Jahrgang 2018 Nummer 6

Heilige Scholastica, Abtissin

Aus dem Buch: »Illustrierte Heiligen-Legende für Schule und Haus«, erschienen im Jahre 1890

Scholastica (= gelehrige Schülerin) war zu Nursia in Italien geboren und von Jugend auf dem Herrn geweiht. Als ihr heiliger Bruder Benedict seinen berühmten Orden gestiftet und zur Subiaco ein Kloster erbaut hatte, gründete auch Scholastica in der Nähe ein Kloster, erbat sich vom Heiligen eine Ordensregel und wurde sohin die Stifterin des Ordens der Benediktinerinnen und erste Abtissin ihres Klosters. Jährlich einmal kamen die beiden Geschwister in einem nahen Landhause zusammen unter Begleitung und besprachen sich über göttliche Dinge. Nun war es auch nach Ahnung der heiligen Schwester das letzte Mal. Darum bat sie den Bruder, die ganze Nacht zu bleiben und sie mit den Freuden des Himmels zu trösten. Abgewiesen, stützte die Heilige die Hände auf den Tisch, vergoss einen Strom von Tränen, betete – und ein solcher Gewittersturm mit Regen brach los, dass Benedict bleiben musste. Einer Mahnung folgend, schaute der Heilige drei Tage nachher durch das Fenster seiner Zelle und sah die Seele seiner Schwester in Gestalt einer Taube zum Himmel schweben den 10. Februar 543. Voll Freude dankte er Gott und ließ den Leichnam der Heiligen in der schon für ihn gefertigten Gruft beisetzen. Bald vereinte der Tod die Seelen beider im Himmel.

Lehre. Durch ein Wunder belohnte Gott die heiligen Gespräche! Daraus ist zu ersehen, wie wohlgefällig ihm solche sind. – Aber wie sehr sind schlechte, gottlose, ehrabschneiderische, verleumderische, unkeusche Reden zu beklagen! Wie viele Seelen gehen dadurch zu Grunde! O Christ! halte deine Zunge im Zaume und missbrauche sie nicht zu bösen Reden, sondern gebrauche sie zum Lobe Gottes und zum Wohle der Mitmenschen.

Gebet der Kirche. O Gott! du hast die Seele der heiligen Jungfrau Scholastica zum Beweise ihres unschuldigen Lebens in Gestalt einer Taube zum Himmel gelangen lassen: verleihe uns durch ihre Verdienste und Fürbitte, dass wir so unschuldig leben, damit wir zu den ewigen Freuden zu kommen verdienen. Amen.

 

Die Texte unserer »Heiligen-Legende« stammen alle (wie im Titel angegeben) aus dem Jahr 1890 und geben die Ansichten der damaligen Zeit wieder. Oftmals wurden damals Beschuldigungen gegen Juden oder andere Glaubensgruppen erhoben, die nach heutiger wissenschaftlicher Erkenntnis nicht haltbar sind. Wir möchten daher klar stellen, dass die Texte unter diesen Gegebenheiten zu sehen sind und weisen darauf hin, dass mit der Veröffentlichung dieser Originaltexte keineswegs volksverhetzende Propaganda unsererseits betrieben werden soll.

 

6/2018