200. Geburtstag von Konrad von Parzham
Die Ausstellung »Bruder Konrad – sein Leben« ist heuer in Altötting zu sehen




Bruder Konrad, mit bürgerlichem Namen Johann Birndorfer, wurde am 22. Dezember 1818 in Parzham bei Bad Griesbach geboren. Der Laienbruder aus dem Kapuzinerorden wirkte 41 Jahre lang als Pförtner im Kloster in Altötting und wurde am 20. Mai 1934 heiliggesprochen. Sein Festtag ist der 21. April, da er an diesem Tag im Jahr 1894 verstarb. Zu seinem 200. Geburtstag wurde 2018 als »Bruder Konrad Jahr« ausgerufen mit zahlreichen Veranstaltungen in Erinnerung an den Heiligen.
Bruder Georg Greimel, Kapuziner-Pater aus Altötting, erklärt: »Bruder Konrad gilt als der Heilige des Alltags. Er hat nichts Außergewöhnliches geleistet. Es ist sein Geheimnis, in seinem alltäglichen Dasein für andere, in seinem ständigen Gefordertsein nicht mürrisch und verbittert zu werden. Die Grundlage dafür war seine tiefe persönliche und vertraute Verbindung, die er von Kindesbeinen an zu seinem Herrgott aufgebaut hat. Bruder Konrad kann uns zeigen, dass Heiligkeit etwas Alltägliches sein kann, indem wir die einfachen und schwierigen Aufgaben des Alltags so gut und menschlich wie möglich erfüllen.«
Kindheit auf dem Lande
Johann erblickte als neuntes Kind von Bartholomäus und Gertraud Birndorfer kurz vor Weihnachten 1818 auf dem elterlichen Hof in Parzham das Licht der Welt. Es war ein unruhiges Jahrhundert und eine Zeit des großen Umbruchs, in die der kleine Bub hineingeboren wurde. Politisch war der Anfang des 19. Jahrhunderts geprägt von kriegerischen Auseinandersetzungen, von denen auch seine Heimat nicht verschont blieb. Die österreichischen Erbfolgekriege und napoleonischen Wirren hatten 15 Jahre lang Niederbayern heimgesucht. 1815 wurde beim Wiener Kongress Europa nach Napoleons Niederlage neu geordnet und es kehrte langsam wieder Ruhe ein.
Auch in der Kirche und im Leben der Gläubigen gab es große Umwälzungen. Die Säkularisation brachte die Auflösung zahlreicher Klöster, Prozessionen, Wallfahrten und das Rosenkranzgebet waren vom Staat verboten und unter Strafe gestellt worden. Doch die religiöse Säuberungspolitik gelang nicht wie gewünscht, die Gläubigen pflegten ihren Glauben im Stillen weiter und auch Johann Birndorfer wuchs in einer Familie auf, in der das Gebet zum Ablauf jeden Tages dazugehörte. Der Bub war offenbar sehr ruhig und zurückhaltend und widmete sich schon früh der Andacht. Auf dem Schulweg, der ungefähr eine halbe Stunde dauerte, soll er schon jeden Tag den Rosenkranz gebetet und auch andere Kinder zum Mitbeten aufgefordert haben. In seiner Schlafkammer hatte er sich einen Hausaltar eingerichtet und sich somit einen ganz eigenen Ort des Gebetes geschaffen, an dem er nach Aussage der Geschwister manchmal die ganze Nacht hindurch im Gespräch mit Gott kniete. Auch bei der Arbeit soll er immer einen Rosenkranz in der Tasche gehabt haben, um jederzeit still beten zu können. Jeden Sonntag machte er sich als junger Mann auf den Weg, um zu Fuß eine rund 20 Kilometer lange Strecke zurückzulegen und zunächst die Frühmesse in Bad Griesbach und später den Hauptgottesdienst in der eigenen Pfarrkirche in Weng mitzufeiern. Johann war erst 14 Jahre, als seine Mutter starb, der Vater folgte ihr zwei Jahre später nach. Der Sohn, der schon immer in der Landwirtschaft mitgeholfen hatte, sollte damals den Hof übernehmen. Aber tief drinnen spürte er, dass Gott für ihn einen anderen Weg vorgesehen hat. Ein besonderes Ereignis für den jungen Bauern war dann die Volksmission von Ering im Jahr 1838 und die dort erlebten, religiösen Intensivtage prägten den fast 20-Jährigen nachhaltig. Bei einer Wallfahrt nach Aigen am Inn lernte er zwei Jahre später den Priester Franz Dullinger kennen, der ihn auf seiner Sinnsuche begleitete und inspirierte.
Für den jungen Bauernsohn war damals der Sonntag noch wirklich der Tag des Herrn. Niklaus Kuster schreibt dazu in seinem Anfang des Jahres erschienen Buch »Konrad von Parzham«: »Du hast diese langen arbeitsfreien Zeiten am Sonntag nicht ausgefüllt mit Hobbies, mit allerlei Ablenkungen und Aktivitäten oder mit dauernder Kommunikation. Du hast den Mut gehabt, dich auszuklinken aus Arbeit und Familienleben, um deine Seele ein paar Stunden ganz frei atmen zu lassen.« Heute setze die moderne Freizeitgesellschaft auf Events und ständigen Aktivismus, und nicht selten komme dabei die Innenwelt des Menschen im hektischen Alltag zu kurz.
Johann wird Kapuzinermönch
Im September 1849 trat Johann Birndorfer mit 31 Jahren auf Fürsprache von Benefiziat Dullinger bei den Kapuzinern in Altötting ein, auf sein bäuerliches Erbe verzichtete er. Beim Abschied von seinen Geschwistern soll er gesagt haben: »Ich konnte nicht anders, ich musste auf die Rufe Gottes hören und auf die Welt verzichten. Ich danke dem lieben Gott, dass er mich zum Ordensstand berufen hat, wo ich ganz glücklich bin, was ich in der Welt nicht war.« Nach dem Noviziat in Laufen an der Salzach legte er 1852 als Bruder Konrad sein Gelübde ab und wurde ins Kloster Sankt Anna in Altötting berufen, um dort die Aufgabe des Pförtners zu übernehmen. Es war ein radikaler Wechsel für ihn vom Land in die Stadt, vom geräumigen Gutshof ins Kloster mit seinen engen Zellen.
Als Pförtner für die Armen und Suchenden da
Die Aufgabe des Pförtners war überaus verantwortungsvoll, denn das Wallfahrtskloster hatte die am meisten exponierte und besuchte Pforte der ganzen Provinz. Wallfahrer in großer Zahl klopften dort an und brachten allerlei Anliegen und Bitten vor. Die Armut war damals groß und oft läuteten Kinder und Erwachsene, um Brot zu bekommen. Sie gingen nie leer aus. Eine Geschichte ist überliefert: an einem Nachmittag, als der Vorrat an Speisen schon vergeben war, kam noch ein hungriger Bettler an die Pforte. Bruder Konrad holte ihm ein Schüsselchen Suppe. Der Bettler kostete davon und warf sie dann dem Pförtner vor die Füße mit den frechen Worten: »Die kannst du selber fressen.« Konrad hob in aller Ruhe die Scherben auf und sagte mit unerschütterlicher Sanftmut: »Gell, du magst sie nicht, ich hole dir eine andere.« Manchmal sparte er sich auch selber was vom Mund ab oder verzichtete auf gute Dinge, die auf den Tisch kamen, um damit den Armen eine Freude zu machen. Wenn seine Mitbrüder Unverständnis darüber äußerten, meinte er nur: »Das kommt alles wieder herein, was man den Armen gibt.«
Der Tag des Pförtners war lang und anstrengend. Noch vor vier Uhr früh öffnete er die Klosterkirche und richtete alles für die Frühmesse her, um fünf Uhr ministrierte er in der Gnadenkapelle und nach dem Frühstück war er ab sechs Uhr im Pfortenzimmer, wo er im Sommer bis 21 Uhr und im Winter bis 20 Uhr Dienst hatte. Die Glocke der Klosterpforte läutete aus den unterschiedlichsten Gründen: Wallfahrer wollten beichten oder Andachtsgegenstände von einem Pater segnen lassen. Leute baten in ihrer Not um eine Aussprache mit einem Priester, andere kamen mit Messanliegen, wieder andere suchten Auskunft betreffend Gottesdienste oder Herbergen im Wallfahrtsort. »Der Pförtner hatte daneben Mitteilungen für die Brüder zu notieren, die Bücher für die Mess- oder Missionsspenden zu führen und die Kassen selbst in Ordnung zu halten. Oft war er im weitläufigen Haus noch unterwegs und suchte einen gewünschten Pater in der Bibliothek oder im Garten, wenn die Klosterglocke bereits wieder klingelte«, beschreibt Niklaus Kuster Konrads Tätigkeitsfeld. Und er führt weiter aus: »Für Konrad bestand die franziskanische Armut nicht darin, möglichst wenig zu haben, sondern möglichst viel zu teilen.« Besonders lagen dem Bruder die Kinder am Herzen, die oft nach der Schule kamen und ihn um Brot baten. Bevor er ihnen das Kapuzinerbrot reichte, betete er gemeinsam mit ihnen zum »Himmelvater«. Und auch als ihn Lausbuben ärgern wollten und neunmal hintereinander an der Pforte klingelten, meinte er nur: »Seid’s halt Buben, macht nix. I geh in Gottes Namen noch zwanzigmal raus, solang mi d’Füß tragen.«
Niemand, so heißt es, soll Bruder Konrad jemals murren, schimpfen, jemanden herabsetzen oder voreilig verurteilen gehört haben. »Alle unsere Mitbrüder sind sich darüber einig, dass unser Bruder Konrad immer das Himmlische gesucht hat, und sie bewunderten seine Demut, seinen Gebetsgeist, der ihm wie angeboren schien, seinen Eifer für Gottes Ehre und seine Beharrlichkeit in guten Werken«, heißt es auf einer der Tafeln in der Ausstellung »Bruder Konrad – sein Leben«, die dieses Jahr in Altötting im Portal der Stiftspfarrkirche zu sehen ist. Er sei ein »Meister der dienenden Liebe« gewesen, der es verstand, jedem Bittsteller an seiner Klosterpforte das Gefühl zu geben, ganz für ihn da zu sein in unerschöpflicher Geduld, Einfühlsamkeit und Hilfsbereitschaft.
In seinen letzten Lebensjahren fiel Bruder Konrad der Dienst zunehmend schwerer, er wollte sich aber nicht von der Arbeit zurückziehen. Am 18. April 1894 ministrierte er zum letzten Mal bei der Morgenmesse in der Gnadenkapelle und bat anschließend einen Mitbruder, für ihn die Pfortenvertretung zu übernehmen, da es ihm nicht wohl sei. Er sollte nicht mehr an die Pforte zurückkehren und schloss am 21. April für immer die Augen. Auf die Frage, ob er Angst habe vor dem Sterben, antwortete er nur: »Wie Gott will.«
Heiligsprechung
Der Selig- und Heiligsprechungsprozess für Bruder Konrad wurde dann in einzigartiger Schnelligkeit durchgeführt. Mit dem Dekret vom 28. Mai 1924 wurde er eingeleitet. In 85 Sitzungen wurden damals 68 Zeugen befragt. Zwei Heilungswunder dienten schließlich als Beweis für Konrads Heiligkeit, darunter der Fall eines verkrüppelten Mädchens aus Wasserburg, das schlagartig gesundet sein soll, nachdem sein Vater den toten Konrad um Hilfe gebeten hatte. Somit stand der Seligsprechung am 15. Juni 1930 in der Peterskirche in Rom nichts mehr im Wege und noch im gleichen Jahr wurde seine Heiligsprechung eingeleitet. Papst Pius XI. schätzte das Vorbild des Seligen, der »das Gegenstück zur Ideologie des deutschen Herrenmenschen war, den der Nationalsozialismus propagiert hatte«, wie P. Karl Kleiner in »Bruder Konrad, Das Leben eines Heiligen « schreibt. Am Pfingsttag, dem 20. Mai 1934, versammelten sich unter anderem auch 5000 deutsche Pilger auf dem Petersplatz und wohnten der Heiligsprechung Bruder Konrads bei.
Verehrung des Heiligen
Die Kirche des Klosters, in dem Bruder Konrad 41 Jahre lang gelebt und gewirkt hat, war der Hl. Anna geweiht. Im Jahr 1953 wurde sie in Bruder-Konrad-Kirche umbenannt, entsprechend wurde aus dem Annakloster das Konradkloster. Rasch verbreitete sich die Verehrung des Heiligen auch anderswo aus. Heute gibt es auf der ganzen Welt rund 175 Kirchen, die ihm geweiht sind, allein in Deutschland sind es über 100 und im Bistum Passau zehn Kirchen und Kapellen. Immer im April wird das Konrad-Triduum gefeiert und mit einer Reliquienprozession abgeschlossen, bei der das Haupt des Heiligen von der Basilika in Altötting zum Kapellplatz, um die Kapelle herum und zurück nach St. Konrad getragen wird.
Auch heute noch können die Gläubigen von Bruder Konrad lernen und sich an seinem Leben orientieren. Sein Handeln war stets motiviert von der Liebe zu Gott und den Menschen. Er lebte Gott verbunden und tat seine Arbeit geduldig und liebevoll. Für die Menschen heutzutage kann das heißen: Ganz gleich wohin wir gestellt sind, entscheidend ist, wie wir unsere Aufgabe wahrnehmen.
Im »Bruder-Konrad-Jahr« 2018 gibt es zahlreiche Veranstaltungen und Sonderausstellungen, die an den Heiligen erinnern. An seinem Gedenktag, dem 21. April, wird Bischof Dr. Stefan Oster den neuen Altar in der Klosterkirche in Altötting weihen.
Pia Mix
Quellen:
Niklaus Kuster: »Konrad von Parzham«
P. Karl Kleiner OFMCap: »Bruder Konrad – Das Leben eines Heiligen«
https://regiowiki.pnp.de/wiki/Konrad_von_Parzham:
16/2018