Frasdorfer Höhlen-Erkundungen
Ein Gespräch über Erinnerungen mit Werner Fütterer



Seit 1. Mai 1997 gibt es in Frasdorf ein kleines Höhlenmuseum, in dem die Besonderheiten des Karstgebietes »Laubenstein« mit seinen oberund unterirdischen Karsterscheinungen behandelt werden. Dieses eng begrenzte, weitgehend unbekannte Karstgebiet zwischen Hochries, Riesenberg, Heuraffelkopf, Zellerhorn und Laubenstein in den westlichen Chiemgauer Alpen weist eine Vielzahl von Karstformen, wie Dolinen, Ponore, Karrenfelder, einen großen Einbruchkessel (Grubalm- Polje) sowie zahlreiche Höhlen auf. Einige dieser Höhlen sind so groß, dass sie begehbar sind – allerdings nur von erfahrenen Höhlenforschern. Zu den wenigen Burschen, die vor gut 65 Jahren als junge Abenteurer in diese Höhlen oberhalb von Frasdorf eingestiegen sind, gehört Werner Fütterer. Der heute in München lebende 85-Jährige weiß noch viel aus der damaligen Zeit zu erzählen.
»Es war im Jahr 1920, als die erste Besteigung der Lamstoa-Schlüsselloch-Höhle von Vater Josef Aiblinger aus Hendenham und Florian Aiblinger aus Gschwendt zusammen mit Heerespfarrer Stefan Gmeiner und einem gewissen Fritz aus Westerndorf bei Frasdorf vorgenommen wurde«, so Fütterer zum Ursprung der Begehungen. Als junge Buam waren Werner Fütterer und seine Freunde fasziniert von den Berichten der Erwachsenen, die aus den Höhlen zurückkamen. Schnell waren die Forscherbegierden geweckt, als die ersten Höhleneingänge aufgesucht wurden.
»Einmal entdeckten wir eine Quelle, dessen Wasser wir rot färbten und feststellten, dass in Aschau das gefärbte Wasser in die Prien floss – das war schon eine tolle Entdeckung«.
Immer mehr stieg das Entdeckungsfieber und so machten sich Werner Fütterer, Lehrer Hans Hoesch, Sepp Buchauer, Bruno Schmid (Vorstand vom Ski-Club) und weitere Burschen immer wieder auf den Weg. Strategische und logistische Überlegungen führten dazu, Material, das für einen Einstieg benötigt wird, mit dem Motorrad auf den Berg zu bringen. An sogenannten »Taferl-Bäumen« wurden entsprechende Hinweise angebracht, sodass die Motorradfahrer den Weg über das Riesenund Grotzach-Gebiet bis hin zum Eingang der sogenannten »Bärenhöhle« fanden. In diese große Höhle hineinzusteigen, war wohl vorbereitet. Um die Tiefen von bestimmten Stellen zu erkunden, wurden Steine geworfen und der Aufprall ausgewertet. Depots für mehrtägige Exkursionen wurden stufenweise angelegt, sodass nach drei, vier und sieben Tagen einmal ganze 14 Tage unter der Lamstoa-Erde verbracht wurden. »Dabei kamen wir bis in die Nähe des Inntals«, erinnert sich Werner Fütterer.
Das Besteigen und Erforschen war natürlich nicht ganz ungefährlich. Einmal – so Werner Fütterer in seinem Rückblick – verletzte er sich beim Klettern mit einem 25-Meter-Seil an den Fingern. Die Nacht verbrachten sie in selbst angefertigten Schlafsäcken, die mit Heu und Schafwolle ausgefüllt waren.
In die Höhlen wagten sich zu damaliger Zeit auch total Unerfahrene, so musste einmal eine Suchund Rettungsaktion für junge Burschen aus Rosenheim gestartet werden. Schnell waren an einem Höhleneingang die Rucksäcke gefunden und so kamen Werner Fütterer und weitere Bergwachtkameraden schnell auf die Spur der unerfahrenen Höhlen-Neugierigen und brachten diese wieder sicher ans Tageslicht.
Die gesamte Ausrüstung, die die jungen Höhlenforscher benötigten, wurde selbst erstellt. »Seile, Haken, Karabiner und Hammer, all das habe ich noch, zum Teil waren wir ein ganzes Wochenende beim »Beilnschmid« in Frasdorf in dessen Werkstätte, um die Werkzeuge herzustellen«, erzählt Werner Fütterer. Einige Utensilien wie Maßband oder auch heimgebrachte Funde sind im Frasdorfer Höhlenmuseum aufbewahrt.
Das Höhlen-Forschen wurde von den jungen Burschen in Frasdorf aber bald eingestellt, heute ist es gar nicht mehr möglich. Werner Fütterer, der beruflich als Milchfahrer und bei der JVA als Aufseher tätig war und der im Chiemgau und international rund 2000 Heimatabende als Ansager aufwertete, suchte sich allerdings später ein neues Tiefen-Erlebnis. Dieses fand er viermal bei Tauch-Ausflügen auf den Malediven.
Mit seinen ehemaligen Höhlen-Kameraden gab es noch lange Zeit ein jährliches Treffen, heute ist dies aber nicht mehr möglich. Dennoch erzählt Werner Fütterer gerne und gut von den Erlebnissen unter der Erde, besonders gerne die Geschichte, als eine Almerin seinem Vater von einem verschwundenen Schaf erzählte. Bei der Suche fanden Werner Fütterer und die weiteren Begleiter nicht nur frisch abgestoßene Hirschhörndl, sondern auch das Schaf, das sich in eine vom Bauern mit Steinen verfüllten Höhleneingang reinzwängte, aber nicht mehr rauskam. »Als 14-Jähriger bin ich in die Höhle und habe das Schaf an den hinteren Haxen herausgezogen. Dann sind wir gemeinsam auf die Lamstoaalm und dort gab es zum Dank von der glücklichen Almerin Buttermilch mit Topfenbrot und Schnittlauch« – so Werner Fütterer in seinen Erinnerungen.
Anton Hötzelsberger
14/2018