Die Kroninsignien der bayerischen Könige
Krone, Reichsapfel, Zepter und Schwert waren Zeichen der Herrschermacht

König Max I. Joseph mit Krone und Verfassung

Zepter auf Präsentationskissen

Die Krone des Königs auf Präsentationskissen
Woran erkennt man einen König? Natürlich an der Königskrone! Ein König ohne Krone ist kein König. Umgekehrt steht eine Krone als Symbol für den König und wird auch von jedem so verstanden. König und Krone sind begrifflich so fest miteinander verbunden, dass sie nicht voneinander getrennt werden können.
Als vor nunmehr zweihundert Jahren das Kurfürstentum Bayern zum Königreich erhoben wurde, war es ganz selbstverständlich, dass der bisherige Kurfürst Max IV. Joseph, der sich jetzt König Max I. Joseph nannte, auch eine Königskrone erhielt. Aber im Depot der Münchner Residenz war keine Königskrone – etwa aus der Zeit der legendären Agilolfinger-Könige – vorhanden, es musste eine neue Krone beschafft werden.
Den Auftrag, die Krone und die übrigen Insignien wie Zepter, Reichsapfel und Reichsschwert zu besorgen, erhielt der in Mannheim ansässige Hofjuwelier Freres Borgnis, der den Pariser Goldschmied Martin-Guilleaume Bienais mit der Ausführung betraute. Die Entwürfe lieferte Charles Percier aus Paris. Er orientierte sich dabei am Vorbild der Requisiten für Napoleons Selbstkrönung. Die Edelsteine und die Perlen für die Krone entnahm man der Schatzkammer des Kurfürsten. Das wertvollste Stück ist der sogenannte »Blaue Wittelsbacher«, ein blauer Diamant von 35,5 Karat aus dem Brautschatz der bayerischen Kurfürstin Maria Amalia, der Gemahlin von Kurfürst Karl Albrecht, dem späteren Kaiser Karl VII. Wegen des kolossalen Wertes (angeblich 300 000 Gulden) wurde der »Blaue Wittelsbacher«, der die Spitze der Königskrone schmücken sollte, nicht nach Paris gebracht, sondern nach der Anlieferung der Krone in München eingesetzt. Die blauen Saphire, die in Verbindung mit weißen Diamanten auf die bayerischen Wappenfarben anspielen, entnahm man dem Schatz der Pfälzer Wittelsbacher.
Kennzeichen der bayerischen Königskrone, die zum Typ der Bügelkronen gehört, sind die mit Diamanten versetzten, farbigen Edelsteine, die von Perlenschnüren gesäumten Kronreifen und die fein ziselierten Weinblätter aus Feingold. Nach dem Urteil von Experten stellt sie dank ihrer künstlerischen Qualität und des hohen Schmuckaufwands ein einzigartiges Spitzenerzeugnis des Kunstgewerbes des Empire dar, dessen Wert sich jeder Schätzung entzieht.
Der Reichsapfel, ursprünglich das Symbol für königliche Herrschaft über das ganze Land unter dem Zeichen des Kreuzes, stammt aus der gleichen französischen Werkstatt wie die Krone. Mit dem netzartigen Rautenmuster auf der oberen Hälfte verweist er auf das bayerische Wappen. Seine Inschrift lautet: »IN SIGNUM CONCORDIAE PATRIS ET PATRIAE«, das heißt: »Zum Zeichen der Eintracht von Landesvater und Vaterland«, womit die starke Verbundenheit von König und Volk hervorgehoben wird.
Das Zepter galt seit alters als das Zeichen der königlichen Befehlsgewalt über die Untertanen. Darauf nimmt die Inschrift Bezug: »CUI NON CIVIUM SERVITUS TRADITA, SED TUTELA« (»Ihm ist nicht die Knechtschaft der Untertanen, sondern ihr Schutz aufgetragen«). Das soll ausdrücken, dass der König nicht willkürlich und selbstherrlich regiert, sondern zum Wohl des Volkes. Das 89 Zentimeter lange Zepter ist mit Saphiren, Smaragden, Rubinen und Perlen eingelegt und hat am würfelförmigen Nodus weißblaue Diamanten in Rautenform.
Mit dem Reichsschwert verbindet die Tradition die königliche Entscheidungsgewalt über Krieg und Frieden sowie über die höchste Gerichtsbarkeit. Die Inschrift »NEC TEMERE, NEC TIMIDE« (»Führe es nicht unbesonnen, doch auch nicht furchtsam«) mahnt den König, seine Macht nur für die gerechte Sache, aber doch mit Konsequenz einzusetzen. An der Kreuzung von Griff und Angel des 145 Zentimeter langen Schwertes ist wie auf der Schwertklinge ein Wappen mit den bayerischen Rauten zu sehen.
Die Inschriften auf dem Reichsapfel, dem Zepter und dem Reichsschwert hatte der designierte König aus Vorschlägen ausgewählt, die Mitglieder der Bayerischen Akademie der Wissenschaft ihm auf Anforderung unterbreitet hatten. Die knappen Devisen decken sich mit den Argumenten, die schon in der Proklamation Max Josephs als König zum Ausdruck gekommen waren. »Dort hatte der König – neben der göttlichen Vorsehung – die Treue der Untertanen als Grund für die Wiedererrichtung der vollen Souveränität Bayerns angeführt und sich verpflichtet, das Wohl des Landes und seiner Untertanen zu fördern. Dieses Herrschaftsverständnis entsprach den zeitgenössischen Vorstellungen des aufgeklärten Absolutismus, aber auch dem traditionellen Verständnis eines christlichen Herrschers, wie es schon Thomas von Aquin formuliert hatte. Da im Mai 1806 das Heilige Römische Reich noch bestand und eine konstitutionelle Monarchie mit einer Verfassung nicht absehbar war, wollte man die traditionellen Herrschaftssymbole als Zeichen einer umfassenden Königswürde darstellen. Entsprechend konnten die sehr allgemein formulierten Devisen, mit denen althergebrachte, schon im antiken Rom entwickelte patriarchale Strukturen auf eine moderne Staatsform übertragen wurden, gleichermaßen retrospektiv wie zukunftsweisend als mittelnde Symbole interpretiert werden« (Sabine Heym).
Die bayerischen Kroninsignien sind bis 30. Juli im Rahmen der Ausstellung »Bayerns Krone 1806« in der Residenz in München zu bewundern, zusammen mit den herrlichen Krönungsornaten für den König und die Königin. An den vier Meter langen und drei Meter breiten, mit goldenen Stickereien verzierten, hermelingefütterten Ornaten war fünf Jahre lang gearbeitet worden.
Eine offizielle Königskrönung hat jedoch in Bayern anlässlich der Erhebung zum Königreich nicht stattgefunden, obwohl Napoleon, dem diese Rangerhöhung zu verdanken war, eine zeremonielle Krönung gewünscht hatte.
Als Ablehnungsgrund nannte man in München die Tradition des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation, in dem Königskrönungen nicht üblich seien. Der wichtigere Grund war indessen, dass die Wittelsbacher den Anschein vermeiden wollten, die Königskrone dem Willen Napoleons und dessen Kriegsglück zu verdanken. Eine Krönung, womöglich noch in Anwesenheit Napoleons, hätte den bayerischen Herrscher allzu leicht als König von Napoleons Gnaden erscheinen lassen. Das sollte auf alle Fälle vermieden werden. Statt dessen erklärte Max Joseph in der Proklamation, er nehme nunmehr »jenen dem Regenten Bayerns angestammten (!) Titel eines Königs« an, der schon unter den Agilolfingern üblich war und den erst Karl der Große den Bayern durch die Absetzung Tassilos weggenommen habe. Das war historisch fragwürdig, sollte aber der Bevölkerung als Legitimation des Königstitels plausibel machen. In einem öffentlichen Aufruf führt Max Joseph die Königswürde auf die göttliche Vorsehung des Himmels zurück und nennt als ihr Ziel »die Wohlfahrt des Volkes und den Flor (die Blüte) des Landes«.
Der zeitgenössische Historiker Felix von Loewenthal nimmt in einem Aufsatz zwar Bezug auf Napoleon, feiert aber gleichzeitig Max Joseph als späten Rächer der »dem baierischen Volke jahrhundertelang zugefügten Unbilden« und schreibt: »Er hat unter dem Feldgeschrei der alten Boier: ›Auf Bürger, es gilt euer Fürstenhaus, es gilt euer Vaterland!‹ mit seiner biederen Nation auf dem Schlachtfelde seine königlichen Rechte erkämpft. Napoleon, noch größer als Karl der Große, hat nicht wie dieser den Tassilo, seinen Bundesgenossen, der Krone und der Länder beraubt, sondern unserem König, seinem Aliierten, beide gewährt.«
Julius Bittmann
Literatur: Johannes Erichsen (Hg): »Bayerns Krone 1806, zweihundert Jahre Königreich Bayern«, Bayerische Schlösserverwaltung, München, 312 Seiten, 19,80 Euro.
22/2006
Als vor nunmehr zweihundert Jahren das Kurfürstentum Bayern zum Königreich erhoben wurde, war es ganz selbstverständlich, dass der bisherige Kurfürst Max IV. Joseph, der sich jetzt König Max I. Joseph nannte, auch eine Königskrone erhielt. Aber im Depot der Münchner Residenz war keine Königskrone – etwa aus der Zeit der legendären Agilolfinger-Könige – vorhanden, es musste eine neue Krone beschafft werden.
Den Auftrag, die Krone und die übrigen Insignien wie Zepter, Reichsapfel und Reichsschwert zu besorgen, erhielt der in Mannheim ansässige Hofjuwelier Freres Borgnis, der den Pariser Goldschmied Martin-Guilleaume Bienais mit der Ausführung betraute. Die Entwürfe lieferte Charles Percier aus Paris. Er orientierte sich dabei am Vorbild der Requisiten für Napoleons Selbstkrönung. Die Edelsteine und die Perlen für die Krone entnahm man der Schatzkammer des Kurfürsten. Das wertvollste Stück ist der sogenannte »Blaue Wittelsbacher«, ein blauer Diamant von 35,5 Karat aus dem Brautschatz der bayerischen Kurfürstin Maria Amalia, der Gemahlin von Kurfürst Karl Albrecht, dem späteren Kaiser Karl VII. Wegen des kolossalen Wertes (angeblich 300 000 Gulden) wurde der »Blaue Wittelsbacher«, der die Spitze der Königskrone schmücken sollte, nicht nach Paris gebracht, sondern nach der Anlieferung der Krone in München eingesetzt. Die blauen Saphire, die in Verbindung mit weißen Diamanten auf die bayerischen Wappenfarben anspielen, entnahm man dem Schatz der Pfälzer Wittelsbacher.
Kennzeichen der bayerischen Königskrone, die zum Typ der Bügelkronen gehört, sind die mit Diamanten versetzten, farbigen Edelsteine, die von Perlenschnüren gesäumten Kronreifen und die fein ziselierten Weinblätter aus Feingold. Nach dem Urteil von Experten stellt sie dank ihrer künstlerischen Qualität und des hohen Schmuckaufwands ein einzigartiges Spitzenerzeugnis des Kunstgewerbes des Empire dar, dessen Wert sich jeder Schätzung entzieht.
Der Reichsapfel, ursprünglich das Symbol für königliche Herrschaft über das ganze Land unter dem Zeichen des Kreuzes, stammt aus der gleichen französischen Werkstatt wie die Krone. Mit dem netzartigen Rautenmuster auf der oberen Hälfte verweist er auf das bayerische Wappen. Seine Inschrift lautet: »IN SIGNUM CONCORDIAE PATRIS ET PATRIAE«, das heißt: »Zum Zeichen der Eintracht von Landesvater und Vaterland«, womit die starke Verbundenheit von König und Volk hervorgehoben wird.
Das Zepter galt seit alters als das Zeichen der königlichen Befehlsgewalt über die Untertanen. Darauf nimmt die Inschrift Bezug: »CUI NON CIVIUM SERVITUS TRADITA, SED TUTELA« (»Ihm ist nicht die Knechtschaft der Untertanen, sondern ihr Schutz aufgetragen«). Das soll ausdrücken, dass der König nicht willkürlich und selbstherrlich regiert, sondern zum Wohl des Volkes. Das 89 Zentimeter lange Zepter ist mit Saphiren, Smaragden, Rubinen und Perlen eingelegt und hat am würfelförmigen Nodus weißblaue Diamanten in Rautenform.
Mit dem Reichsschwert verbindet die Tradition die königliche Entscheidungsgewalt über Krieg und Frieden sowie über die höchste Gerichtsbarkeit. Die Inschrift »NEC TEMERE, NEC TIMIDE« (»Führe es nicht unbesonnen, doch auch nicht furchtsam«) mahnt den König, seine Macht nur für die gerechte Sache, aber doch mit Konsequenz einzusetzen. An der Kreuzung von Griff und Angel des 145 Zentimeter langen Schwertes ist wie auf der Schwertklinge ein Wappen mit den bayerischen Rauten zu sehen.
Die Inschriften auf dem Reichsapfel, dem Zepter und dem Reichsschwert hatte der designierte König aus Vorschlägen ausgewählt, die Mitglieder der Bayerischen Akademie der Wissenschaft ihm auf Anforderung unterbreitet hatten. Die knappen Devisen decken sich mit den Argumenten, die schon in der Proklamation Max Josephs als König zum Ausdruck gekommen waren. »Dort hatte der König – neben der göttlichen Vorsehung – die Treue der Untertanen als Grund für die Wiedererrichtung der vollen Souveränität Bayerns angeführt und sich verpflichtet, das Wohl des Landes und seiner Untertanen zu fördern. Dieses Herrschaftsverständnis entsprach den zeitgenössischen Vorstellungen des aufgeklärten Absolutismus, aber auch dem traditionellen Verständnis eines christlichen Herrschers, wie es schon Thomas von Aquin formuliert hatte. Da im Mai 1806 das Heilige Römische Reich noch bestand und eine konstitutionelle Monarchie mit einer Verfassung nicht absehbar war, wollte man die traditionellen Herrschaftssymbole als Zeichen einer umfassenden Königswürde darstellen. Entsprechend konnten die sehr allgemein formulierten Devisen, mit denen althergebrachte, schon im antiken Rom entwickelte patriarchale Strukturen auf eine moderne Staatsform übertragen wurden, gleichermaßen retrospektiv wie zukunftsweisend als mittelnde Symbole interpretiert werden« (Sabine Heym).
Die bayerischen Kroninsignien sind bis 30. Juli im Rahmen der Ausstellung »Bayerns Krone 1806« in der Residenz in München zu bewundern, zusammen mit den herrlichen Krönungsornaten für den König und die Königin. An den vier Meter langen und drei Meter breiten, mit goldenen Stickereien verzierten, hermelingefütterten Ornaten war fünf Jahre lang gearbeitet worden.
Eine offizielle Königskrönung hat jedoch in Bayern anlässlich der Erhebung zum Königreich nicht stattgefunden, obwohl Napoleon, dem diese Rangerhöhung zu verdanken war, eine zeremonielle Krönung gewünscht hatte.
Als Ablehnungsgrund nannte man in München die Tradition des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation, in dem Königskrönungen nicht üblich seien. Der wichtigere Grund war indessen, dass die Wittelsbacher den Anschein vermeiden wollten, die Königskrone dem Willen Napoleons und dessen Kriegsglück zu verdanken. Eine Krönung, womöglich noch in Anwesenheit Napoleons, hätte den bayerischen Herrscher allzu leicht als König von Napoleons Gnaden erscheinen lassen. Das sollte auf alle Fälle vermieden werden. Statt dessen erklärte Max Joseph in der Proklamation, er nehme nunmehr »jenen dem Regenten Bayerns angestammten (!) Titel eines Königs« an, der schon unter den Agilolfingern üblich war und den erst Karl der Große den Bayern durch die Absetzung Tassilos weggenommen habe. Das war historisch fragwürdig, sollte aber der Bevölkerung als Legitimation des Königstitels plausibel machen. In einem öffentlichen Aufruf führt Max Joseph die Königswürde auf die göttliche Vorsehung des Himmels zurück und nennt als ihr Ziel »die Wohlfahrt des Volkes und den Flor (die Blüte) des Landes«.
Der zeitgenössische Historiker Felix von Loewenthal nimmt in einem Aufsatz zwar Bezug auf Napoleon, feiert aber gleichzeitig Max Joseph als späten Rächer der »dem baierischen Volke jahrhundertelang zugefügten Unbilden« und schreibt: »Er hat unter dem Feldgeschrei der alten Boier: ›Auf Bürger, es gilt euer Fürstenhaus, es gilt euer Vaterland!‹ mit seiner biederen Nation auf dem Schlachtfelde seine königlichen Rechte erkämpft. Napoleon, noch größer als Karl der Große, hat nicht wie dieser den Tassilo, seinen Bundesgenossen, der Krone und der Länder beraubt, sondern unserem König, seinem Aliierten, beide gewährt.«
Julius Bittmann
Literatur: Johannes Erichsen (Hg): »Bayerns Krone 1806, zweihundert Jahre Königreich Bayern«, Bayerische Schlösserverwaltung, München, 312 Seiten, 19,80 Euro.
22/2006