Michl Lang - Ein Münchner Original
Ein Porträt des beliebten Volksschauspielers




Geboren wird Michael Wilhelm Lang am 16. Januar 1899 in Kempten/Allgäu als Sohn eines Schreiners. In seine Schulzeit fällt auch der erste, für sein späteres Schauspielerleben so wichtige Kontakt zu den Bauern. Weil der Vater recht sparsam ist, sucht er sich als Zwölfjähriger in den Sommerferien eine Stelle als Hüterbub, eine nachhaltige Erfahrung: »Aus oan Tiegel ham ma gess’n, und weil i so kloa war, hob i net neig'sehn. Die andern ham 's Fleisch rausgfischt, und i hob die Fettbrock'n derwischt, die i net runterbracht hob«.
Er soll Schreiner werden, um später den väterlichen Betrieb übernehmen zu können, doch die Lehre sagt ihm nicht zu. Er macht als Hilfsarbeiter in einer Weberei weiter, anschließend arbeitet er in einem Feinkostgeschäft, wo er mit dem Fahrrad Bestellungen ausliefert. Dann kommt der Krieg, und er beschließt, Schweizer zu werden, um notfalls nicht hungern zu müssen. Verdienst: die Woche 6 Mark. Zwei Jahre später wechselt er erneut die Stellung und wird Käser in Unterried. Im Juni 1917 ist es dann soweit. Das Vaterland ruft, und Lang verlässt Käserei und Allgäu, um sich dem Feind zu stellen. Er wird zur Feldartillerie nach Belgien abkommandiert, leidet aber bald an einer schmerzhaften Bartflechte und verbringt fast ein halbes Jahr in verschiedenen Lazaretten, zuerst in Belgien, dann in Deutschland und erfährt dabei, dass seine Batterie fast aufgerieben worden ist.
Nach seiner Genesung, im Sommer 1918, kommt er zu einer Einheit, die den Namen »Hörauf« – so heißt ihr Kommandeur – trägt. Die Kompanie soll über Österreich nach Italien marschieren, trifft aber überall schon auf die zurückweichenden Österreicher. Sodass viele Soldaten von »Hörauf« den Namen ihrer Einheit wörtlich nehmen und statt gegen Italien wieder in die Heimat ziehen. In Pfarrwerfen kehrt auch der Rest um. »So war'n mir die letzte ausrückende, aber aa die erste wieder heimkehrende Einheit«.
Zurück in der Heimat, kommt Lang bei einem Bekannten in Dachau unter und verdient sich sein Brot bei der Reichsabwicklungsstelle in München. Bei einem Besuch im »Platzl« stellt er erfreut fest, dass Sepp Eringer, der Direktor des »Platzl« und einer der bekanntesten Volksschauspieler, der Bruder seiner Mutter ist. Der versucht zwar, ihm den Gedanken an die Schauspielerei auszureden (unsichere Zeiten, beginnende Inflation usw.), doch als Lang nicht locker lässt, schickt ihn Eringer zu seinem Kollegen Joseph Meth, der in Reichenhall ein Ensemble unterhält.
Dort darf sich Lang zunächst nur um die Requisiten kümmern, doch er lernt schnell, studiert die Rollen und springt ein, als einer der Darsteller plötzlich aussteigt. Sein Debüt wird ein enormer Lacherfolg, und so darf er mit 21 Jahren endlich das tun, was ihm schon seit seiner Kindheit vorschwebt: Theater spielen. Auf einer Gastspielreise lernt er in Bremerhaven die Schauspielerin Franziska Pröll kennen, eine gebürtige Regensburgerin, die von Meth unterwegs engagiert wurde. Die beiden finden Gefallen aneinander, und nach einem Jahr Bekanntschaft heiraten sie am 19. März 1923 in Elberfeld. Die Ehe hält bis zu seinem Tod.
Doch die Hochzeitsfeier ist kaum vorbei, da verkracht sich Lang mit der Theaterdirektion. Das junge Künstlerehepaar will auf verschiedene Bedingungen nicht eingehen und lässt Meth mit seiner Gastspieltruppe weiterziehen. Bei einem Gastwirt, der die beiden vom Theater her kennt, nimmt Lang daraufhin eine Stelle als Aushilfskellner an. Der Verdienst ist wesentlich besser als bei der Schauspielerei, und so bleiben er und seine junge Frau länger als vorgesehen »in der Fremde«. Plötzlich – 1926 – gastiert Meth mit seinem Theater wieder in Elberfeld, und nach einer Aussprache mit Meth folgen ihm die Langs nach Reichenhall.
Kurz darauf wird für Lang ein Traum wahr: Er erhält von Weiß Ferdl und Sepp Eringer das Angebot, im »Platzl« zu spielen. Lang nimmt sofort an, und ist ab jetzt Schauspieler mit festem Wohnsitz in München. Rund 4000 Auftritte absolviert er in den nächsten zwölf Jahren auf der Bühne des »Platzl«, häufig zusammen mit seiner Frau und überaus erfolgreich. So schreibt das Münchner Abendblatt vom 19. November 1938: »Der Lang Michl ist nicht nur ein ausgezeichneter Charakterdarsteller, der seine jugendlichen Liebhaber ebenso glaubhaft hinstellt, wie seine verdruckten Altbauern, die Schwaben ebenso wie die Bayern; er ist auch ein volkstümlicher Lustspieldichter von Phantasie. Sein neuer Bauernschwank ‘Die rote Kerze’ reiht sich unter die bestgelungenen des reichhaltigen Spielplans«.
Der Zweite Weltkrieg beginnt, und auch Michl Lang erhält den Einberufungsbefehl. Weiß Ferdl will ihn U. K. stellen lassen, aber Lang will nicht daheimbleiben, während andere hinaus müssen. Er kommt nach Polen als Kanonier, landet wegen seines Organisationstalents aber bald schon beim Küchendienst und wird nebenbei Unteroffizier. Aber Weiß Ferdl macht eine Eingabe, und so wird Lang 1940 entlassen und kehrt ins »Platzl« zurück.
Durch die sogenannte »Goebbels«-Spende werden 1944 alle Theater geschlossen und der 45-Jährige muss wieder an die Front. Im Gegensatz zu seinem »Feldzug« im ersten Weltkrieg erreicht er dieses Mal Italien, wo er nach der Kapitulation in das Gefangenenlager Rimini 6a kommt. Hier gründet er zusammen mit Kollegen wie Rudolf Vogel ein Lagerensemble, das sechs Monate lang vor »ausverkauftem Haus« spielt und über das in der Lagerzeitung »Zeltstadt- Echo« am 12. September 1945 zu lesen ist: »... und gerade Michl Lang beherrscht die ganz feinen Tönungen eines Humors, der aus dem Mutterboden des Tragischen gewachsen ist, und darum auch so zu Herzen geht«.
Nach der Entlassung beginnt von neuem das alte Leben im »Platzl«, doch nicht für lange. Der junge Rundfunkregisseur Kurt Wilhelm will am Radio München eine nach amerikanischem Vorbild aufgebaute Familienserie starten, wobei er von Rudolf Vogel auf seinen Kriegskameraden Lang aufmerksam gemacht wird. Der zeigt zunächst aber wenig Interesse: »weil i mir denkt hob, des war'n ja doch bloß Sprüch«. Erst als Vogel Druck macht, geht er doch ins Funkhaus, legt seinen Hut auf den Schreibtisch von Kurt Wilhelm und sagt: »Do war i oiso, wia ham S'Eahna des jetzt vorg'stellt?«
Damit beginnt die gute Zusammenarbeit zwischen den beiden, obwohl Michl Lang noch während der Proben eine Gesichtslähmung bekommt, die ihn viele Wochen ans Krankenbett fesselt. Aber Kurt Wilhelm wartet eisern auf die Genesung des »Xaver Brumml«, und am 7. Juli 1947 ist es dann soweit. Die erste Brumml-G'schicht steigt, und die Berge von Hörerpost beweisen, dass diese Serie richtig liegt. 30 Geschichten an der Zahl entstehen bis 1953 und machen Michl Lang weit über die weiß-blauen Grenzpfähle hinaus bekannt und beliebt. Danach geht es Schlag auf Schlag. Der Rundfunk engagiert Michl Lang mehr und mehr, sodass er 1949 seine bisher gleichzeitig laufenden Auftritte am »Platzl« endgültig aufgibt. Nun entdeckt ihn auch der Film – wieder, muss man wohl sagen, weil er schon in vielen kleinen komischen Rollen in Weiß-Ferdl-Filmen mitgewirkt hat. Jetzt aber kommen größere und große Rollen, hauptsächlich in Heimatfilmen und Komödien wie in Thomas »Lausbubengeschichten«, wo er den Onkel Filser spielt. Aber auch aus dem Fernsehen ist Michl Lang in den folgenden Jahren nicht mehr wegzudenken, vor allem beim »Komödienstadl«. Dort spielt er eine Hauptrolle nach der anderen, etwa in »Die drei Eisbären« oder in »Der verkaufte Großvater«, den er brillant mit hintersinnigem, feinem Humor interpretiert.
Wolfgang Schweiger
Quellen: Michael Stiegler »Michl Lang alias Xaver Brumml«. Wikipedia.
40/2017