Selige Veronica von Binasco, Klosterjungfrau
Aus dem Buch: »Illustrierte Heiligen-Legende für Schule und Haus«, erschienen im Jahre 1890

Veronica wurde von ihren armen, aber frommen Eltern zu Binasco (daher ihr Beiname) bei Mailand in Italien gut erzogen, musste auf dem Felde strenge arbeiten und war recht gehorsam. Ihr Herzenswunsch war das Kloster. Weil aber arm und des Lesens und Schreibens unkundig, wagte sie nicht, um Aufnahme zu bitten. Doch die Mutter Gottes tröstete sie in einer Erscheinung und sagte: »Es genügt, wenn du drei Buchstaben kennst. Der erste ist weiß und bedeutet die Reinigkeit, welche bewirkt, dass wir Gott mehr als alles und alles nur in ihm und für ihn lieben. Der zweite ist schwarz und bedeutet die durch andere zugefügten Leiden, die man mit Geduld und Ergebung tragen muss. Der dritte Buchstabe ist rot und bedeutet die Betrachtung des Leidens und Sterbens Jesu Christi. Nach dreijährigem Warten erlangte Veronica die Aufnahme in das Kloster der Augustinerinnen zur heiligen Martha in Mailand (daher ihr zweiter Beiname »von Mailand«). Sie zeigte sich ihres Berufes durchaus würdig. Täglich sammelte sie für ihr armes Kloster Almosen in der Stadt. Gott verlieh ihr immer größere Gnaden, besonders die Beschaulichkeit und Andacht. Das Leben, Leiden und Sterben Jesu, der Mutter Gottes und der Heiligen schaute sie mit allen Nebenumständen der Orte und Zeit wie gegenwärtig. Sie wurde auch vieler Entzückungen gewürdigt und beschloss ihr heiliges Leben nach einer halbjährigen Krankheit zur vorausgesagten Stunde am 13. Januar 1497 im Alter von 42 Jahren, wovon sie 13 im Kloster verlebt hatte. Papst Leo X. gestattete ihre Verehrung als Selige. Im Augustinerorden wird ihr Andenken am 28. Januar gefeiert.
Lehren der seligen Veronica. »Man muss wirken, so lange man Zeit und Kräfte zur Arbeit hat. – Gott ist getreu und freigebig; er erteilt denen, die ihn lieben, überaus große Belohnungen. Auch das Geringste, was man aus Liebe zu ihm verrichtet, vergilt er auf unbegreifliche Weise«.
Gebet. Gewähre, o Gott, durch die Fürsprache deiner seligen Dienerin Veronica deinen hilfreichen Beistand, damit wir eifrig deinem heiligen Willen gemäß unsere Arbeiten verrichten, die Mühen dieses Lebens im Geiste der Buße ertragen und deiner ewigen Belohnung teilhaftig werden. Amen.
Die Texte unserer »Heiligen-Legende« stammen alle (wie im Titel angegeben) aus dem Jahr 1890 und geben die Ansichten der damaligen Zeit wieder. Oftmals wurden damals Beschuldigungen gegen Juden oder andere Glaubensgruppen erhoben, die nach heutiger wissenschaftlicher Erkenntnis nicht haltbar sind. Wir möchten daher klar stellen, dass die Texte unter diesen Gegebenheiten zu sehen sind und weisen darauf hin, dass mit der Veröffentlichung dieser Originaltexte keineswegs volksverhetzende Propaganda unsererseits betrieben werden soll.
2/2018