Jahrgang 2022 Nummer 43

Die Kriegergedenkstätte in Heilig Kreuz, Traunstein

Sie wurde im Gedenken an 112 Kriegsopfer am Karfreitag 1953 eingeweiht

Die Kriegergedenkstätte in einem Raum unter der Kirche mit Zugang vom Altarbereich.
Gedenktafeln für Vermisste, Verstorbene und Gefallene.

Die Entstehung der Pfarrei Heilig Kreuz in Traunstein geht auf die Nachkriegszeit zurück. Die Bevölkerung Traunsteins war nach Ende des 2. Weltkriegs auf nahezu 20 000 Einwohner angewachsen, viele Geflüchtete und Heimatvertriebene hatten hier ihre neue Heimat gefunden. Die Stadtpfarrkirche St. Oswald allein konnte dem nicht mehr gerecht werden; ein weiteres Gotteshaus war notwendig. Mit den Missionaren vom Kostbaren Blut übernahm eine Ordensgemeinschaft diese große Aufgabe. Die Kongregation erwarb zunächst das Kernschloss auf dem Kernschlosshügel mit reichlich Umfeld. Anlässlich der Passionsspiele 1950 war in Oberammergau eine Ausstellungshalle für sakrale Kunst errichtet worden, die genau geeignet für eine Rundkirche in Neu-Traunstein erschien. Nach harten Diskussionen erfolgte im November 1951 die Grundsteinlegung und nach einjähriger Bauzeit konnte Pater Johannes Bräunlich am 30.11.1952 die neue Kirche weihen. Gleichzeitig erfolgte die Erhebung zur Pfarrkuratie Heilig Kreuz, seit 1960 selbstständige Pfarrei.

Bald kam der Wunsch nach einer eigenen Gedenkstätte für die 112 Kriegsopfer der neuen Kuratie auf. Als gut geeignet erwies sich ein Raum unter der Kirche mit Zugang vom Altarbereich. Die kleine stimmungsvolle Anlage wurde am Karfreitag 1953 nach einer Andacht im Licht von 112 Kerzen eingeweiht. Über der Holztür zum Eingang der neuen Kriegergedenkstätte waren drei schmiedeeiserne Kreuze und der Schriftzug »Unseren Gefallenen« angebracht, im Inneren an der Westwand ein schlichter Altar mit zwei einfachen schmiedeisernen Leuchtern und darüber eine auf Holz gemalte Pieta. An beiden Seitenwänden nannten jeweils zwei Tafeln die Namen der 112 Gefallenen, Vermissten und Opfer der Fliegerangriffe auf Traunstein; allesamt Angehörige der neuen Pfarrei Heilig Kreuz.

In seiner Ansprache erinnerte Pater Johannes Bräunlich an die Notwendigkeit, mehr Liebe untereinander zu säen, da Hass nur Kriege im engsten Kreise und schlussendlich unter den Völkern entfache; ein Hinweis von aktueller und immerwährender Bedeutung.

Mit dem Kapellenraum erhielt Neu-Traunstein einen zentralen, gut zugänglichen würdigen Ort ihrer Toten zu gedenken. Im Lauf der Jahrzehnte verblasste die Erinnerungen, die Anlage geriet in Vergessenheit und wurde aufgelassen. Die Gedenktafeln lagerten unbeachtet an irgendeinem unwürdigen Ort bis sie 2021 von einem Kunstsammler aufgefunden wurden, der die Restaurierung organisierte und vor allem finanzierte. In Absprache mit der Kirchenverwaltung und Dekan Roider sind die Tafeln nun im Vorraum zur Krypta auf der Südseite der Kirche öffentlich zugänglich. Bisherwar es nicht möglich, den Verbleib des Pietabildes zu klären. Es zeigte die Mutter Gottes ganz in Dunkel gehüllt mit dem Heiland auf ihrem Schoße. Den Hintergrund bildeten kleine Kreuze mit Stacheldraht.

Erschaffen hat die Kriegergedenkstätte Professor Hans Uhl, der damals in Adelholzen lebte. Er ist 1897 in Frankfurt geboren und hat an der Städelschen Kunstschule in Frankfurt Glas- und Industriemaler gelernt. Später besuchte der die Akademie in München und arbeitete als Kunstmaler, Grafiker, Bühnenbildner und Bildhauer. Die Kriegswirren verschlugen ihn 1944 mittellos nach Berchtesgaden. In der Folgezeit entwarf er für zahlreiche kriegsgeschädigte Kirchen Glasbilder und Wandmalereien in Oberbayern und Franken. 1961 zog er nach Wels in Oberösterreich wo er am 5.12.1963 verstarb. Außer den hölzernen Gedenktafeln besitzt Heilig Kreuz noch weitere Werke aus seiner Hand. So gehen die drei großen Buntglasfenster hinter dem Altar auf seine Entwürfe zurück, umgesetzt hat sie aus jeweils circa 2000 bleigefassten Glasteilen die Traunsteiner Firma Werkmeister. Auch das runde Glasfenster über dem Haupteingang trägt seine Signatur. Das ebenfalls von ihm entworfene Weihwasserbecken wurde durch ein neues ersetzt.

 

Walter Staller

43/2022