Der Almkanal vom Königssee nach Salzburg
Er ist ein Meisterwerk der Wasserbaukunst des Mittelalters

Die Arme und Ausläufe des Almkanals, eingezeichnet in den Stadtplan von 1864.

Blick in den Kanaltunnel durch den Mönchsberg.

Im Schaubrunnen am Universitätsplatz sprudelt der Almkanal.
Schon seit hunderten von Jahren fließt Wasser aus dem Königssee als Almkanal durch die Stadt Salzburg. Es betrieb früher zahlreiche Mühlen und Hammerwerke, diente aber gleichzeitig für die Einleitung der Abwässer aus Gewerbe und Haushalt. Der Bau des Almkanals mit seinen verschiedenen Verzweigungen und dem Durchstich durch den Mönchsberg ist eine technische Meisterleistung des Hochmittelalters und eine Pioniertat der Wasserbautechnik.
Die Anfänge des Kanals reichen bis in das 12. Jahrhundert zurück. Ursprünglich wurde er vom heute verschwundenen Riedenburgbach gespeist, der das Untersberger Moor entwässerte, aber eine sehr ungleichmäßige Wasserführung hatte. Deshalb beschloss man, den Abfluss des Königssees, die Königsseer Ache, auch »die Alm« genannt, in das städtische Kanalsystem einzuleiten. Für den kühnen Plan musste erst ein viereinhalb Kilometer langer Kanal, die sogen. Durchstichstrecke, von der Landesgrenze bei St. Leonhard bis zum Eichethof vor den Toren Salzburgs gegraben werden. Das Einlaufwehr in den Almkanal wurde direkt an der Grenze zwischen dem Erzstift Salzburg und der Fürstpropstei Berchtesgaden angelegt, wo sich bis vor wenigen Jahren am Hangenden Stein die bayerisch-österreichische Grenzstation befand.
Auftraggeber des Kanalbaus waren die zwei größten Grundherren von Salzburg, das Domkapitel und das Benediktinerstift St. Peter. Sie veranlassten auch den Bau eines Kanaltunnels durch den Mönchsberg in einer Länge von 370 Metern. Der Stollen ist 0,8 bis 1 Meter breit und 1,5 bis 2,20 Meter hoch. Als Arbeiter waren die Laienbrüder von St. Peter und des Domkapitels eingesetzt, die für den Durchschlag sechs Jahre benötigten. Da es bei der Arbeit im weichen gestein mehrfach zu Einstürzen kam, mussten an gefährdeten Stellen massive Stützen, teilweise sogar Gewölbe eingezogen werden, um weitere Beschädigungen zu vermeiden. Der Boden ist mit Marmorplatten ausgelegt, unter denen sich Grabplatten des aufgelassenen Domfriedhofs befinden.
Durch den Höhenunterschied von vier Metern vom Stollenanfang bis zu seinem Ende und einer Wassertiefe von 70-80 Zentimetern erzielt der Kanal eine beachtliche Fließgeschwindigkeit. Am Stollenausgang teilt er sich in zwei Gerinne, links den St. Peter-Arm, rechts den Kapitel-Arm.
Der St. Peter-Arm fließt durch den Hof des Stifts St. Peter, durch das Franziskanerkloster und die Universität. An seinem Beginn liegt am Rande des St. Peterfriedhofs die Stifts- oder Pfistermühle, deren Mühlrad bis zum Jahre 1966 vom Wasser des Almkanals betrieben wurde. Der Kapitelarm versorgte den im Kaiviertel gelegenen Besitz des Domkapitels mit Nutzwasser. Sowohl das Stift St. Peter wie das Domkapitel errichteten in der Folgezeit eine Zahl Mühlen, mit dem Höllbräu-Arm und dem Hofstallgassen-Arm entstanden weitere Abzweigungen des imposanten Kanalsystem.
Die Stadtgemeinde Salzburg war am Bau des Almkanals nicht beteiligt und trug auch nicht zu seiner Wartung bei. Dennoch versuchte der Bürgermeister wegen des ständigen Wassermangels in der Altstadt, von den Almherren, wie die Abtei St. Peter und das Domkapitel genannt wurden,- die Erlaubnis zu bekommen, dem Almkanal südlich des Mönchsbergs durch einen eigenen Kanal Wasser zu entnehmen. Nach dem zustimmenden Bescheid ließ die Stadt an der engsten Stelle des Mönchsbergs in der Nähe des heutigen Neutors einen Stollen durch den Berg schlagen. Dieser »Städtische Arm« oder »Neutor-Arm« des Almkanals trieb neben mehreren Mühlrädern auch das Pump- und Hebewerk im Städtischen Brunnhaus in der Gstättengasse, das den größten Teil Salzburgs mit Trinkwasser aus einem Tiefbrunnen versorgte.
Wie die alten Urkunden berichten, bezog auch der Erzbischof Wasser aus dem Almkanal. Im Jahre 1355 wurde eine Wasserleitung aus hölzernen Röhren in die erzbischöfliche Residenz verlegt, später auch zum Chiemseehof, in dem die Weihbischöfe von Chiemsee residierten. Außerdem speiste der Almkanal den erzbischöflichen Fischteich, den Leopoldkroner Weiher. Doch erst seit der Mitte des 16. Jahrhunderts trat der Erzbischof als »dritter Almherr« in den Kreis der Almbetreiber ein und beteiligte sich mit einem Drittel an den jährlich anfallenden Kosten für den Unterhalt des Kanals.
Nach dem Vorbild des Landesherrn schlossen sich zahlreich private Bürger sowie Gewerbebetriebe wie Badstuben und Handwerker an den Almkanal an, um Trink- und Brauchwasser zu beziehen, so dass ein ganzes Netz von 19 Almbrunnleitungen mit über 80 Anschlüssen entstand. Natürlich waren auch die Pferdeschwemme (heute Herbert-von-Karajan-Platz, früher Sigmundsplatz) und die Kapitelschwemme (Kapitelplatz) an den Almkanal angeschlossen. Auch für die Straßenreinigung war das Almwasser unentbehrlich. Bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts verlief in der Mitte jeder Gasse und jeder Straße eine Schmutzrinne, die sogen. Gosse. Einmal jede Woche wurden diese Rinnen mit dem darin angesammelten Schmutz durchgespült und das Schmutzwasser in die Salzach geleitet. Insgesamt gab es acht Ausläufe des Almkanals in die Salzach zwischen dem Nonntal und dem Stadtteil Mülln; sie sind heute noch erhalten und können als kleinere oder größere Rinnsale am linken Salzachufer beobachtet werden.
Um die Kanalstrecke zu reinigen und an den Anlagen Reparaturen durchzuführen wird der Almkanal jedes Jahr im Herbst für drei Wochen gesperrt. Vor der sogenannten Almabkehr fischen die Fischberechtigten den gesamten Kanal ab. Die Hauptschleuse an der Landesgrenze, die seit 1990 mit einem Kraftwerk verbunden ist, wird hydraulisch geöffnet und geschlossen während die kleineren Wehre per Hand betätigt werden. Nach dem Öffnen der Schleuse am Hangenden Stein dauert es noch knapp fünf Stunden, bis das Wasser von der Königsseer Ache in Salzburg ankommt.
Gegenwärtig sind am ganzen Almkanal noch 14 Kraftwerke in Betrieb. Zwei Mühlen und ein Sägewerk nutzen die Wasserkraft für den eigenen Bedarf, die anderen Kraftwerke liefern den erzeugten Strom ins öffentliche Netz. Eine Sonderstellung nimmt das Kraftwerk im ehemaligen Städtischen Kühlhaus in der Gstättengasse ein, dessen elektrische Energie der Notstromversorgung wichtiger Salzburger Einrichtungen dient. Abnehmer sind das Große und Kleine Festspielhaus, das Landes- und Marionettentheater, das Mozarteum, das Stadtkino, das Schloss Mirabell und das Museum Carolino Augusteum. So sorgt das Wasser aus dem Königssee dafür, dass in diesen öffentlichen Objekten der Mozartstadt das Licht nicht ausgeht und der Betrieb ungestört aufrecht erhalten werden kann.
JB
Literatur: Heinz Klackl »Der Almkanal – seine Nutzung einst und jetzt«, erschienen im Eigenverlag, Salzburg 2002, dem auch die Abbildungen entnommen sind. Zu beziehen zum Preis von 24 Euro beim Verfasser, Tel. 0043-662-631 069.
22/2003
Die Anfänge des Kanals reichen bis in das 12. Jahrhundert zurück. Ursprünglich wurde er vom heute verschwundenen Riedenburgbach gespeist, der das Untersberger Moor entwässerte, aber eine sehr ungleichmäßige Wasserführung hatte. Deshalb beschloss man, den Abfluss des Königssees, die Königsseer Ache, auch »die Alm« genannt, in das städtische Kanalsystem einzuleiten. Für den kühnen Plan musste erst ein viereinhalb Kilometer langer Kanal, die sogen. Durchstichstrecke, von der Landesgrenze bei St. Leonhard bis zum Eichethof vor den Toren Salzburgs gegraben werden. Das Einlaufwehr in den Almkanal wurde direkt an der Grenze zwischen dem Erzstift Salzburg und der Fürstpropstei Berchtesgaden angelegt, wo sich bis vor wenigen Jahren am Hangenden Stein die bayerisch-österreichische Grenzstation befand.
Auftraggeber des Kanalbaus waren die zwei größten Grundherren von Salzburg, das Domkapitel und das Benediktinerstift St. Peter. Sie veranlassten auch den Bau eines Kanaltunnels durch den Mönchsberg in einer Länge von 370 Metern. Der Stollen ist 0,8 bis 1 Meter breit und 1,5 bis 2,20 Meter hoch. Als Arbeiter waren die Laienbrüder von St. Peter und des Domkapitels eingesetzt, die für den Durchschlag sechs Jahre benötigten. Da es bei der Arbeit im weichen gestein mehrfach zu Einstürzen kam, mussten an gefährdeten Stellen massive Stützen, teilweise sogar Gewölbe eingezogen werden, um weitere Beschädigungen zu vermeiden. Der Boden ist mit Marmorplatten ausgelegt, unter denen sich Grabplatten des aufgelassenen Domfriedhofs befinden.
Durch den Höhenunterschied von vier Metern vom Stollenanfang bis zu seinem Ende und einer Wassertiefe von 70-80 Zentimetern erzielt der Kanal eine beachtliche Fließgeschwindigkeit. Am Stollenausgang teilt er sich in zwei Gerinne, links den St. Peter-Arm, rechts den Kapitel-Arm.
Der St. Peter-Arm fließt durch den Hof des Stifts St. Peter, durch das Franziskanerkloster und die Universität. An seinem Beginn liegt am Rande des St. Peterfriedhofs die Stifts- oder Pfistermühle, deren Mühlrad bis zum Jahre 1966 vom Wasser des Almkanals betrieben wurde. Der Kapitelarm versorgte den im Kaiviertel gelegenen Besitz des Domkapitels mit Nutzwasser. Sowohl das Stift St. Peter wie das Domkapitel errichteten in der Folgezeit eine Zahl Mühlen, mit dem Höllbräu-Arm und dem Hofstallgassen-Arm entstanden weitere Abzweigungen des imposanten Kanalsystem.
Die Stadtgemeinde Salzburg war am Bau des Almkanals nicht beteiligt und trug auch nicht zu seiner Wartung bei. Dennoch versuchte der Bürgermeister wegen des ständigen Wassermangels in der Altstadt, von den Almherren, wie die Abtei St. Peter und das Domkapitel genannt wurden,- die Erlaubnis zu bekommen, dem Almkanal südlich des Mönchsbergs durch einen eigenen Kanal Wasser zu entnehmen. Nach dem zustimmenden Bescheid ließ die Stadt an der engsten Stelle des Mönchsbergs in der Nähe des heutigen Neutors einen Stollen durch den Berg schlagen. Dieser »Städtische Arm« oder »Neutor-Arm« des Almkanals trieb neben mehreren Mühlrädern auch das Pump- und Hebewerk im Städtischen Brunnhaus in der Gstättengasse, das den größten Teil Salzburgs mit Trinkwasser aus einem Tiefbrunnen versorgte.
Wie die alten Urkunden berichten, bezog auch der Erzbischof Wasser aus dem Almkanal. Im Jahre 1355 wurde eine Wasserleitung aus hölzernen Röhren in die erzbischöfliche Residenz verlegt, später auch zum Chiemseehof, in dem die Weihbischöfe von Chiemsee residierten. Außerdem speiste der Almkanal den erzbischöflichen Fischteich, den Leopoldkroner Weiher. Doch erst seit der Mitte des 16. Jahrhunderts trat der Erzbischof als »dritter Almherr« in den Kreis der Almbetreiber ein und beteiligte sich mit einem Drittel an den jährlich anfallenden Kosten für den Unterhalt des Kanals.
Nach dem Vorbild des Landesherrn schlossen sich zahlreich private Bürger sowie Gewerbebetriebe wie Badstuben und Handwerker an den Almkanal an, um Trink- und Brauchwasser zu beziehen, so dass ein ganzes Netz von 19 Almbrunnleitungen mit über 80 Anschlüssen entstand. Natürlich waren auch die Pferdeschwemme (heute Herbert-von-Karajan-Platz, früher Sigmundsplatz) und die Kapitelschwemme (Kapitelplatz) an den Almkanal angeschlossen. Auch für die Straßenreinigung war das Almwasser unentbehrlich. Bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts verlief in der Mitte jeder Gasse und jeder Straße eine Schmutzrinne, die sogen. Gosse. Einmal jede Woche wurden diese Rinnen mit dem darin angesammelten Schmutz durchgespült und das Schmutzwasser in die Salzach geleitet. Insgesamt gab es acht Ausläufe des Almkanals in die Salzach zwischen dem Nonntal und dem Stadtteil Mülln; sie sind heute noch erhalten und können als kleinere oder größere Rinnsale am linken Salzachufer beobachtet werden.
Um die Kanalstrecke zu reinigen und an den Anlagen Reparaturen durchzuführen wird der Almkanal jedes Jahr im Herbst für drei Wochen gesperrt. Vor der sogenannten Almabkehr fischen die Fischberechtigten den gesamten Kanal ab. Die Hauptschleuse an der Landesgrenze, die seit 1990 mit einem Kraftwerk verbunden ist, wird hydraulisch geöffnet und geschlossen während die kleineren Wehre per Hand betätigt werden. Nach dem Öffnen der Schleuse am Hangenden Stein dauert es noch knapp fünf Stunden, bis das Wasser von der Königsseer Ache in Salzburg ankommt.
Gegenwärtig sind am ganzen Almkanal noch 14 Kraftwerke in Betrieb. Zwei Mühlen und ein Sägewerk nutzen die Wasserkraft für den eigenen Bedarf, die anderen Kraftwerke liefern den erzeugten Strom ins öffentliche Netz. Eine Sonderstellung nimmt das Kraftwerk im ehemaligen Städtischen Kühlhaus in der Gstättengasse ein, dessen elektrische Energie der Notstromversorgung wichtiger Salzburger Einrichtungen dient. Abnehmer sind das Große und Kleine Festspielhaus, das Landes- und Marionettentheater, das Mozarteum, das Stadtkino, das Schloss Mirabell und das Museum Carolino Augusteum. So sorgt das Wasser aus dem Königssee dafür, dass in diesen öffentlichen Objekten der Mozartstadt das Licht nicht ausgeht und der Betrieb ungestört aufrecht erhalten werden kann.
JB
Literatur: Heinz Klackl »Der Almkanal – seine Nutzung einst und jetzt«, erschienen im Eigenverlag, Salzburg 2002, dem auch die Abbildungen entnommen sind. Zu beziehen zum Preis von 24 Euro beim Verfasser, Tel. 0043-662-631 069.
22/2003