassierbar.« Dort sei nach den sintflutartigen Regenfällen noch das Wasser meterhoch gestanden. »Vom Regen haben wir aber bis dahin gar nichts mitbekommen.« Und so hieß es kurzerhand umplanen, eine neue Route finden – und so gab's eben auch immer wieder ein paar Extra-Kilometer für das Radteam obendrauf – aber alles noch im Rahmen!
Ab dem Gardasee gab's für Reiterberger und Gröne dann eine neue Herausforderung. »Dort wurde es plötzlich kälter.« Das habe ihnen zunächst durchaus zu schaffen gemacht. »Weil wir das schon gar nicht mehr gewohnt waren«, sagt Reiterberger, doch die beiden waren für alle Wetterbedingungen ausgerüstet. »Alles in allem sind wir aber gut durch Italien durchgekommen.«
Einen Kurzaufenthalt von ein paar Stunden gab's dann auch in Österreich, ehe sie in Deutschland einen großen Teil ihrer Abenteuerreise zurücklegten. »Wir sind in Deutschland richtig schnell vorwärts gekommen«, berichtet Reiterberger. »Da hat wirklich alles sehr gut funktioniert.« Die Radwege seien sehr gut ausgebaut gewesen – und so erreichten sie auch die Fähre, die sie über die Elbe setzte, ohne größere Verzögerungen.
Nur einmal machte das Wetter Reiterberger und Gröne, die auf ihrer Route auch immer mal wieder bekannte Gesichter getroffen haben (»Ab und an sind wir dann auch schnell auf einen Kaffee stehen geblieben«) einen Strich durch die Rechnung. »Wir mussten bei Hannover eine Tagesetappe spontan verkürzen«, berichtet Reiterberger. »Aber da zog ein Gewitter auf und das war brutal. Gut, dass wir uns da ein Zimmer genommen haben.« An diesem Tag blieb das Paar etwas hinter ihrem selbst gesteckten Tagesziel zurück. »Aber nur um 20 Kilometer.«
In Dänemark wurde das Wetter dann deutlich schlechter. »Typisch nordisch eben«, lacht Reiterberger. Ein Problem sei dort auch gewesen, Übernachtungsplätze zu bekommen. »Wir wollten eigentlich überwiegend in Shelters übernachten, aber weil in Dänemark gerade Midsummer war, waren die meistens ausgebucht.« So musste das Paar in diesem Punkt etwas improvisieren.
Die letzten Tage waren Florian Reiterberger und Tina Gröne dann auch noch einmal richtig gefordert. »Wir haben doch ziemlich gefroren zum Schluss raus und waren einfach nur froh, als wir angekommen sind.« Zudem wurde der Weg auch immer beschwerlicher. Zwar sind auch in Dänemark die Radwege gut ausgebaut, aber eben auch sehr sandig. »Und das ist der Tod für die Reifen.« So musste Reiterberger dann auch doch noch öfters zum Reparaturset greifen, als ihm lieb war – und Reifen flicken. »Aber alles kein Problem.«
Am Ende der Abenteuerreise fällt das Fazit der beiden rundherum positiv aus. »Es war für uns das erste Mal, dass wir so eine lange Tour gemacht haben. Aber es hat alles perfekt funktioniert«, freut sich Florian Reiterberger. Es sei allein schon wahnsinnig spannend gewesen, wie sich die Natur durch die vier verschiedenen Länder verändert habe. »Das war wirklich sehr interessant«, findet Tina Gröne, die als Flugbegleiterin ohnehin viel in der Welt umherkommt. Weniger gefallen hat den beiden die Müllproblematik in Italien. Am Startpunkt etwa: »Die werfen einfach alles auf die Straße«, erzählen beide. Auf ihrem Weg nach Dänemark gab's auch immer wieder einzigartige Begegnungen mit verschiedenen Wildtieren. Die beiden bekamen Wildschweine und Hirsche zu sehen. »Mit dem Rad kommt man halt doch einfach auch an Stellen hin, an die man mit dem Auto nicht kommt«, sagt Reiterberger. Aber auch Baby-Esel, Ferkel oder schwarze Eichhörnchen kreuzten den Weg der Radler. »Das war einfach süß«, betont Gröne.
Italien und Dänemark als gute Gastgeber
Zudem sei es faszinierend gewesen zu sehen, »wie unterschiedlich auch die Menschen in den verschiedenen Ländern sind«, erzählt Reiterberger. In Italien beispielsweise seien sie einmal gleich spontan zu einer Feier eingeladen worden. In Dänemark seien sie ebenfalls immer freundlich begrüßt worden und »auch kein einziges mal von einem Auto angehupt worden. Das war leider bei uns hier in Deutschland nicht so. Was ich sehr schade finde«. Es sei interessant zu sehen gewesen, »wie unterschiedlich die Mentalitäten dann eben doch sind«, ergänzt Gröne.
Nach den ganzen Strapazen gönnte sich das Duo noch ein paar Tage Erholung in Schweden. Und weil die Räder nun ja schon mal dabei waren, »haben wir Göteborg auch noch ein bisschen mit dem Rad erkundet«, lacht Florian Reiterberger. Beide können sich durchaus auch vorstellen, noch einmal so eine lange und aufwendige Tour in Angriff zu nehmen. Der erfahrene Sportler weiß aber: »Das ist immer auch eine Zeitfrage.«
Aber eines steht für die beiden dennoch auf jeden Fall fest: Das nächste Abenteuer kommt bestimmt. »Es ist auch schon in Planung«, verraten sie. Tina Gröne und Florian Reiterberger haben nämlich einen Startplatz für das »Race around Ruanda« bekommen. Damit geht es für sie im Februar 2025 auf jeden Fall nach Afrika. SB