Heiliger Gualfard, Sattler und Eremit
Aus dem Buch: »Illustrierte Heiligen-Legende für Schule und Haus«, erschienen im Jahre 1890

Gualfard (Wolfrad, Walfard) war der Sohn ehrbarer Eheleute in Augsburg. Er erlernte das Sattlerhandwerk, reiste mit Kaufleuten nach Verona in Italien, übte sein Handwerk aus und verwendete, was er erübrigen konnte, für die Armen. Dann baute er sich im nahen Walde an der Etsch eine Hütte und lebte unter Gebet, Fasten und Abtötungen als Einsiedler. Auf dem bloßen Leibe trug er ein Panzerhemd. Nach 20 Jahren entdeckten ihn Schiffsleute und führten ihn nach Verona zurück. Als man ihn dort erkannte, wurde ihm ein Platz in einem Kloster verschafft. Hierauf bezog Gualfard eine Zelle neben der St. Salvatorkirche und verbrachte daselbst 10 Jahre. Gott verlieh ihm die Wundergabe, die sich besonders an Blinden erprobte. Am 30. April 1127 starb der Heilige. Sein heiliger Leib wurde in einer eigens an jener Kirche erbauten Gruft beigesetzt. Viele Pilger kamen zu seinem Grabe und erlangten durch seine Fürbitte Gnaden von Gott. Im Jahre 1507 wurden seine heiligen Gebeine feierlich erhoben. Auf Verwendung des Augsburger Stadtpflegers Welser schickte der Kardinalbischof Johannes Valerius von Verona mehrere Reliquien des Heiligen, darunter ein Schienbein, nach Augsburg an den Bischof Heinrich V. Eine Authentik war beigegeben. Die Grafen Fugger hatten ein Kapuzinerkloster mit Kirche erbaut. Diese wurde am 27. Oktober 1602 vom Bischofe feierlich eingeweiht. Die genannte Reliquie des heiligen Gualfard, sowie eine gleiche vom heiligen Lucius wurden rechts und links vom Hochaltare zur Verehrung ausgestellt. Deshalb wird das Fest des heiligen Gualfard in der Diözese Augsburg am 27. Oktober gefeiert. Beide heiligen Reliquien sind nun in der Kapuzinerkirche zu St. Sebastian in Augsburg.
Lehre. Der heilige Gualfard betrachtete gar oft die Schönheit der Schöpfung. Der heilige Augustin mahnt: »Lerne in dem Geschöpfe den Schöpfer lieben, lass dich aber durch das Erschaffene von ihm nicht abziehen, damit du den nicht verlierest, der dich geschaffen hat«.
Kirchengebet. Höre, o Herr! auf unsere Bitten, welche wir am Feste deines heiligen Bekenners Gualfard an dich richten: damit wir durch seine Fürsprache, die dir wohlgefällig ist, Hilfe erhalten, die wir auf unsere Dienste nicht vertrauen dürfen. Amen.
Die Texte unserer »Heiligen-Legende« stammen alle (wie im Titel angegeben) aus dem Jahr 1890 und geben die Ansichten der damaligen Zeit wieder. Oftmals wurden damals Beschuldigungen gegen Juden oder andere Glaubensgruppen erhoben, die nach heutiger wissenschaftlicher Erkenntnis nicht haltbar sind. Wir möchten daher klar stellen, dass die Texte unter diesen Gegebenheiten zu sehen sind und weisen darauf hin, dass mit der Veröffentlichung dieser Originaltexte keineswegs volksverhetzende Propaganda unsererseits betrieben werden soll.
43/2018