Der Schrankenwärter Engelbert Steiner aus Übersee
Er wurde 1943 wegen »Hochverrats« zum Tode verurteilt





Als Bürgermeister Weber am Zuggeleis in Übersee entlangging, sah er den Schrankenwärter Engelbert Steiner vor seinem Bahnposten, mit einem jungen Mann ins Gespräch vertieft. Das war im Frühjahr 1942, es herrschte Krieg, und der 19-jährige Wagnergeselle Kaspar beklagte sich im Gespräch mit Steiner gerade darüber, dass der Bezugsschein für die Schuhe, die er beantragt hatte, so lange auf sich warten lasse. Steiner deutete auf den zufällig vorbeigehenden Bürgermeister und sagte zu Kaspar: »Der wird auch nur noch 14 Tage leben, weil dann der Umsturz kommt.«
So steht es später in der Anklageschrift gegen Steiner. Ob sich die Szene wirklich so abgespielt hat – wir wissen es nicht. Die Hoffnung des Schrankenwärters sollte sich jedenfalls nicht erfüllen. Der Umsturz blieb aus; ein Jahr später, im März 1943, musste Kaspar als 20-jähriger Wehrmachtssoldat in Russland sein Leben lassen. Noch ein halbes Jahr darauf, am 8. September 1943, wurde der Schrankenwärter Engelbert Steiner mit 39 Jahren hingerichtet. Eugen Weber, Kulturmeister von Feldwies, erlebte und überlebte als Einziger von den dreien das Ende der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft. Der NSDAP-Ortsgruppenleiter, von 1933 bis 1945 als Bürgermeister der Gemeinde Übersee eingesetzt, starb 1980 im hohen Alter.(1)
Über Engelbert Steiner, den widerständigen Schrankenwärter von Übersee, ist bis heute wenig bekannt. Seine Geschichte soll daher hier zum ersten Mal etwas ausführlicher erzählt werden. Steiner kommt am 2. Mai 1904 in Traunstein zur Welt, seine Mutter ist die Dienstmagd Maria Reiter aus Kraimoos/Erlstätt (heute zu Grabenstätt). Sie war zum Zeitpunkt der Geburt unverheiratet; doch bekennt sich Franz Steiner aus Inzell zur Vaterschaft, wie auf der standesamtlichen Geburtsurkunde vermerkt ist. Offenbar heiratet das Paar, wodurch Engelbert den Namen Steiner erhält. Wann und unter welchen Umständen er nach Übersee kommt, ist nicht klar. Zum Zeitpunkt seiner Eheschließung ist Westerbuchberg (ohne Hausnummer) als Wohnadresse vermerkt. 1928 heiratet Engelbert die drei Jahre jüngere Therese, geborene Zehentner. Sie stammt aus Untermeggenthal/ Kay (heute Stadt Tittmoning). Das Paar bekommt vier Söhne: Ernst (geboren 1935), Helmut (1938), Werner (1941) sowie Engelbert (1942). Die Familie wohnt in einem kleinen Haus in Bachham.
Steiner sollte kommunistische Flugblätter verbreiten
1930 soll der politisch engagierte Engelbert Steiner sich der (in Bayern bereits in den 20er Jahren zeitweilig verbotenen) Kommunistischen Partei angeschlossen haben. Als Leiter der aus acht Mitgliedern bestehenden Ortsgruppe Übersee gerät er bald ins Visier der Staatsanwaltschaft, unter anderem im Zusammenhang mit einem Ermittlungsverfahren wegen Hochverrats, das 1931 gegen den Mitbegründer und Parteisekretär der KPD in München, Josef Götz läuft. Der entschlossene Widerstandskämpfer und spätere bayerische Landtagsabgeordnete Götz (geboren 1895 in München) war wegen seiner Tätigkeit für die Kommunistische Partei wiederholt zu Gefängnisstrafen verurteilt worden. Im März 1933 wurde er erneut verhaftet und ins Konzentrationslager Dachau gebracht. Nach brutalsten Folterungen durch SS-Männer wurde er am 9. Mai 1933 erschossen. Die Kommunisten waren die Hauptgegner Hitlers; sie wurden als erste in die Gefängnisse und neu errichteten Konzentrationslager gebracht, die Kommunistische Partei wurde als erste nach Hitlers Machtübernahme verboten.
Als Oberreichsanwalt Lämmle im Zuge der Ermittlungen gegen Götz am 22. Juli 1931 das Büro der KPD in der Baderstraße in München durchsuchen und Flugblätter beschlagnahmen lässt, stößt er dabei unter anderem auf Briefumschläge mit Adressen aus ganz Bayern. Die Empfänger sollten für die Verbreitung der kommunistischen Flugblätter in ihrer Region sorgen. Unter den etwa 130 Namen findet sich auch »Engelbert Steiner, Westerbuchberg«. Er ist nicht der einzige Adressat aus der Region. Briefumschläge waren außerdem auch vorbereitet für Franz Straßer, Schmölz b. Inzell; Johann Hausbacher, Reith i.W.; Bartholomäus Pöschl, Staudach; Jakob Pfisterer, Grassau; Engelbert Lohner jun., Chieming; Josef Meyer, Trostberg; Johann Erhart, Tittmoning; Georg Deigendesch, Lauter; Karl Straßhofer, Laufen; Heinrich Maier, Hammerau sowie Franz Saurer aus Traunstein.
Ob dieser Fund irgendwelche Folgen für Engelbert Steiner und die anderen hier Genannten hatte, ist nicht bekannt. Doch schon bald nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten, am 12. März 1933, wird Steiner wegen seiner politischen Tätigkeit verhaftet, er kommt in sogenannte »Schutzhaft«. Einige Wochen später leitet man ein Strafverfahren gegen ihn ein, das dem Anschein nach jedoch nicht politisch begründet war. Steiner wird zu einem Jahr Gefängnis verurteilt und gilt seitdem als vorbestraft. Nach der Entlassung aus dem Gefängnis verdingt er sich als Hilfsarbeiter, 1936 findet er eine Anstellung bei der Reichsbahn. Den Dienst als Schrankenwärter am Bahnposten 1 in Übersee (das ist das westlich gelegene Bahnwärterhaus) tritt er laut Gerichtsakten im Februar 1942 an.
Die Anklage wirft Steiner hochverrätisches Unternehmen« vor
Am 11. April 1942 wird Steiner zusammen mit Georg Zeißl, Reichsbahnarbeiter aus Übersee, verhaftet. Sie kommen in Untersuchungshaft in das Gefängnis Neudeck in München-Au, eine Außenstelle der Justizvollzugsanstalt Stadelheim. Die polizeilichen Ermittlungen dauern bis zum Sommer; im Juli erfolgt die Anklage.
Die Anklageschrift bezichtigt die beiden Männer, von Juni 1941 bis April 1942 gemeinschaftlich das »hochverrätische Unternehmen« vorbereitet zu haben, »mit Gewalt die Verfassung des Reichs zu ändern«. Konkret wirft man ihnen vor, Rundfunksendungen und Nachrichten feindlicher Sender abgehört und weiterverbreitet zu haben, welche geeignet waren, »die Widerstandskraft des deutschen Volkes zu gefährden«. Die Anklage gegen Steiner geht dabei erheblich weiter als die gegen Zeißl. Letzterer gilt nicht als Mitglied der Kommunistischen Partei; der Vorwurf, zu diesem Zweck einen »organisatorischen Zusammenhalt herzustellen und aufrechtzuerhalten«, richtet sich ausschließlich gegen Steiner. Zudem habe er »durch Verwendung der Einrichtungen der Funktelefonie« versucht, die Massen zu beeinflussen. Zur Last gelegt wird Steiner ferner, während des Krieges »der Kriegsmacht des Reiches einen Nachteil zuzufügen«. Die Anklageschrift wirft Steiner zudem vor, Gesinnungsgenossen angeworben zu haben. Er habe dabei »in äußerst gehässiger Weise den Führer und die nationalsozialistische Staatsführung angegriffen, sich zu einem Anschlag auf den Führerzug bereit erklärt und einen Bekannten zur Sabotage und zur Schädigung des Staates aufgefordert.« Basis dieser Anschuldigung ist Steiners Bekanntschaft mit dem eingangs erwähnten Wagnergesellen Kaspar, mit dem er im Laufe des Jahres 1942 in näheren Kontakt getreten war. Steiner meinte zu erkennen, dass der junge Mann mit den bestehenden politischen und wirtschaftlichen Verhältnissen unzufrieden sei, er suchte ihn für die Idee des Kommunismus zu gewinnen und ging schließlich davon aus, in ihm einen zuverlässigen Gesinnungsgenossen gefunden zu haben.
Steiner wurde denunziert
Als Ende März oder Anfang April 1942 Hitler, offenbar mit dem Zug von München Richtung Salzburg fahrend, den Bahnhof Übersee passierte(2), soll Steiner laut Anklage ein paar Tage später Kaspar gegenüber erklärt haben, er hätte gern ein Maschinengewehr links und rechts von den Gleisen aufgestellt, um einen »Großkopf« nach dem anderen herauszuschießen. Er würde, so soll er geäußert haben, dem Führerzug »schon noch einmal etwas unterlegen«, wobei er auch in Kauf nehmen würde, dass dieser Anschlag auch andere treffen könnte. Kaspar, der sich etwa zur selben Zeit der »vormilitärischen Ausbildung« unterziehen musste, habe er aufgefordert, ihm den Inhalt des Ausbildungsbefehls mitzuteilen und herauszufinden, wo Uniformen und Gewehre aufbewahrt werden, da man diese Sachen später einmal gebrauchen könne. Als der junge Mann sich einmal bei Steiner in der Wohnung befand, habe dieser versucht, den Londoner, Moskauer und Leningrader Sender einzustellen, bekam allerdings keinen störungsfreien Empfang, hält die Anklageschrift Zeugenaussagen fest.
So kam es laut Anklage dann auch zu der eingangs geschilderten Szene am Bahnposten, die offenbar der Ausgangspunkt für die Ermittlungen gegen Steiner wurde. Der 19-jährige Kaspar hatte sich von dem kommunistischen Gedankengut Steiners anscheinend durchaus angesprochen gefühlt. Ob aus freien Stücken oder unter Zwang, irgendwann berichtete Kaspar seinem Vater – ebenfalls Schrankenwärter in Übersee – von Steiners Umsturzgedanken, Äußerungen und Plänen. Das Verhängnis nimmt seinen Lauf. Vater und Sohn treten in dem Verfahren als Zeugen gegen Engelbert Steiner und Georg Zeißl auf. Bei seiner Verhaftung hat Steiner gegenüber den Beamten anscheinend unverhohlen geäußert, davon überzeugt zu sein, dass der Kommunismus Hitler-Deutschland besiegen würde. Wie in der Anklageschrift festgehalten, gibt Steiner beim polizeilichen Verhör die meisten der ihm vorgeworfenen Punkte zu. Er streitet jedoch ab, in seinem Dienstraum das Bild Hitlers von der Wand gerissen zu haben und dabei »Den Dotschenkopf, den verreckten!« gesagt zu haben. Ebenfalls streitet er ab, als Kaspar ihm eine Spitzhacke übergab, geäußert zu haben: »Herrgottsakrament, jetzt möchte ich den Hitler dahaben, ich würde ihm das Hemd vom Buckel runterreißen und ihm dann mit dem Sappiehspitz das Hakenkreuz hineinhauen!«
Am 20. Juli 1943 kommt es zur Hauptverhandlung vor dem Volksgerichtshof in Berlin. Steiner ist in der Zwischenzeit offenbar zu Bewusstsein gekommen, wie selbstmörderisch es war, im Polizeiverhör die meisten Anschuldigungen gegen ihn offen zuzugeben; jetzt streitet er die Anklagepunkte zum größten Teil ab. Er räumt »staatsfeindliche Reden« ein, betont aber etwa hinsichtlich seines angekündigten Anschlags auf den Führerzug, dies habe er nicht ernst gemeint. Dabei hilft es ihm nicht, dass der Hauptbelastungszeuge inzwischen gar nicht mehr am Leben ist – Kaspar war als Soldat in Russland gestorben. Gleichwohl werden dessen im polizeilichen Vernehmungsprotokoll festgehaltenen Aussagen in der Hauptverhandlung verlesen und dazu verwendet, Steiner für überführt zu halten. Weitere Zeugenaussagen wie die vom besagten Bürgermeister und dem Leiter der Bahnmeisterei in Übersee kommen hinzu. Auch der Vater des toten Soldaten Kaspar bekräftigt die Vorwürfe im Sinne der Anklage. Und so gibt es für Steiner kein Entrinnen. Die sechs Richter des 6. Senats des Volksgerichtshofs unter Vorsitz von Dr. Zieger(3) kommen zu folgendem Urteil: »Der Angeklagte Steiner hat bis April 1942 kommunistische Mundpropaganda getrieben und dabei u. a. einen Anschlag auf den Zug des Führers und sonstige Sabotagehandlungen erörtert. Er wird deshalb wegen landesverräterischer Begünstigung des Feindes in Verbindung mit Vorbereitung zum Hochverrat zum Tode und zum Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte auf Lebenszeit verurteilt.«
186 Hinrichtungen in einer Nacht
Der Mitangeklagte Zeißl kommt ungeschoren davon. Laut Gericht konnte er keiner strafbaren Handlung überführt werden. Das Hören feindlicher Sender hatte Zeißl abgestritten, und auch Steiner war in der Verhandlung von seiner ursprünglichen Aussage im Polizeiverhör abgerückt, wonach er zusammen mit Zeißl mehrmals fremdländische Sender gehört hätte. In diesem einen Fall schenkt das Gericht den Äußerungen von Steiner Glauben. Zeißl wird mangels Beweisen freigesprochen.
Der zum Tode verurteilte Steiner wird nach der Urteilsverkündung nach Berlin Plötzensee gebracht. Das dortige Strafgefängnis kommt bei einem Bombenangriff in der Nacht des 3./4. September 1943 schwer zu Schaden. Beamte aus dem Reichsjustizministeriums und der Berliner Generalstaatsanwaltschaft, die am Morgen kommen und den Schaden begutachten, empfehlen, die etwa 300 zum Tode verurteilten Gefangenen unverzüglich hinzurichten. Unter den gelisteten Namen, für die galt: »Die gegen die nachgenannten Personen ergangenen Todesurteile sind sofort zu vollstrecken«, findet sich als Nr. 18 Engelbert Steiner. Ein Gnadengesuch wird abgelehnt. Zusammen mit 185 anderen wird Steiner in der Nacht vom 7. auf den 8. September 1943 hingerichtet. Man hängt sie, weil das Fallbeilgerät infolge des Bombenangriffs nicht funktionstüchtig ist. Unter den Getöteten sind auch sechs, für die kein Vollstreckungsbescheid vorlag. Als Reichsjustizminister Otto Thierack davon erfährt, vertuscht er den Vorfall und ordnet an, die Hinrichtungen fortzusetzen.
Der Gefängnisgeistliche der Berliner Haftanstalt Tegel, Pfarrer Harald Poelchau, war nach eigenen Angaben zwischen 1933 und 1945 Zeuge von etwa 1000 Hinrichtungen. Als Gegner der Nationalsozialisten – er gehörte zum Kreisauer Kreis um Graf Moltke – half er den Gefangenen, zum Beispiel indem er Briefe schrieb oder vertrauliche Nachrichten aus dem Gefängnis schmuggelte. In seinen 1949 veröffentlichten »Erinnerungen eines Gefängnispfarrers« beschreibt er den Ablaufs jener »Schreckensnächte« am 7., 8. und 9. September 1943: »Mit Einbruch der Nacht am 7. September begann der Massenmord«, so Poelchau. »Die Männer waren in mehreren Gliedern hintereinander angetreten (...) Immer je acht Mann wurden namentlich aufgerufen und abgeführt (...) Alle diese Männer wurden gehängt. (…) Die Hinrichtungen mußten bei Kerzenlicht durchgeführt werden, da das elektrische Licht ausgesetzt hatte. Erst in der Morgenfrühe, um acht Uhr, stellten die erschöpften Henker ihre Tätigkeit ein, um sie am Abend mit frischen Kräften wieder aufnehmen zu können.« (4)
In Übersee weiß heute noch mancher etwas von damals zu berichten. Einer trägt zufällig denselben Namen, ohne mit der Familie des Schrankenwärters verwandt zu sein: Engelbert Steiner, Seniorbauer von Almau, geboren 1941, ging mit Werner, dem zweiten Sohn des Schrankenwärters, zusammen zur Schule. Dadurch kann er aus unmittelbarer Beobachtung berichten, welche Folgen das Ganze für die betroffene Familie hatte. »Die kamen damals über Nacht und holten den Vater ab, seine Buben haben davon gar nichts mitbekommen«, erzählt er. Von einem Tag auf den anderen standen Therese und die Kinder ohne Vater da. Die Mutter musste die kleinen Kinder allein aufziehen. »Das war nicht leicht. Die Familie war sehr arm. Die Frau hat Enormes geleistet«, sagt der Überseer Bauer im Gespräch. Sie kümmerte sich nicht nur um die eigenen Kinder, sondern nahm zusätzlich noch ein Pflegekind in ihre Obhut. Alle fünf sind heute noch am Leben. Therese Steiner starb 1991.
Sicher ist der Schrankenwärter Engelbert Steiner nicht mit dem Hitler-Attentäter Georg Elser zu vergleichen, der 1939 mit größter Umsicht und Entschlossenheit ein Bombenattentat auf Hitler plante, minutiös vorbereitete und entschlossen durchführte, in der Absicht, den Krieg zu verhindern. Doch gehört Steiner zu den – wenigen – Menschen, die im Unrechtssystem nicht einfach geschwiegen haben und die sich nicht haben einschüchtern lassen. Vielmehr hat er sich bemüht, den Widerstandsgedanken an die Menschen in seiner Umgebung weiterzutragen und hat verzweifelt nach Mitteln und Wegen gesucht, das verbrecherische Regime zu Fall zu bringen.
Die Krieger- und Soldatenkameradschaft Übersee hat 2003 eine Gedenktafel zu Ehren Engelbert Steiners anbringen lassen. Sie befindet sich an der Mariensäule (Kriegerdenkmal) am Friedhof bei der Kirche. Der Text lautet: »Zu Gedenken Engelbert Steiner (2. 5.1904- 8. 9. 1943). Der Schrankenwärter wurde 1943 von den Nationalsozialisten verhaftet und umgebracht. Engelbert Steiner war ein couragierter Mann, der sich nicht von dem verbrecherischen Regime beugen ließ. Diesen Mut musste er mit dem Leben bezahlen.«
Anlässlich seiner Hinrichtung vor 75 Jahren soll dieses Jahr in Übersee eine Gedenkschrift zu Engelbert Steiner erscheinen. Wer persönliche Erinnerungen, Dokumente, Fotos oder sonstige Informationen zu seiner Person besitzt, möge sich über die Chiemgau-Blätter melden.
Dr. Heike Mayer
Anmerkungen:
(1) NSDAP-Ortsgruppenleiter Eugen Weber (geboren 1891), dessen Amtsführung Zeitzeugen als »rigoros« beschrieben, wurde im sogenannten Entnazifierungsverfahren Ende 1948 lediglich als »Mitläufer« eingestuft. Die Spruchkammer verurteilte ihn zu einer »Sühnezahlung« in Höhe von 400 DM. Nach dem Krieg war er beruflich als Oberkulturmeister von Feldwies tätig. 1960 wurde er wieder zum (Zweiten) Bürgermeister gewählt. Dem Gemeinderat gehörte er bis 1966 an. Vgl. Josef Metz: Übersee am Chiemsee: Dorfgeschichte im Bild. Übersee 1990. Seite 15ff.
(2) Hitler hielt sich allerdings den gesamten Monat März und bis zum 24. April 1942 fast durchgehend im Führerhauptquartier Wolfsschanze auf. Am 27. April kam er mit dem Zug von Berlin nach München und nahm am 28. April von da den Zug nach Berchtesgaden, um mit dem Auto weiter auf den Obersalzberg zu fahren. Am nächsten Tag fuhr er im Auto nach Salzburg, wo er Mussolini im Schloß Kleßheim empfing. Vgl. Harald Sandner: Hitler – Das Itinerar. Aufenthaltsorte und Reisen von 1889 bis 1945. Berlin 20172 Band 4, Seite 1991 -2001.
(3) Der Volksgerichtshof wurde 1934 in Berlin zur Untersuchung und Entscheidung von Hoch- und Landesverratssachen eingerichtet und fungierte zunehmend als politisches Instrument. Die hier behandelten Straftaten wurden häufig mit der Todesstrafe geahndet. Insgesamt wurden über 5200 Todesurteile verhängt. Der Volksgerichtshof entschied in erster und letzter Instanz, gegen seine Entscheidungen waren keine Rechtsmittel möglich. Der 6. Senat wurde als letzter Senat im Dezember 1942 gebildet. Bei dem Vorsitzenden handelt es sich vermutlich um den »Volksgerichtsrat« (Berufsrichter) Dr. Georg Zieger (1897- 1966). Nach dem Krieg soll er als Rechtsanwalt in Hamburg tätig gewesen sein.
(4) Harald Poelchau: Die letzten Stunden: Erinnerungen eines Gefängnispfarrers. Aufgezeichnet von Graf Alexander Stenbock-Fermor (1949, 3. Auflage Berlin 1987) Seite 48ff.
Für freundliche Hinweise danke ich Rainer Thiemann und Friedbert Mühldorfer.
18/2018